Das 20. Jahrhundert
1904 bereiteten Deutsche in St. Louis, Missouri den ersten Hamburger zu.
Einige der größten Emporkömmlinge der Baseballgeschichte waren Deutsch-Amerikaner im 20. Jahrhundert: Georg Herman Ruth, Lou Gehrig, Honus Wagner, und Frank Frisch, um nur einige wenige aufzuzählen.
Wussten Sie, dass die namhafte amerikanische Universität Stanford den deutschsprachigen Leitspruch "Die Luft der Freiheit weht" besitzt? Der Spruch lässt sich im Siegel bis zum Jahre 1906 zurückverfolgen. (Die Universität besteht allerdings schon seit 1891, daher auch die Jahreszahl im Siegel) |
Für Deutsch-Amerikaner war das 20. Jahrhundert eine Zeit des Wachstums und der Festigung; ihre Anzahl nahm zu, der Geldwert hielt Stand und Amerikaner deutscher Abstammung bestiegen Stellen von Rang und Namen. Für die deutsch-amerikanische Kultur jedoch, war das neue Jahrhundert eine Zeit von schlimmen Rückschlägen - und ein verheerender Stoß, von dem sie sich nie ganz erholt hat.
Denn das Hereinplatzen des ersten Weltkriegs bewirkte eine Gegenreaktion wider die deutsche Kultur in den Vereinigten Staaten. Als die USA 1917 Deutschland den Krieg erklärten, erhob sich eine deutschenfeindliche Stimmung quer durch das Land, und deutsch-amerikanische Einrichtungen gerieten ins Kreuzfeuer. Manche Ausgrenzung war hasserfüllt, und doch kosmetisch: Die Namen der Schulen, Speisen, Straßen und Städte wurden häufig geändert und Musik von Wagner und Mendelssohn musste in Konzertvorstellungen, ja sogar Hochzeiten gestrichen werden. |
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Der tiefgreifendste Schaden wurde jedoch der deutschen Sprache und Bildung zugefügt. Deutschsprachige Zeitungen wurden entweder vom Markt gedrängt oder man entschloss sich seine Türen leise dicht zu machen. Deutschsprachige Bücher wurden verbrannt, und Amerikanern, die deutsch sprachen, wurde mit Gewalt oder Lahmlegung gedroht. Deutschsprachige Klassen, die bis dahin einen alltäglichen Teil des Lehrplans im öffentlichen Schulsystem bildeten, fielen aus und wurden in vielen Landstrichen vom Gesetz gänzlich verboten. Keine der Einrichtungen konnte sich je wieder ganz davon erholen; und jahrhundertealter Gebrauch deutscher Sprache und Schrift in den Vereinigten Staaten verkümmerte zur Randerscheinung im Leben des Landes, und hörte an vielerlei Orten nachhaltig auf zu sein.
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Präsident Woodrow Wilson (1913-1921) sprach missbilligend von “Bindestrich-Amerikanern” dessen Treue, seiner Meinung nach, geteilt war. Ein Regierungsbeamter warnte, dass „Jeder Bürger sich zum Amerikaner oder Verräter erklären müsse.“ Viele Deutsch-Amerikaner kämpften mit ihren Gefühlen, in der Erkenntnis, dass sich die Zuneigung für ihr Heimatland mit der Treue gegenüber den USA nicht vereinbaren ließ. |
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Auch der Familienname des Präsidentem Herbert Hoover (1929-1933), der in einer deutschstämmigen Quäkerfamilie in Iowa geboren wurde, lautete ursprünglich einmal Huber. |
Fünfzehn Jahre später brachten die Schatten eines neuen Krieges eine weitere Einwanderungswelle mit sich. Als Deutschland’s Nazipartei 1933 zur Macht kam, setzte ein beträchtlicher Flüchtlingsstrom von Künstlern, Gelehrten und Wissenschaftlern ein, während Deutsche und andere Europäer dem kommenden Sturm entflohen.
Der bedeutendste darunter war ein kriegsgegnerischer schwäbischer Wissenschaftler namens Albert Einstein. Um dem Armeedienst zu entgehen, gab er 1896 im Alter von 17 Jahren seine württembergische und somit auch die nazideutsche Staatsbürgerschaft auf und trat ferner aus der jüdischen Glaubensgemeinschaft aus. Man vermittelte ihn in die Schweiz, wo ihm 1901 der Antrag auf die Schweizer Staatsangehörigkeit auch stattgegeben wurde. |
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Seine zunehmende Bekanntheit nutzte Einstein für etliche Reisen: Er hielt Vorlesungen auf der ganzen Welt. Zahlreiche Ehrendoktorwürden wurden ihm zuteil, darunter die der Princeton Universität, New Jersey, wo er später lehren sollte. Im Dezember 1932 begab er sich erneut in die Vereinigten Staaten, kehrte aber wegen Hitlers Machtübernahme im Januar 1933 nicht mehr zurück. Er brach sämtliche Verbindungen nach Deutschland ab und sollte sein Geburtsland NIE wieder betreten. Am 4. April 1933 stellte Einstein einen Antrag auf Entlassung aus dem preußischen Staatsverbund (Ausbürgerung). Dieser wurde jedoch abgelehnt, um ihm stattdessen die Staatsangehörigkeit mittels einer Strafausbürgerung, die am 24. März 1934 auch vollzogen wurde, abzuerkennen. Am 10. Mai 1933 überließ Propagandaminister Joseph Goebbels im Rahmen der „öffentlichen Verbrennung undeutschen Schrifttums“ auch Einsteins Schriften dem Feuer. Im Jahr 1940 erhielt Einstein zusätzlich zur schweizerischen nun auch die US-amerikansiche Staatsbürgerschaft. In der Anstalt für hochentwickelte Forschung lernte er schließlich Robert Oppenheimer kennen.
Julius Robert Oppenheimer (1904-1967), ein deutschstämmiger Physiker, war der wissenschaftliche Leiter des Manhattan-Projekts. Dieses geheimgehaltene im Los Alamos Kernforschungszentrum, New Mexico stationierte Projekt hatte zum Ziel, die ersten Kernwaffen zu entwickeln. Während des Zweiten Weltkriegs wuchs bei der amerikanischen Regierung die Sorge, dass Hitler-Deutschland als erstes Land eine Atombombe bauen könnte. Um dies zu verhindern, wurde mit dem Manhattan-Projekt auf die Entwicklung einer amerikanischen Atombombe gedrungen. Am 16. Juli 1945 war es dann so weit, ganz in der Nähe von Los Alamos, in Alamogordo, erfolgte die erste erfolgreiche Zündung einer Atombombe, der Trinity-Test (oder Dreifaltigkeitsversuch-ung). |
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Die Menschheit war ins Atomzeitalter eingetreten. Robert Oppenheimer gilt seitdem als „Vater der Atombombe“, verurteilte jedoch ihren weiteren Einsatz nachdem er die Folgen ihres Einsatzes gegen die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki gesehen hatte. Man entließ ihn daraufhin aus dem Regierungsdienst, um ihn politisch zu entmachten.
Die Schlesierin Maria Gertrude Goeppert-Mayer war eine der wenigen Frauen (die zweite und seither letzte), die einen naturwissenschaftlichen Nobelpreis erhielt. 1930 heiratete sie den deutschstämmigen Amerikaner Joseph Edward Mayer, den späteren Vorsitzenden der Amerikanischen Physikgesellschaft und ging mit ihm in die USA. Anfangs lehrte sie unentgeltlich an der Johns Hopkins Universität in Baltimore, Maryland (1931-1939) und an der Columbia Universität, New York (1940-1946). Auch sie arbeitete mit am Manhattan-Projekt, dem Atomwaffenprogramm im Kernforschungszentrum Los Alamos, New Mexico und wurde 1946 schließlich zur Professorin and der Universität von Chicago. |
1949 fand sie die Erklärung der „magischen Zahlen“ (Neutronen- und Protonenzahlen mit voller Schalenbesetzung). Zusammen mit J. Hans D. Jensen schrieb sie 1955 das Buch „Elementare Theorie der nuklearen Schalenstruktur“. 1960 wurde sie an der Universität von Kalifornien, San Diego eingestellt und führte ihre Lehr- und Forschungsarbeit noch viele Jahre fort. 1963 wurde ihr der Nobelpreis verliehen.
Ähnlich wie Einstein erging es dem berühmten Schriftsteller und Nazi-Gegner Thomas Mann. Nach rechtzeitigem Erkennen der Gefahr, kehrte er Nazi-Deutschland den Rücken, lebte zeitweilig in der Schweiz und bekam 1936 auf seinen Antrag hin die tschechische Staatsbürgerschaft verliehen. Wenige Wochen später wurde ihm, seiner Frau und seinen Kindern allensamt die deutsche Staatsbürgerschaft mittels eines Ausbürgerungsverfahrens aberkannt. |
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Sechsmal
besuchte er noch Ungarn und
schrieb dort deutsche Zeitungsbeiträge, wie „Achtung, Europa!“, bis er 1939
schließlich nach Amerika
übersiedelte, wo er neben Einstein an der
Princeton
Universität, New Jersey
unterrichtete und 1944 die
US-amerikanische
Staatsbürgerschaft erlangte.
Auf die Frage amerikanischer Berichterstatter, ob er die Verbannung als
schwere Last empfinde, antwortete er: „Wo ich bin, ist
Deutschland. Ich trage
meine deutsche Kultur in mir.“
Der Ausbruch des 2.
Weltkriegs bewog ihn zur Ausstrahlung einer Rundfunksendung namens „Deutsche
Hörer!“. In monatlichen Abständen wurden die Ansprachen in
Kalifornien auf Platte
aufgezeichnet und dann mit
Luftpost nach New York
gebracht, von wo aus man sie nach
London übertrug und zuletzt über
Langwelle der
BBC
auch auf das Gebiet des
Deutschen
Reichs insgesamt 58mal ausstrahlte.
1949er Rede zu seiner erzwungenen Auswanderung
Nach dem Krieg verfestigte sich jedoch sein Entschluss, nach Europa zurückzukehren, als er im Juni 1951 vor dem Repräsentantenhaus im Kongress als „einer der weltweit vordersten Verteidiger Stalins und dessen Genossen“ bezeichnet wurde. Er musste (wie schon zuvor die deutschen Auswanderer Hanns Eisler und Bertolt Brecht) Rechenschaft über seine Tätigkeiten vor dem „Ausschuss unamerikanischer Umtriebe“ ablegen. 1952 beschloss Mann mit seiner Familie wieder auszureisen, aber nicht nach Deutschland, sondern in die Schweiz, wo er auch begraben sein wollte und wurde.
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1938 entschloss sich
auch Familie Kissinger
aus dem
Deutschen
Reich in die
USA auszuwandern.
Dreizehn Verwandte der Familie wurden später von den
Nazis ermordet. |
Im Jahr 1947 kehrte Henry Kissinger in die USA zurück und studierte am Harvard College. Von 1950 bis 1960 war er außerdem Berater der Behörde für Waffenentwicklung beim Vereinigten Generalstab und von 1961 bis 1968 Berater der US-Agentur für Waffenkontrolle und Abrüstungsfragen. Kissinger spielte zwischen 1959 und 1977 eine vorherrschende Rolle in der US Außenpolitik. Er diente als nationaler Sicherheitsberater und später gleichzeitig auch als Außenminister unter der Regierung von Richard Nixon. Kissinger ging unversehrt aus dem Watergate-Skandal hervor und behielt seine Machtstellung auch noch unter der Amtsführung Gerald Ford's.
Auch
Walter Gropius,
einer der einflussreichsten und bedeutendsten deutschen Baumeister, wanderte
1934 nach Angriffen der
Nationalsozialisten auf seinen Baustil nach
London,
England und 1937 weiter in die Staaten nach
Cambridge,
Massachusetts aus, wo er
als Professor für Baukunst an der Hochschule für Bauzeichnung der
Harvard
Universität tätig war. |
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Seine Schöpferzeit weilte beinah 70 Jahre und beinhaltete Bauarbeiten in Deutschland, Großbritannien, den Vereinigten Staaten (JFK Bundesgebäude in Boston), Griechenland (US-Botschaft in Athen) und Irak (Universität von Bagdad). Da Gropius meinte, dass Bauherren nicht nur Gebäude entwerfen sollten, entwarf er auch Webstoffwaren, Tischgeschirr, Möbel und Lampen, sowie Kraftfahrzeuge, Straßenbahnen und Lokomotiven.
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Nach 1933, drängte politischer Druck der Nazis auch Baumeister Ludwig Mies van der Rohe schon bald dazu, das Land zu verlassen. Sein Stil wurde von den Nazis als „im Wesen undeutsch“ verworfen. 1937 verließ Mies seine Heimat nur zaghaft, doch sah er seine künftigen Aufträge gefährdet und nahm einen Auftrag in Wyoming an, und leitete später eine Baukunstschule in Chicago’s Institut für Technologie. Er entwarf neue Gebäude für das Schulgelände, von denen heute noch viele dort stehen, dazu gehören die Absolventenhalle und die S.R. Kronenhalle, das Zuhause der Baukunstschule. 1944 erlangte Mies die amerikanische Staatsbürgerschaft und löste sich damit endgültig von seinem Vaterland los. Sein Baustil wurde zu einer landläufigen Mode großer amerikanischer Unternehmen. |
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Zwei andere
Deutsch-Amerikaner, Flottenadmiral
Chester W. Nimitz der
US-Navy und General
Carl A. Spaatz (ursprünglich Spatz und
später zur Ausspracheverdeutlichung abgewandelt) der
US-Air Force waren an
Eisenhower’s Seite und spielten Schlüsselrollen
im Pazifikkrieg und im Kampf gegen
Nazi-Deutschland. |
Wussten Sie, dass nach dem
Zweiten Weltkrieg mehr als ein hundert
Raketen-Entwickler im Rahmen der „Operation Overcast“ noch 1945 in die USA
verschifft wurden? Auch Walter Dornberger vom
Heereswaffenamt fand in den USA
einen neuen Wirkungskreis. |
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Der zweite Weltkrieg, gewerbliche Ausweitung und Bemühungen zur Amerikanisierung verstärkten die kulturelle Angleichung vieler Deutsch-Amerikaner. Nach dem Krieg gelangte noch eine Welle von deutschen Einwanderern in die Vereinigten Staaten, da Überlebende der Auseinandersetzung dessen trostlose Folgezeit zu entkommen suchten. Diese neuen Ankömmlinge waren überaus verschiedenartig in ihren politischen Standpunkten, ihrer Geldwirtschaft und ihren Glaubensüberzeugungen und siedelten sich überall in den Staaten an.
Obgleich sie ihren Anteil an Mühsal ertragen haben, blieben sie von vielerlei Trübsal und rauher Behandlung, die viele Einwanderergruppen plagten, verschont. Heute machen mehr als 40 Millionen Amerikaner ihre deutsche Abstammung geltend – mehr als jede andere Gruppe, außer die der Briten. Weitere 20 Millionen sind ebenfalls deutschstämmig, jedoch in Unkenntnis darüber. Insgesamt bilden sie die größte Bevölkerungsgruppe der Vereinigten Staaten. Etwa 10 Prozent von ihnen sprechen noch heute Deutsch.
Bis zum heutigen Tage hält die deutsche Einwanderung in die Vereinigten Staaten an, wenn auch langsamer als in der Vergangenheit, so wird doch das Brauchtum einer 400 Jahre alten kulturellen Bereicherung fortgeführt - ein Brauchtum, dass dazu verholfen hat vieles, was wir heute als grundsätzlich amerikanisch ansehen, zu prägen.
So kam es dazu, dass
U.S. Präsident Ronald Reagan am 6. Oktober, 1983 den ersten
Deutsch-Amerikanischen Tag verkündete und zu Ehren von 300 Jahren
deutsch-amerikanischer Kultur in den Vereinigten Staaten zum Feiertag erklärte. |
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Seit 1987 wird der Deutsch-Amerikanische Tag auf einer Landesebene wahrgenommen und jeder US Präsident verkündete ihn nun mehr am 6. Oktober, um die beträchtlichen Beiträge, die deutsche Einwanderer in und an den Vereinigten Staaten geleistet haben, zu würdigen. Der Tag dient sowohl als Feier des deutschen Kulturerbe als auch zur Erinnerung an die Vorkämpfer aus deutschen Landen, die nach einem besseren Leben für sich und ihre Kinder strebten, und auf diese Weise dazu verhalfen dieses Leben einschneidend zu prägen. |
Da waren Deutsche auch dabei
Als Bettler sind wir
nicht gekommen
Aus unserem deutschen Vaterland.
Wir hatten manches mitgenommen,
Was hier noch fremd und unbekannt.
Und als man schuf aus dichten Wäldern,
Aus öder, düsterer Wüstenei
Den Kranz von reichen Feldern,
Da waren Deutsche auch dabei.
Gar vieles, was in
früheren Zeiten
Ihr kaufen müsstet überm Meer,
Das lehrten wir euch selbst bereiten,
Wir stellten manche Werkstatt her.
Oh, wagt es nicht, dies zu vergessen,
Sagt nicht, als ob das nicht so sei,
Es künden's tausend Feueressen,
Da waren Deutsche auch dabei.
Und was die Kunst und
Wissenschaften
Euch hier verlieh'n an Kraft und Stärk',
Es bleibt der Ruhm am Deutschen haften,
Das meiste war der Deutschen Werk.
Und wenn aus vollen Tönen klinget
Ans Herz des Liedes Melodei,
Ich glaub' von dem, was ihr da singet,
Ist vieles Deutsche auch dabei.
Drum steh'n wir stolz
auf festem Grunde,
Den unsere Kraft der Wildnis nahm,
Wie wär's mit eurem Staatenbunde,
wenn nie zu euch ein Deutscher kam?
Und wie in Bürgerkriegestagen,
Ja schon beim ersten Freiheitsschrei:
Wir dürfen's unbestritten sagen,
Da waren Deutsche auch dabei.
von Konrad Krez
(1828 in Landau geboren, 1897 in
Milwaukee gestorben)
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