Die Führung Martin Luthers im Jenseits
INHALT
1. DOKTOR
MARTIN LUTHER IM JENSEITS Irrtümliche Glaubensansichten
2.
Täuschungen durch die tote Buchstabenlehre
4.
Werktätige Liebe als Grund des echten Glaubens. 4
5. Der
Glaube ohne Werke - Blut Jesu Christi
ist die Liebe
6. Vater
Jesus erhört das Gebet Luthers
7. Die
Lehre über die Heilige Dreieinigkeit
8.
Rechtfertigung vor Gott - Sündenreinheit
9.
Gefangennahme einer Räuberbande
10. Die
Retter als Glaubensgenossen erkannt
11.
Ungerechtigkeiten Dies- und Jenseits. 9
12.
Räuberbehandlung - Engelsgebet vor der Mahlzeit 9
13.
Dankgebet des Engels nach der Mahlzeit
14.
Geistige Schätzung des Wertes von über 2000 Bekehrten
15. Weissagung
über das neue Reich der Liebe
16. Anbruch
des Tausendjährigen Reiches
17. Die
Glaubensrede an die Räuber
18. Die
große Lehre Christi von der Liebe und Vergebung
19.
Versöhnung, Verzeihung und Verbrüderung unserer Parteien
20. Vater
Jesus kommt zu Seinen Kindern
21. Martin
Luther als Jesu Liebling und auserwählter Apostel
22. Die
Reise: Auf zum Vater Jesus im Himmel!
24. Eine
Auseinandersetzung des Vaters mit der Satana
25. Des
Vaters Gefallen an der Mildtätigkeit der Kinder
26. Einnahme
der Bergschluchtfestung
27. Jesu
Aufklärung über die Zustände im Geisterreich
28.
Voranstalten zur Bekehrung der Räuber
29. Wie
sich aus Teufeln Engel bilden
31.
Erscheinlichkeiten in der Landschaft, die das Innere ihrer Bewohner
anzeigen
32. Die
alleinseligmachende Kirche
33. Wie die
römischen Traditionen entstanden sind
34. Warum
Rom das Lesen der Heiligen Schrift verbot
35. Die
täglich wiederholte Gottesfabrikation in der Messe
36. Gezahlte
Gebete erhört Gott nicht
37. Niemand
ist heilig als Gott allein
38. Das
Niedersteigen des Apostels Petrus
39. Je
näher Rom, desto näher der Räuber- und Mörderhöhle
40. Jesus,
dem Leibe nach ein Jude
41. Die
dreifache Hölle und wo sie eigentlich ist !
42. Die
Messias - Weissagung als die allergrößte in der Heiligen Schrift
43. Die
Göttlichkeit bekundenden Namen des jungfräulich geborenen Kindes Jesus
44. Gott
ließ sich nicht von einem sündigen Menschen Seinen Leib erzeugen
45. Die
jungfräuliche Empfängnis von Maria und Jesus
46. Beweise
aus den Propheten über den Messias
47. Ein
Jude, der auch im Himmel Geschäfte und Handel betreiben will
48. Jesus,
Mariens erster und einziger Sohn
49. Im Jahre
1854 Maria als reine Jungfrau bei den Katholiken anerkannt
50. Krieg
der Geister in der Wolkenwelt
51. Die
Lehre über die Höllenqualen und die ewige Verdammnis. 33
52. Die
Reformation als Gottesstrafe gegen die päpstlichen Dogmen
53.
Geistige Unwissenheit im Jenseits
54. Das
Beichten am Totenbett nach römischer Art ist wertlos. 36
55. Aufklärung
über Hölle, Satan, Materie, Seele und Gott
56. Die
Lehre der Liebe, Demut und Glaubensduldsamkeit
57. Über
den jüngsten Tag, das Gericht und die Auferstehung des Fleisches
58. Die
schöne Glaubensrede Dr. Martin Luthers
59. Die
Erfüllung der Hauptlehren Christi
60. Die
Wanderung durch himmlische Schönheiten
61.
Schönheiten und Wonnegefühle im Himmel
62. Die
Ankunft vor Neu–Jerusalem
63. Der
Empfang Dr. Martin Luthers vor dem Neuen Jerusalem
64. Dr.
Martin Luther als ein Großer und Fürst im Neuen Jerusalem
VORWORT
Liebe Kinder!
Das vorliegende Werk ist eine Kundgabe Meiner Liebe zu euch, damit ihr die Wahrheit der Geschichte des Dr. Martin Luthers erfahret.
Nehmet diese Kundgabe in Liebe auf und danket Mir dafür, damit ihr nicht bloß eure Neugierde daran gesättigt habet, sondern auch Dem euren Dank saget, Der euch so herrliche Perlen echter Lehre aus dem Himmel zukommen ließ, da Ich entschieden nicht deshalb Bücher schreiben lasse, damit ihr etwas zu lesen bekommt, sondern dass ihr euch nach der geoffenbarten Wahrheit kehret und lebet und handelt darnach, denn nicht das Lesen und Wissen bringt euch im Geistigen weiter, sondern allein das Erfüllen des Gebotes oder das Leben nach den dargebotenen Lehren.
Es wäre sehr viel zu sagen in Bezug des Lebens nach der Lehre, aber es ist schwer zu predigen, wenn die Menschen nicht Liebe zur Wahrheit haben. Der Widerwille gegen die Wahrheit ist aber das Zeichen des Satanischen im Menschen, und daher wollen sie nur Weltliches, was Ich mit Satan im Fleische bezeichne.
Die Führung Dr. Martin Luthers im Jenseits soll euch ein Wegweiser auf der Wanderung zu Mir sein, denn ihr bekommet die wichtigsten Lehren darin, welche zu Mir führen, und das soll euch bekräftigen im Glauben und im guten Willen, ein Leben zu führen, das euch dorthin tragen soll, wo der Held der vorliegenden Geschichte aus dem Geisterreich in glücklichsten Zuständen auf euch wartet, dass ihr ihm nachfolget.
Auch die Geschichte des Emanuel Swedenborg lehrt euch viel Schönes aus den Zuständen des geistigen Lebens im Jenseits, denn auch sie ist reich an Beispielen, was der Mensch tun und unterlassen soll, um das Ziel des Lebens oder das ewige Leben zu erreichen, welches die Erlangung des Himmels ist, denn wenn der Mensch den Himmel erklommen hat, dann hat er sein wahres Ziel erreicht, das ihn überglücklich macht, weil es die Himmelsreisenden mit dem Martin Luther und Swedenborg erreicht haben.
“Lu“ bedeutet ursprachlich Wasser, „turu“ Haus, zusammen „Wasserhaus“, das heißt ein am Wasserufer bestehendes Haus. Die Familie Luturu begann ihren Ursprung 2150 Jahre vor Meiner Geburt und wohnte am Ufer des Flusses Kabul (in Kabulistan). Sie kam 570 Jahre vor Meiner Geburt nach Europa und um die Zeit Meiner Geburt nach Deutschland.
(Dr. Martin Luthers Ankunft im Jenseits, seine Enttäuschung dort infolge
Auffassung der Bibel nach dem toten Buchstabensinne, da der Glaube an Jesus
nur dann selig macht, wenn alles erfüllt wurde, was Jesus in der
Glaubenslehre zu tun gesagt hat. Das Blut JESU CHRISTI machte rein von der im
Geiste Adams mitbegangenen Erbsünde (da wir Geister aus dem Geiste Adams
sind), nicht aber für die von uns selbst begangenen Sünden und Verbrechen.
Hebräer 9,1-15; Römer 3,21 ff; 1. Timotheus 2,1-6.)
Jesus:
Eine Geschichte Meines Werkzeuges gegen die römische Dogmenlehre würde gewiss
jetzt, da alles Alte zu Ende geht und bald ein neuer Frühling echter Lehre
aus Meinen Himmeln anbrechen wird, von besonderer Bedeutung für jeden echten
Christen sein. Darum lasse Ich euch, auf Bitten Meines Kindes, den Übergang
und die weitere Entwicklung im Geisterreich eures Apostels und Reformators
hier folgen: Der euch so teure
Mann, Dr. Martin Luther, ging freudigen Herzens in seine neue Heimat ein,
zwar nicht wissend, aber doch alles Gute hoffend.
Sein
Hinübertritt war ein Triumph der guten Sache, um die er sich im Leben mit
aller Kraft seines Herzens bemüht hatte, aber doch nicht so rosig, wie er
sich denselben vorgestellt hatte; denn er hat manche Stelle des Neuen
Testaments falsch aufgefasst, irrig gedeutet, und Menschensatzungen der
römischen Kirche übertragen, die in Meinen Lehren nicht vorkommen und diese
waren ihm ein Haupthindernis, um als echter Apostel in Mein Reich des Geistes
einzuziehen.
Es
werden viele darob den Kopf schütteln, wie es möglich sei, dass Dr. Martin
Luther als Mein Apostel und Reformator zugleich auch ein Irrlehrer war. Diese
Frage will Ich, als euer Vater und Heiland euch klar machen, damit ihr euch
von der falschen Auffassung des Neuen Testaments frei machet und den Weg
Meiner echten Lehre betretet, die Ich während Meiner dreijährigen Lehrzeit
predigte.
Die
Menschen sind denkfaul und hoffen auf die leichteste Art und Weise den Himmel
dadurch verdienen zu können, dass sie, am toten Buchstaben haftend, nur das
ihrem Vorteile Zusagende herausziehen, alles übrige aber, wonach sie auch
Buße tun, Entbehrungen, Verleugnung vor der Welt, Entsagung der Weltfreuden
und desgleichen üben sollten, wohlweislich meiden. Ihr Grundsatz lautet:
„Glaube an den Herrn Jesus Christus und du wirst selig“; „Das Blut Jesu
Christi reinigt uns von allen Sünden.“
Diese,
zwar im Neuen Testament vorkommenden Lehrsätze sind, wenn man sie nur nach
dem toten Buchstaben ergreift und daran haftet, wahre Irrlehren, die
niemanden in Mein Reich bringen und daher höchst gefährliche Lehren für den,
der fest daran hält und von diesem Glauben ausgehend meint, er sei sündenfrei
und brauche nichts anderes als fest zu glauben, alles übrige habe schon Ich
am Kreuze für ihn getan und gesühnt. Oh, ihr armen, irregeführten Schafe
Meines Stalles! Wie könnt ihr so denk- und werkfaul in den Tag leben und
meinen, dass ihr durch den alleinigen Glauben vor Mir und durch Meine Gnade
gerechtfertigt seid?
Der Glaube an Mich ist euch erst dann von Vorteil für euer geistiges Leben, wenn ihr dadurch, dass ihr an Mich glaubet, auch alles das, was Ich gelehrt habe, ins Werk setzet. Dieses ist es, was selig macht, nicht aber der Glaube allein. Es ist hier nicht der Ort, wo Ich euch eine gründliche Aufklärung über euren Irrtum und eure Pflicht geben will, was richtig oder unrichtig ist, sondern es ist noch eine kurze Zeit bis zur Vollreife und dann werdet ihr eine gründliche Aufklärung bekommen, wie ihr alle zu leben und zu handeln habet. Nun kehren wir zu Martin Luther zurück.
(Martin Luthers irdische Bibelanschauung stellte sich als unrichtig heraus.
Sein Empfang durch die auf ihn wartenden Verstorbenen und ihre geistigen
Zustände. Klage, dass der bloße Glaube an Jesus nicht selig macht und das
Blut Jesu Christi nicht von Sünden gereinigt hat, trotz ausgestandener Leiden
und Verfolgungen.)
Luthers Ankunft im Geisterreich war eine fröhliche und zugleich betrübte. Er sah ein, dass seine Anschauung nicht begründet war. Seine Freunde, die vor ihm ins Geisterreich gekommen waren, erwarteten und empfingen ihn mit großer Freude. Alles, was protestantisch und in jener Sphäre war, in welche Luther gehörte, erwartete und empfing ihn wie im Triumphzuge. Es war ein Jubeln und Freuen, das weit und breit Widerhall fand, aber man bemerkte an den Gesichtern der Menge, dass sie nicht ganz zufrieden waren. Sie erwarteten eine andere Zukunft, ein anderes paradiesisches Leben, denn sie glaubten, sie wären durch den festen Glauben Bewohner des Paradieses, während sie nur um so viel besser waren, dass der Druck der Kirchenzeremonie sie nicht zur Materie zog, welcher die Römisch-Katholischen im Jenseits höchst unglücklich macht.
„Freund und Bruder!“ sagten sie: „Wie kommt es nun, dass wir, die wir uns fest an das Neue Testament hielten und den Glauben an Jesus, der unser Erlöser am Kreuze ist und der durch Sein Blut alle unsere Sünden getilgt hat, befolgten, so schlecht angekommen sind? Siehe, weder Christus noch ein Engel ist uns erschienen, um uns aufzunehmen und ins Paradies, oder wohin wir es verdient haben, zu führen. Was sagst du dazu? Denke dir diese Täuschung! Wir, die wir schon dachten, mit dem Tode würden wir Bewohner des Himmels werden, sitzen da und wissen nicht, wie es um uns ist, und niemand weiß uns eine entscheidende Antwort zu geben. Vielleicht gelingt dir etwas, der du das Glück hattest, die Römisch-Katholischen ordentlich aufzuregen und eine Religion herzustellen, die der urchristlichen einigermaßen ähnelte, denn wenn sie auch nicht die urchristliche war, besser war sie doch als die römisch- katholische. Freund! Wir sind nicht zufrieden mit unserem Zustande, wir erhofften eine viel bessere Lage für unsere Leiden, Verfolgungen und Entbehrungen. Siehe, du bist gescheit, wir wollen hören, welchen Bescheid du uns auf unsere Klagen geben wirst.“
Dr. Luther kratzte sich hinter den Ohren und wusste keine Silbe hervorzubringen, denn auch er befand sich in derselben Enttäuschung wie seine Freunde und Gläubiger nach seinem Worte. Eine zeitlang schwieg er und dachte nach, aber er fand keine Auskunft in sich, daher meinte er: „Wir wollen sehen, ob da nicht ein Licht zu erhalten ist, denn ich habe redlich nach bestem Wissen und Kennen die Bibel gelehrt und verbreitet.“
3. Zu seichte
Bibelauffassung - Blut Jesu Christi
(Martin Luthers Aufklärung, dass sie durch Suchen, Anklopfen und Bitten den
Weg, die Wahrheit und das Leben finden werden. Seine Bemerkung über die zu seichte
Bibelauffassung. Verschiedene Auffassung zweier Redner, besonders eines
Priesters, dass, wenn das Blut Jesu Christi den Menschen von allen begangenen
und künftigen Sünden befreit hätte, so wären Diebe, Räuber, Mörder,
Ehebrecher usw. keine Sünder.)
Eines Tages sagte er: „Liebe Freunde und Brüder, der Herr gab uns so viele und schöne Lehren, sollten die nicht echt sein? Wenn sie es sind, dann müssen wir auch das erlangen, was darin dem fleißigen Befolger derselben verheißen wurde. Ich meine, für unsere Zustände passen am besten die Worte des Heilands: ‘Wer suchet, der findet , wer anklopfet, dem wird geöffnet, wer bittet, dem wird gegeben!’ Diese Worte, liebe Brüder, glaube ich, enthalten den einzigen Trost für uns. Wir wollen suchen, anklopfen und bitten, und ich bin überzeugt, wir werden den Weg, die Wahrheit und das Leben finden, indem der Herr Sich Selber als den Weg, die Wahrheit und das Leben bezeichnete.“ Alle gaben ihm recht und sagten: „Ja, auch wir denken und meinen so und wir wollen unser Glück probieren nach diesem Anraten.“
Unser Martin war überglücklich, als er hörte, dass seine Glaubensbrüder und Freunde seine Ansicht teilten. Nun sagte er zu ihnen: „Brüder und Freunde! Wir wollen unseren Erlöser und Heiland bitten, Er möge uns Licht geben. Er möge uns bekannt machen, wo es uns fehlt, dass wir nicht das angetroffen haben, was wir so fest geglaubt und erhofft haben, nämlich in den Himmel zu kommen und Jesus zu sehen. Weder die eine noch die andere Hoffnung ist uns in Erfüllung gegangen. Mir scheint es, Brüder, wir haben die Worte der Bibel zu seicht und zu leicht genommen, daher unsere Enttäuschung.
Die Freunde und Brüder sahen ihn ängstlich an und meinten: „Irgendwo muss der Fehler sein, denn sonst müsste das vorhanden sein, was wir glaubten und erhofften zu finden. Du bist der Gescheiteste unter uns, und wir werden gern deine Anweisungen befolgen, denn weißt du, es ist uns schon entsetzlich langweilig diese abwechslungslose Einförmigkeit. Wir müssen daher vor allem nach der Ursache forschen, was das Hindernis ist, welches uns den Himmel versperrt und Jesum verhüllt!“
Darauf trat ein junger Mann auf und sagte: „Männer, Brüder, Freunde! Ich habe euer Gespräch gehört und ersehen, dass ihr am rechten Wege seid. Mit dem Leben geht es hier nicht wie auf der Erde. Wir sind Geister und als solche müssen wir zusammenhalten und eines Gedankens und Sinnes sein. Wir sind viele, im Neuen Testament heißt es aber: ‘Wo zwei oder drei in Meinem Namen versammelt sind, da bin Ich mitten unter ihnen.’ Ist dies der Fall, was ich nicht bezweifle, wohlan, wir sind sehr viele, also werden wir auch sicher das erlangen, um was wir unseren Heiland Jesus bitten werden.“
Alle stimmten dem jungen Redner zu und sagten: „Ja, du hast recht, wir wollen unseren Erlöser mit vereinten Kräften bitten. Er wolle uns huldvoll bekannt geben, was wir tun sollen, damit uns die Verheißung zuteil wird, die uns durch den Glauben an Ihn werden soll.“ Der junge Mann war damit zufrieden und trat ab.
Gleich nach ihm trat ein Geistlicher auf und sagte: „Männer, Brüder! Die Rede des jungen Mannes gefällt mir und ich schließe mich seiner Ausführung an. Ja, wir wollen bitten und da wir viele sind, so ist nach den Worten Jesu uns Seine Verheißung gesichert. Trotzdem kann ich nicht umhin, schon jetzt meine Bedenken gegen unseren Glauben zu äußern. Ich denke nämlich, wir haben zu viel geglaubt und gehofft und viel zu wenig getan, um dem Glauben gerecht zu werden.“
Diese unerwartete Einwendung des Priesters überraschte alle und sie schauten den Redner wie fragend an, was er damit sagen wollte. Nach einer kurzen Pause hob der Redner wieder an: „Brüder, der Herr Jesus gab uns eine Menge Lehren, die wir zu halten haben, aber ich muss gestehen, dass ich keine der Lehren so fest eingewurzelt fand, als bloß den Glauben. Wie steht es aber mit den Sünden, die zu begehen verboten sind? Seht, ich glaube hier ist die Ursache, dass wir uns in dieser traurigen Lage befinden! Oder glaubt ihr wirklich, dass das vergossene Blut Jesu Christi uns immer und zu jeder Zeit von allen Sünden befreit? Ich glaube es nicht, denn sonst wären Diebe, Räuber, Mörder, Ehebrecher usw. keine Sünder.“
(Martin klagt bitterlich über seine falsche Auffassung der Bibellehre und die
Unmöglichkeit, diese wieder gutzumachen. Mitleid der Zuhörer mit ihm. Seine
neue Erkenntnis, dass im Glauben, und mag er noch so groß sein, dennoch die
werktätige Liebe das Hauptgebot ist und dass deshalb ihre Zustände so traurig
sind, weil sie die Werke der Nächstenliebe nicht gewirkt haben.)
Nach diesem Redner tritt Martin Luther vor und hebt vollernster Miene folgenderweise an: „Brüder, Freunde! Mir ist nun ein Licht aufgegangen. Der Vorredner hat mich auf einen Irrtum aufmerksam gemacht. Es ist wahr, ich habe irrtümlich zu viel auf den bloßen Glauben gehalten, jetzt sehe ich leider zu meiner größten Bestürzung ein, welch großes Unheil ich damit gestiftet habe. Die Menschen bauen fest auf meine Lehre und glauben, ich sei unfehlbar in meinen Aussprüchen. Oh wehe mir! Ich ein Ketzer, ein Verführer des Volkes. Ich, der ich mit voller Liebe für meinen Heiland eingestanden, sehe ein, welch großen Fehler ich begangen habe an Millionen von Menschen, die gleich mir in vollem Glauben aber in mangelhafter Erfüllung der Werke der Nächstenliebe dahin lebten, leben und noch leben werden.
Oh wehe mir! Wie werde ich dies meinem lieben Jesus, meinem lieben Heiland gegenüber verantworten? Was wird Er sagen, wenn ich vor Ihn treten und Rechenschaft über mein Leben und Wirken für das Seelenheil der Menschen geben werde? Nun spüre ich die ganze Schwere meines Verschuldens an der unschuldigen Menschheit. Was soll ich tun? Wie kann ich jetzt meine Fehler und Irrtümer wieder gut machen? Wer kann da eine Abhilfe schaffen?“ Nach diesen Worten der Reue und Gewissensbisse zog er sich zurück und dachte nach.
Die Zuhörer waren wie versteinert, denn sie sahen jetzt gleichfalls ein, dass nicht alles in der Ordnung in der Lehre und dem Befolgen der protestantischen Religion ist; aber keiner getraute sich ein Wort zu reden und so schwieg die ganze Gemeinde und schaute traurig auf ihren Lehrer und Führer, der sein Gesicht mit den Händen bedeckte und schluchzte.
Lange dauerte die Totenstille unter den Zuhörern, denn keiner getraute sich, den Trauernden zu stören, viel weniger ihm Vorwürfe zu machen. Denn sie sahen ein, dass er wohl redlich gewollt, aber menschlich geirrt hatte und dass hier keine Hilfe möglich war. Wozu dann noch Vorwürfe?
Dieser Gedanke im Herzen seiner Brüder war eine edle Tat der Nächstenliebe, wie sie nicht edler gedacht werden kann. Sie sahen ein, dass er nicht aus Faulheit, nicht aus persönlichen Absichten einen gewaltigen Religionsirrtum in sich getragen, an dem er selbst samt ihnen und allen die noch im Fleische leben, leiden muss. Ein Gefühl der Wehmut und des Mitleids ergriff alle, als sie den ehrlichen Kämpfer und Helden für die wahre Religion sahen, wie er bitterlich über seinen Irrtum und dessen unberechenbare Folgen weinte.
Lange währte die Ruhe und Trauer unter den Zuhörern, bis sich der alte Mann nach vielem Weinen wieder erhob, traurig zu seiner Gemeinde aufsah und folgende Worte voll bitteren Vorwurfs gegen sich selbst sprach: „Brüder und Freunde! Die Macht des Elends meiner Schuld an dem Leiden so vieler Millionen meiner Glaubensgemeinde, die ich hoffte, in die glücklichen Tage des echten Christentums zurückzuführen, schwebt vor meinen Augen. Wohl habe ich ihnen den Weg zu unserem Heiland Jesus wieder geebnet, aber leider übersehen, dass Jesus wohl lehrte, dass der Glaube an Ihn selig macht, aber die werktätige Liebe als das Hauptgebot im Glauben hervorhob. Was nützet daher der Glaube, wenn er nicht durch die Werke der Gottes- und Nächstenliebe so voll ist wie in guten Jahren die Rebe von Trauben in der Herbstzeit, wenn die Zeit der Lese ist?
Ja, Brüder, die Reben haben wir wohl, aber Trauben sind sehr wenige daran, denn wir haben viel zuwenig die Heilige Schrift geistig aufgefasst. Unser lieber Heiland hat doch hauptsächlich von der Liebe gesprochen, während wir nur auf den Glauben unsere Zuversicht aufgebaut haben, also auf den Sand unser Haus gestellt, und nun befinden wir uns da wie die Abgehausten, da wir vergessen haben, unser Glaubenshaus durch die werktätige Liebe auf den Felsen zu bauen und nur durch diese Liebe zu pflegen, die uns so oft in der Heiligen Schrift anempfohlen wird und vergessen, dass, wenn wir einen Glauben hätten, der die Berge versetzte und hätten die Werke der Liebe nicht gegen den Nächsten, dass alles umsonst wäre. Seht, liebe Brüder, hier hapert es, hier ist der wunde Fleck in unserem Glauben!“
Die Brüder und Zuhörer schwiegen, denn sie sahen ein, dass sie selbst auch schuld daran waren, dass sie einem falschen Glaubenswahn zu viel huldigten, weil er ihnen ein sorgenloses Leben versprach. Daher schwiegen sie, wohl wissend, dass auch sie derselbe Fehler strafe, der ihrem Lehrer die Tränen hervorlockte. Sie hatten ja dieselbe Bibel wie ihr Lehrer, daher begingen sie denselben Fehler wie er.
(Im Geisterreich kommen Gleich und Gleich zusammen und dadurch mangelt es an
Mitteln, das Versäumte leicht gutzumachen. Die Folgen des Glaubens ohne Werke
der Nächstenliebe. Aufklärung, dass das Blut Jesu Christi die Liebe Jesu bedeutet.
Aufklärung, wie es den Römisch-Katholischen im Geisterreich mit dem Beten zu
Maria und den Heiligen geht. Die fortwährende starke Abenddämmerung unter
ihnen.)
Nach einer kleinen Pause begann er wieder zu reden und sagte: „Brüder, das Leben ist eine fortwährende Täuschung. Getäuscht zu sein von der Wiege bis zum Grabe und getäuscht noch über das Grab hinaus, das ist bitter, das ist kaum zu ertragen. Wir gingen im vollen Glauben einer glücklichen Zukunft in die Ewigkeit, und was trafen wir an? Nichts, es ist alles so, wie es auf der Erde war, aber leider auch wieder nicht so, denn es fehlen uns die Behelfe, das Versäumte und Verfehlte gutzumachen. Hier sind wir alle gleich und keiner hat ein Bedürfnis, dass der Nächste ihm beispringe und helfe, um so ein Werk der Nächstenliebe zu tun.
Darin ist hier ein anderes Verhältnis, das wir nicht ändern können. Es herrscht also eine Gerechtigkeit, wo Gleich und Gleich zusammenkommen, dass einer vom andern nichts braucht. Ja, dort waren wir ungewöhnlich glücklicher als hier. Dort auf der Erde hatten wir eine große Zahl von Armen, Elenden, Bedürftigen am Leibe und Geiste, bei denen man sich durch Werke der Nächstenliebe den Himmel verdienen konnte. Hier fehlt alles das und wir sind rat- und tatlos und nicht wissend, was wir anfangen sollen.
Ja, das ist ein Elend, eine Not sondergleichen. Die Augen sind uns nun geöffnet, aber wir sind wie die Gefangenen, die sich nicht helfen können. Zwar bedrückt uns nichts Irdisches, aber wir haben auch nichts besonderes, was uns erfreuen könnte. Wo ist unser erträumtes Paradies oder Himmel, wo unser vielgeliebter Heiland und Jesus? Von allem dem sehe ich nichts.
Habt ihr nicht gebetet, dass euch Licht werde? Habt ihr nicht unseren vielgeliebten Jesus angerufen, damit wir uns helfen können zu Ihm zu kommen, oder dass Er uns die Gnade der Rechtfertigung vor Ihm gebe? Aber oh wehe, was spreche ich von der Rechtfertigung? Was soll die Rechtfertigung sein? Dass wir ein verfehltes Leben führten? Dass wir das Hauptgebot im Gesetze viel zu wenig beachteten, noch weniger erfüllten? Ja, ich sehe die Folgen des Glaubens ohne Werke der Nächstenliebe: wir haben nichts zu zeigen, was wir Gutes auf der Erde gewirkt haben, daher lässt uns unser lieber Jesus in unserem Elend und in qualvoller Unbeholfenheit.
Halt Brüder! Ich sehe noch was anderes. Ich sehe, dass unser Hochzeitskleid nicht rein, sondern voller Flecke ist. Wahrscheinlich ein Lohn unserer Weltlichkeit, unserer Verstandesweisheit? Wir glaubten, dass wir sündenrein seien, weil Jesus für uns Sein Blut am Kreuze vergossen hat! Nun sehe ich aber, dass unser Kleid nicht im Blute des Lammes hellrein gewaschen, sondern sogar schmutzig ist! Ja, Brüder, was sollen denn diese Worte unseres geliebten Heilandes bedeuten, weil sie nicht erfüllt sind? Hört Brüder! Jetzt fällt mir etwas ein: Im Blute hat noch niemand seine Kleider hellrein und weiß gewaschen, daher muss das Blut Christi ganz etwas anderes bedeuten, als was wir darunter zu verstehen vermeinten.“
Auf diese Einwendung schaute die ganze Gemeinde mit fragenden Blicken auf den Redner, der ihnen wie aus den Wolken diese überraschenden Worte zur Erörterung vorlegte. Und es getraute sich niemand ein Wort zu sagen, denn der beliebte Glaubenssatz: ‘Das Blut Jesu Christi macht uns rein von allen Sünden’ war ihnen zu fest eingewurzelt, als dass sie sich getraut hätten, daran zu rütteln und zu zweifeln.
Nach langer und banger Erwartung trat ein anderer Redner auf und sprach folgende Worte: „Brüder, Glaubensgenossen! Unser Lehrer hat mich auf eine, wie ich glaube, sehr glückliche Idee gebracht. Ich glaube nämlich, dass im Worte Blut eine geistige Entsprechung für Liebe sei. Was sagt ihr dazu?“ Alle schwiegen, und da der Frager keine Antwort bekam, fing er von neuem an: „Liebe Brüder, es ist eine Tatsache, dass noch niemand im Blute seine Kleider rein und weiß gewaschen hat. Somit muss hier eine andere Bedeutung im Worte liegen, aber welche? Das ist die Aufgabe, auszuforschen; denn davon hängt sicherlich unser Heil, unsere Zukunft, unser Glück ab.“
Nach einer kleinen Gedankensammlung hielt er folgende Ansprache: „Brüder und Freunde! Es hat geheißen, dass unser Gottvater dem Adam einen Retter verheißen hatte, der die Sünde Adams, somit die Erbsünde, nicht aber die Sünden, die wir begehen, auf seine Schultern nehmen und sie tilgen wird. Hier mag das Blut der göttlichen Liebe materiell und geistig gemeint sein. Tatsächlich war es die unbegrenzte Liebe Gottes, welche ihr materielles Blut in Christo für diese Erbsünde, welche auf der ganzen von Adam abstammenden Menschheit lastete, am Kreuze vergoss. Dass aber Jesus für unsere jetzigen Sünden sein Blut vergossen hätte, das lesen wir nirgends im Neuen Testament, im Gegenteil, es wird von den Aposteln sogar stark vor dem Sündenmachen gewarnt. Daher ist dieser Satz, dass das Blut Jesu Christi uns von allen Sünden reinwäscht, ein missverstandener. Ich denke daher, dass unser Lehrer Recht hat, wenn er unter Blut Jesu die Liebe Gottes zu erblicken vermeint.“
Nun fragte er wieder die Menge, ob sie derselben Meinung sei. Aber keiner rührte sich, denn sie wurden zwischen zwei Fragen gestellt: Ist ihr jetziger Glaube falsch, so ist ihre Anschauung falsch, und sie sind aller Hoffnung beraubt; ist er aber echt, wo bleibt da die Verheißung des Glaubens? Diese zwei Ansichten machten bei der Frage des Redners alle verstummen, so dass keiner sich getraute, einen Laut von sich zu geben.
Nach einer Weile tiefen Schweigens fing der Redner von neuem an: „Brüder, ich sehe ein, dass euch die Antwort schwer fällt, denn sie bringt uns eine Niederlage entweder unseres Glaubens oder unserer Hoffnung. Daher will ich mich bemühen, diese Antwort selbst zu bringen. Wer von uns kann behaupten, dass er auf dem rechten Wege ist, da er sieht, dass seine Hoffnungen und Jesu Verheißungen nicht eingetroffen sind? Wir alle haben die gleiche Erfahrung der Enttäuschung. Wir alle befinden uns in einem Suchen nach Wahrheit und nach einem Ausweg aus dieser Finsternis. Uns allen sind unbekannt die Ausgangswege aus diesem Labyrinth unserer geistigen Finsternis. Wie muss es erst den Römisch-Katholischen gehen, die nicht nur dieses Licht nicht haben wie wir, sondern sie haben auch viele menschliche Satzungen ihrer Päpste, die nirgends in der christlichen Lehre begründet sind!“
Auf diese Einwendung trat ein stämmiger Mann auf und sagte: „Ich war einmal zu Besuch bei meinem irdischen Freund, der ein römischer Christ ist und sich nun auch hier in der Geisterwelt befindet. Nach üblicher Begrüßung kamen wir sogleich auf das Glaubensthema, und da erzählte mir der Freund, dass er weder aus noch ein wisse. Seine Gebete zu Heiligen und zu Maria hülfen im Geisterreich nichts, folglich hätten sie wahrscheinlich auch auf der Welt den Bezahlenden oder Betenden nicht geholfen, wohl aber den Priestern, die von dem Gelde der Dummen gut zu leben gewusst hätten. Er sagte ferner: ,Es ist so wenig Licht, ich sehe zu wenig hier, es ist fortwährend Abenddämmerung, aber kein Tag, keine Sonne, es ist eine verteufelt langweilige Zeit ohne Hoffnung, ohne Hilfe. Zwar kommen unsere Priester mit ihren geschwollenen Reden und Versprechungen, aber wo Tatsachen sprechen, dort hört das Predigen der schwarzen Brut, die ich nie recht leiden konnte, auf’. Also sprach mein irdischer Freund und Nachbar, und ich sah ein, dass er noch bedeutend schlechter dran ist als ich und meine Brüder hier, die noch etwas Licht haben.“ Nach diesen Worten trat der Redner ab.
Nun erhob sich wieder der frühere Redner und sagte: „Ich dachte mir, dass die Römisch-Katholischen gewiss noch schlechter daran sind als wir, und nun habe ich es bestätigt gefunden. Aber lassen wir die Römischen, sie haben ihre Aufgabe und wir die unsere. Jeder wird nach seinem Glauben selig. Daher kümmern wir uns zuerst um das, dass wir einen Ausweg finden, der uns zu unserem Jesus bringen wird, alles Übrige wird sich dann schon finden lassen. Aber Brüder, welcher ist der Weg, der uns zu unserem Heiland führt?“ Auf diese Frage entsteht wieder eine Pause.
(Martin Luther schlug das Bitten zum Heiland um einen Engel vor, der den
Willen Jesu kundgäbe, um das Versäumte und Verfehlte wieder gutzumachen. Das
herrliche Gebet Luthers mit seiner Glaubensgemeinschaft zum himmlischen
Vater. Die Stimme des unsichtbaren Vaters Jesus verkündete die Erhörung des
Gebetes. Ankunft eines hell leuchtenden Engels von Osten, der sie im Namen
des Vaters Jesus, als den einzigen Gott, Vater, Sohn und Heiligen Geist in
einer Person begrüßte)
Als sich niemand zu Worte melden will, steht wieder Dr. Martin Luther auf und sagt: „Brüder in Christo, unserem Herrn! Die Reden und Erörterungen, die wir bisher geführt und gewechselt haben, sprechen klar, dass wir nicht auf dem rechten Wege sind. Leider lässt sich nicht sogleich ein entscheidender Weg einschlagen, weil wir selber nicht einig sind. Ihr habt mir die Stelle eures Lehrers hier eingeräumt, somit wollt ihr meine Schüler sein. Als solche müsst ihr mich aber geduldig anhören, und was wir für gut finden werden, auch in die Tat verwandeln.
Ich habe euch die Gründe klargelegt, welche ich als das Grundübel unseres unangenehmen Hierseins betrachte. Diese Gründe sind bisher teils angenommen, teils noch weiter entwickelt und besprochen worden. Zwar mundete nicht alles, aber vor der Wahrheit der Tatsachen schweigen alle Sondergedanken und Ansichten. Wir wollen aus den Betrachtungen zur Tat übergehen, daher höret mir aufmerksam zu, was ich euch raten werde und was uns helfen kann.“ Auf diese Ansprache war alles still und wartete sehnsuchtsvoll der weiteren Entwicklung der Dinge, welche da kommen sollten. Denn das glaubten alle fest, dass ihr Lehrer und Bruder als ein grundgescheiter Biblist einen Ausweg finden werde, welcher sie aus ihrem Wirrwarr der Anschauungen brächte.
Nun sprach Dr. Luther: „Liebe Brüder! Die Fehler unserer Glaubensanschauung sind uns nun bekannt. Wir haben die Werke nicht, und wenn schon irgendwelche Werke der Nächstenliebe bestehen, so verdunkeln sie die Sünden, die wir so leichtfertig im Leben begangen haben. Was ist da zu machen, um das Rechte zu treffen? Brüder, Freunde! Ich denke, dass das einzige Mittel, welches uns aus unserer Verlegenheit bringt, das inbrünstige Gebet zu unserem Erlöser und Heiland Jesus ist. Daher mache ich euch allen einen Vorschlag: Wir wollen mit vereinten Kräften zu Jesus beten und Ihn inbrünstig bitten, Er wolle in Seiner großen Liebe und Barmherzigkeit uns anhören und aus Seiner huldvollen Gnade einen Engel zu uns schicken, der uns Seinen heiligen Willen kundgäbe, was wir zu tun haben, um das Versäumte und Verfehlte gutzumachen, uns weiter zu helfen und Seinen heiligen Willen zu erfüllen, wodurch Seine Verheißung uns wird zuteil werden.“
Nach diesen Worten hielt er ein wenig inne und musterte seine Zuhörer, welchen Eindruck sein Vorschlag auf sie gemacht hätte. Zu seiner Freude bemerkte er nur freudig erregte Gesichter, was als Zustimmung seines Vorschlages galt. Daher redete er weiter: „Liebe Brüder und teure Glaubensgenossen in Christo: Unsere Sache steht auf dem Felsen Petri. Wir glauben nämlich, wie Petrus einst, dass Jesus Gottessohn ist, der verheißene Messias. Und wie einst Petri, so wird auch uns dieser felsenfeste Glaube die Schlüssel zum Himmelreich einhändigen. Ja, fest wollen wir diesen Glauben halten und in diesem Namen werden wir um Licht und Wahrheit zum himmlischen Vater bitten. Denn Jesus lehrte ja Selbst: ‘Was ihr in Meinem Namen bitten werdet, das wird euch gewährt werden’. Also wollen auch wir tun und bitten, bis wir erhört werden.“
Ein brausendes Gutheißen dieser Rede war die Antwort der Zuhörer. Nach dieser allseitig bejahenden Gutheißung seiner Rede sagte er weiter: „Liebe Brüder! Nicht mit lautem Lippengeplärr wie die Heiden wollen wir beten und bitten, sondern aus der Tiefe unseres Herzens. Denn nur dann können wir das gewünschte Ziel erreichen, wenn unsere Gebete aus der Tiefe unseres Geistes kommen und in die Tiefe der Gottheit Jesu eingehen.
Daher, liebe Brüder, lasset uns beten und bitten mit dieser Inbrunst und diesem tiefen Gefühl, dass die Steine erweichen müssten. Wohlan Brüder! Knien wir nieder und beten wir wie folgt: Hochheiliger und liebevollster Vater! Siehe auf uns, Deine armen Kinder, welche im Staube ihrer Nichtigkeit ihre sehnsuchtsvollen Augen zu Dir erheben und Dich, den barmherzigen Erhörer unserer Bitten, demütigst bitten: Lieber guter Vater! Wir armen unwissenden Kinder Deiner göttlichen Liebe bitten Dich durch die Verdienste Deines lieben Sohnes Jesus Christus für uns sündige Menschen, erbarme Dich unserer Unwissenheit und unseres Elends hier im Reiche der Geister! Oh lieber guter Vater, wir bitten Dich allerdemütigst, sende uns einen Engel oder wen Deine Liebe für gut findet, der uns Deinen heiligen Willen kundgebe und uns leite, damit wir, die wir doch so viel aus Liebe zu Dir und Deinem lieben Sohne Jesus gelitten und geduldet haben, auch den Weg finden und betreten, der uns zu Dir und Deinem lieben Sohn Jesus bringt.“
Nach diesem inbrünstigen Gebet fing der Himmel an, lichter und immer lichter zu werden und eine Stimme verkündigte ihnen, dass ihr Gebet erhört wurde. Im nächsten Augenblicke stieg ein hell glänzender Engel von Osten auf und schwebte gegen die Harrenden, über die er in wenigen Sekunden gelangte, worauf die ganze Gegend von seinem Lichtglanze erhellt wurde, so dass ihn die Brüder kaum anschauen konnten. Doch bald zog er sein übergroßes Licht ein und schwebte herab zu ihnen mit freundlichem Antlitze, sie im Namen des Vaters Jesus grüßend: „Willkommen, liebe Brüder und Schwestern! Der Vater Jesus, den ihr so schön und demütig und voller Liebe gebeten habt, schickt mich zu euch, um eurem Wunsche nachzukommen, um euch zu belehren und zu leiten zu Ihm, der unser einziger Vater, Sohn und Heiliger Geist von Ewigkeit war, ist und ewig sein wird.“
(Das große Erstaunen über die neue Lehre der heiligen Dreieinigkeit. Der
Engel verheißt sie zu führen den rechten Weg des Glaubens und Heils. Frage
Luthers über die hl. Dreieinigkeit und die Aufklärung des Engels darüber,
dass Vater die Liebe, Sohn die Weisheit und Hl. Geist die Allmacht in Gott
bedeutet und dass in Christus alle Eigenschaften der Gottheit nach den
Propheten Jesaja und Micha vereint sind.)
Nach diesen Worten, die ihnen den großen Glaubenssatz von einer dreipersönlichen Einheit Gottes wie mit einem Schlage vernichtete, standen die Brüder wie versteinert da und richteten ihre Augen auf ihren Doktor Martin Luther, gespannt, was er dazu sagen sollte. Auch der Engel schwieg und überließ sie ruhig ihren Betrachtungen. Alle waren jedoch überzeugt, dass der Engel die Wahrheit gesprochen, nur die Art, nach welcher dieses möglich sei, war ihnen nicht klar. Nachdem sie der Engel eine Zeit lang in ihren Betrachtungen ruhig gelassen, sprach er: „Liebe Brüder und Schwestern in unserem guten und vielgeliebten Vater Jesus, ich begrüße euch als euer Bruder und von nun an euer Lehrer und Leiter, damit ihr den rechten Weg des Glaubens und Heils wandeln werdet, der euch unfehlbar zum Vater Jesus bringen wird!“
Auch auf diese Begrüßung und Aufklärung schwiegen die Versammelten, denn sie waren noch zu stark von der überwältigenden Herrlichkeit und Schönheit des Engels befangen, als er ihnen schwebend sein strahlendes Licht herabsendete. Nicht so der Engel, der voller Freundlichkeit zu ihnen kam und dem Martin Luther die Hand reichte, welche dieser voller Liebe an sich drückte und Freudentränen dabei vergoss.
Nach einer Weile sagte Martin Luther: „Liebe Brüder im Herrn! Mein Herz ist voller Liebe, voller Freude, so dass ich kaum sprechen kann. Zwar haben wir noch nicht den lieben Vater Jesus gesehen, aber doch schon Seine viel versprechende Stimme gehört. Andererseits bist du uns der lebendige Zeuge, dass wir das erreicht haben, um was wir gebeten haben, und es versteht sich von selbst, dass das Weitere noch folgen wird, wenn wir die Bedingungen erfüllt haben, von welchen die Verheißung abhängig ist. Aber, lieber Bruder in unserem vielgeliebten Vater Jesus, sage mir und uns allen: wie kommt es, dass Jesus nicht Sohn Gottes ist, da Er öfters im Neuen Testament als solcher bezeichnet wird?“
Hierauf erwiderte der Engel: „Liebe Brüder, ich frage euch, wo steht es im Neuen Testament, dass Gott drei Leiber habe und dreipersönlicher Gott genannt wird?“ Auf diese Frage waren sie nicht gefasst, daher schaute einer den anderen teils fragend, teils schmunzelnd an, denn das hatte wahrlich noch keiner in der Heiligen Schrift gelesen.
Nach einer Pause des Nachdenkens sagte Martin Luther: „Das habe ich zwar nicht gelesen, aber es ist darin so oft die Rede von Gott Vater, von Gottessohn und vom Heiligen Geist, dass man unwillkürlich auf die Annahme einer dreipersönlichen Gottheit kommt, daher habe ich die Annahme der Konzilien von Nicäa (325) und Konstantinopel (381) beibehalten. Da ich nun bemerke, dass diese Annahme falsch ist, so bitte ich dich, lieber Bruder, im Namen unser aller, da wir alle eine Aufklärung gleicherweise benötigen, wie sich dieser Glaubenssatz verhält zur Wahrheit, die du uns verkündest?“
Der Engel erwiderte voller Freundlichkeit: „Liebe Brüder, hätte es je mehr als einen Gott gegeben, dann hätten schon die alten Völker zwischen Adams- und Jesuszeit dies gewusst. Hätten die Apostel die Namen Vater, Sohn und Heiliger Geist als drei Personen verstanden, dann hätten sie diese dreipersönliche Gottheit gelehrt und im Neuen Testament als einen Glaubenssatz aufgezeichnet, allein weder das eine noch das andere fand statt, somit wird es wahrscheinlich nie einen dreipersönlichen Gott gegeben haben, oder nicht?“
Auf diese zutreffende Aufklärung wusste keiner eine Einwendung gegen diesen wahren Sachverhalt zu stellen, daher fing der Engel von neuem an zu reden und aufzuklären, indem er sagte: „Vater, Sohn und Heiliger Geist sind nicht etwa drei Personen in Gott, sondern drei Eigenschaften: Liebe, Weisheit und die betätigende Gnade und Allmacht, welche aus Liebe und Weisheit oder aus Vater und Sohn hervorgehen. Steht nicht alles das im Neuen Testamente? Sehet, ich will es euch noch genauer sagen: Vater ist ein geistiger Ausdruck, ein Entsprechungswort, welches die Liebe in Gott bedeutet, der Sohn bedeutet in der geistigen Entsprechung die Weisheit in Gott, und der heilige Geist ist die Willensbetätigung, was Liebe und Weisheit in Gott beschlossen, auszuführen. Das ist also die Dreieinigkeit Gottes und sonst nichts!
Dass Jesus der urewige Vater und Gott ist, liest man bereits im Jesaja 9,5: ‘Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns geschenkt, auf dessen Schulter die (ewige geistige) Herrscherwürde ruht und den man nennt: Wundervoller, Rat, Gotteskraft, Gottesheld, Vater der Ewigkeit, Friedensfürst.’ Spricht nicht Micha (5,1), dass in Bethlehem der Herrscher Israels geboren wird, dessen Abkunft aus den Tagen der Ewigkeit her ist? Diese zwei Stellen aus den Propheten besagen euch ganz deutlich, dass Jesus der urewige Gottvater selber ist, außerdem hat sich unser lieber Vater Jesus dreimal direkt als Vater bezeichnet, so bei Johannes 10,30; 12,45 und 14,9 und sonst öfters indirekt.
Ich glaube nun, liebe Brüder, dass dieser Glaubenssatz genug beleuchtet und allen klar und evident ist.“ Darauf erschallte einstimmig die Bejahung, dass sie alle verstanden und es für richtig erkannt haben.
(Frage Luthers über die Rechtfertigung durch den Glauben und über die
Sündenreinheit durch das Blut Jesu Christi. Aufklärung des Engels und der
Schrecken der Zuhörer über die erwiesene Wahrheit gegen ihre bisherige
Glaubensanschauung. Angebotene Gelegenheit, das im Leben Versäumte und
Verfehlte wieder gutzumachen.)
Hierauf wendete sich wieder Martin Luther zum Engel und fragte ihn, was es für eine Bewandtnis habe, dass die Stellen der Bibel nicht in Erfüllung gehen, nach denen es feststehe, dass man durch den Glauben gerechtfertigt und selig werde, und dass das Blut Jesu Christi uns rein mache von allen Sünden?
Der Engel machte eine freundliche Miene und sagte: „Höre Bruder! Du hast bereits selber eingesehen, dass der Mensch nur dann durch den Glauben gerechtfertigt wird, wenn er alles tut, was die Lehre des Glaubens von ihm verlangt. Das ist eine feststehende Tatsache, und ich habe dabei nichts zu erklären als höchstens zu sagen: Gott ist die Liebe. Erfüllt daher das Gesetz der Liebe zu Gott und eurem Nächsten, dann wird das Blut, welches die geistige Entsprechung für die Liebe eures Vaters Jesus Christus ist, euch rein machen von allen Sünden, wenn ihr die Gesetze der Lehre der Göttlichkeit und Heiligung eures Ichs erfüllt habt.“
Diese Aufklärung des Engels wirkte wie eine kalte Dusche auf die Zuhörer. Sie dachten im Stillen: Also das Gegenteil dessen, was wir bisher glaubten, ist die Wahrheit? Wie sollten wir jetzt das alles gut machen, da uns hier keine Gelegenheit dazu geboten wird?
Als der Engel ihre traurigen Mienen sah, unterbrach er sie in ihren Betrachtungen über ihre verfehlten Anschauungen und Lebenswege und sagte dann zu ihnen: „Liebe Brüder und Schwestern! Es ist wohl wahr, dass man auf der Welt das alles ins Werk setzen soll. Aber wenn der Mensch eine Sünde begeht und er weiß nicht, dass es eine Sünde ist, so kommt es hauptsächlich darauf an, ob er dieselbe bereut und, wenn möglich, gut zu machen sich bereit erklärt, koste es was es wolle. Ich frage euch daher, ob ihr mit meiner Aufklärung einverstanden seid und das Versäumte nachholen, das Verfehlte gut machen wollt, wenn euch dazu Gelegenheit geboten wird?“
Auf diese freundlichen Worte des Engels sagten alle, dass sie einverstanden seien, und baten ihn, er möge ihnen recht bald die Gelegenheit geben, dies ins Werk setzen zu können. Der Engel versprach dieses zu tun und sagte ihnen, sie sollen mitgehen, er wisse eine Gegend, wo allerlei gute Werke geübt werden könnten. Nun erhob sich die ganze große Gesellschaft und ging dem voranschreitenden Engel nach.
(Überfallene Räuberbande, welche die Beraubten zwang, das Geraubte in ihr Räubernest
zu tragen. Gegenseitige Rechtserklärungen. Bitte der Beraubten um ihre
Errettung; dem entgegen pochten die Räuber auf die unbeschränkte Freiheit im
Geisterreiche. Treffende Antwort Luthers darauf, dass sie selbst die Gewalt
vor das Recht stellten. Frage Luthers nach ihrem Räubernest, um es zu
zerstören, und die ängstlichen und ausweichenden, lügenhaften Antworten der
Räuber.)
Nach einer kurzen Reise kamen sie in eine sehr traurig aussehende Gegend, wo sie der Engel Halt zu machen hieß. Nachdem sie eine Zeit lang warteten, sagte ihnen der Engel: „Jetzt gehen wir tiefer ins Land hinein, denn hier sind wir noch an der Grenze. Die Gelegenheit Gutes zu tun aber wird sich im Lande selbst bieten, denn ein armes kahles Land hat auch arme Bewohner, welche jede Hilfe hocherfreut und dankbar annehmen. Da wird sich also die Gelegenheit euch allen bieten, hilfreich einzugreifen und zu helfen.“
Die Worte des Engels erfreuten alle und sie schauten nun neugierig vor sich hin, wo sich ihnen die Gelegenheit bieten werde, die Werke der Liebesbetätigung am Nächsten zu üben. Nach einem Marsche von zwei Stunden kamen sie tiefer in diese unwirtliche Landschaft und spähten neugierig nach allen Seiten, wo es etwas geben werde, dass sie eingreifen könnten. Doch es zeigte sich lange nichts; endlich hörten sie klagende und weinende Stimmen von weitem her kommen. Jetzt waren sie alle gespannt auf die ankommenden Ereignisse. Der Engel hieß sie niederlegen und still verharren, bis er sie aufstehen und helfen heißen werde.
Alle legten sich nieder und lauschten mäuschenstill auf die Ereignisse, die da kommen sollten. Das Geheul und das Weinen wurde nun immer stärker und kam näher, endlich sagte der Engel: „Es sind Räuber, welche die Bewohner einer jenseitigen Landschaft angefallen, überwältigt und ihr Hab und Gut geraubt haben. Jetzt treiben sie dieselben vor sich her, damit sie ihnen das Geraubte tragen in ihre Gegend. Nun ist es eure Aufgabe, diese Räuber mit aller Gewalt anzufallen, sie zu überwältigen und ihnen die Beute wegzunehmen und somit auch die Menschen zu befreien, welche sie vor sich hertreiben. Noch eine kurze Zeit und ich werde euch das Zeichen geben zum Angriff.“
Nach einigen Minuten sagte der Engel: „Auf Brüder, greifet an die Hinteren, denn diese sind die Räuber, welche nichts tragen.“ In diesem Augenblick stand wie aus dem Grabe hervorgezaubert eine mächtige Gesellschaft vor den Räubern, welche wie starr vor Schrecken dastanden und nicht wussten, was sie gegen so viele anfangen sollten. Unsere Gesellschaft, selbstverständlich die Männer, traten wie Gewalthabende auf die Räuber zu und fragten sie barsch: „Was gibt’s da? Was haben euch diese getan, dass ihr sie wie Gefangene vor euch hertreibet? Was tragen die Gefangenen auf ihren Rücken?“
Die Räuber sagten: „Das sind unsere Diener und müssen tun, was wir ihnen befehlen.“ „So,“ sagte die Gesellschaft, „das sind eure Diener? Und diese weinen und klagen über das Unrecht, welches ihnen widerfahren ist. Wir werden bald sehen, wie sich die Sache verhält.“ Darauf lief einer zu den Tragenden und hieß sie stehen bleiben. Weil diese auch arme Sünder waren, so hatten sie auch zu wenig geistigen Lichtes gehabt, um beim Vorübergehen die lagernde Gesellschaft zu sehen. Daher erschraken sie auch und fragten, was es da gebe, da sie hinter sich streiten und schreien hörten. Der Bote aber befahl ihnen umzukehren und zurückzugehen, damit die Wahrheit an den Tag komme. Die Tragenden kehrten um und gingen zu ihren Treibern, wo sie die Gesellschaft empfing und sagte, sie sollen die Wahrheit reden von dem, was da vorging, damit sie wüsste darnach zu handeln.
Die Gefangenen erzählten nun die ganze Geschichte, die ihnen widerfahren und baten um Hilfe gegen die Räuber ihrer Habe und Bedrücker ihrer körperlichen Freiheit. „Ah, solche Diener sind das! Ihr seid also Räuber, ein loses und böses Gesindel! Gut, es soll euch das Recht der Räuber geschehen. Wie ihr anderen tut, so werden wir euch tun, ihr Raubvögel! Ihr kommt nicht mehr aus unseren Händen.“
Darauf antwortete der Anführer: „Wir waren auf der Erde Räuber und Diebe, dort hat man uns verfolgt und verschiedenartig unschädlich gemacht. Hier in der Geisterwelt haben wir uns wieder zusammengefunden und betrieben bis jetzt unser Räuberhandwerk unangefochten weiter. Was wollt ihr von uns? Wer hat euch uns zu Schergen aufgestellt? Wer ist euer Gesetzgeber und Herr? Wir kennen hier niemanden, der ein Recht über uns hätte, denn hier lebt jeder, wie ihm beliebt und so auch wir. Was wollt ihr also von uns? Wir sind freie Bürger des Geisterreiches und lassen uns keine eigenmächtigen Gesetze von Menschen aufdrängen. Wir sind und bleiben Diebe und Räuber und ihr bleibet, was ihr seid. Lasset uns in Ruhe, wie wir auch euch in Ruhe lassen.“
Auf diese kecke Antwort des Anführers sagte Martin Luther: „Oh ja, es ist leicht, so zu sprechen, weil ihr sehet, dass wir in großer Überzahl sind. Warum habt ihr nicht zu diesen Armen so gesprochen und sie in Ruhe gelassen? Eure Friedensliebe zeigt sich nur uns, nicht aber diesen Armen gegenüber, die ihr überfallen, beraubt und zu Gefangenen gemacht habt. Wartet ein wenig, wir werden euch gleich Recht schaffen nach eurer Gerechtigkeit. Einstweilen seid ihr unsere Gefangenen und diese unsere Befreiten, die ihr zu Gefangenen gemacht habt. Doch wartet, wir sind noch nicht fertig. Wo wohnt ihr, seid ihr noch mehrere, habt ihr noch andere Gefangene zu Hause?“
Diese Frage kam den Räubern unverhofft. Daher schauten sie einer den anderen mit ängstlichen Blicken an und schwiegen. Nun trat Martin Luther vor den Anführer und sagte: „Ihr seid unsere Gefangenen und wir sind daran, euer Räubernest aufzusuchen und zu zerstören, daher saget uns, wo ihr her seid?“
Auf diese Worte Martin Luthers entgegnete der Anführer: „Wir sind viele und wehe euch, wenn ihr uns nicht los und unbehelligt nach Hause ziehen lasset. Es werden unsere Brüder kommen und sich rächen an euch, denn sie sind zahlreich und mächtig. Daher kann ich euch unser Nest, wie du sagst, nicht nennen noch zeigen.“ „Schon gut, mein Lieber“, erwiderte Martin Luther, „ich sage dir, dass wir uns vor deiner Drohung nicht fürchten, sondern dass wir nach unserem Gutfinden handeln werden.“
(Des Engels Aufklärung, wie es mit den Aussagen der Räuber beschaffen sei, und
wie die Nächstenliebe an den Gefangenen geübt werden soll. Reise in das
Räubernest und Gefangennahme aller Räuber samt ihren vielen Gefangenen. Die
von Räubern Gefangenen erkannten in ihren Rettern ihre Glaubensgenossen und
waren voller Freude darüber.)
Darauf trat Martin Luther zum Engel und fragte ihn, wie es mit der Wahrheit dieser Aussage des Räubers beschaffen sei. Der Engel antwortete, dass das Land, welches diese Räuber innehaben, mehrere Stunden entfernt wäre, dass aber nur wenige Räuber zu Hause wären, dagegen desto mehr Gefangene, welche für diese arbeiten müssen.
Nun fragte Luther, ob es nicht geraten wäre, diese armen Gefangenen zu erlösen und sie nach Hause zu schicken, worauf der Engel erwiderte: „Oh ja, aber sie nach Hause zu schicken, damit sind die Werke der Nächstenliebe nicht beendet, auch nicht mit der bloßen Erlösung der Gefangenen. Hier ist Leibes- und Geistesnahrung, Erlösung aus der Gefangenschaft, Bekleiden usw. nötig. Die Zahl der Gefangenen ist groß, daher auch groß die Betätigung der Nächstenliebe, welche von euch gefordert wird. Aber auch die Räuber benötigen ihre Erlösung. Mit den körperlichen Strafen wie auf der Erde ist es hier nichts, wenigstens in der Gesellschaft des Vaters nicht. Daher ist hier eine große, große Arbeit. Ich bin euer Lehrer und Leiter, du der Ausführer dieser Lehre und Leitung, mache dich daher auf und denke nach, wie du diese Räuber und Gefangenen zum Vater als bekehrte und belehrte Kinder bringen wirst.“
Diese Worte des Engels brachten den Martin Luther zum Nachdenken und er beschloss, alles zu tun, was nötig sein würde. Daher bat er den Engel, er möchte ihm mit Rat und Tat behilflich sein, was ihm der Engel laut seinen Instruktionen von Mir wird raten und tun dürfen, auf dass er seine Aufgabe gut verrichten könnte.
Nach diesen Worten ging Martin Luther wieder zu den Räubern und teilte ihnen seinen Entschluss mit, trotz ihrer Warnung ihr Nest aufzusuchen und zerstören zu wollen. Die Räuber aber warnten ihn und sagten: „Du sollst dich in acht nehmen, damit du samt deiner Gesellschaft nicht auch unser Gefangener werden wirst.“ Martin Luther, da er den Sachverhalt kannte, sagte ihm kalt: „Und trotzdem will ich mein Glück probieren, je größer die Beute, desto größer die Freude.“ Darauf schwiegen die Räuber.
Nun wandte er sich zu den Gefangenen und sagte ihnen: „Euch geschieht nichts. Das einzige was ich verlange, ist, dass ihr uns in das Gebiet dieser Räuber folgt mit eurer Habe, damit wir auch die Gefangenen, die schon dort sind, befreien und geistig und leiblich stärken und belehren.“ Da ihm der Engel den Weg gezeigt hatte, wo das Land dieser Räuber lag, befahl Martin Luther seiner Gesellschaft, die Räuber in ihre Mitte zu nehmen und ihm nachzufolgen.
Jetzt brach die riesengroße Karawane auf und ging dem Martin Luther und dem Engel nach, welche voranschritten. Nach einer Wanderung von sechs Stunden kamen sie in die Gegend, welche die Räuber mit ihren Gefangenen bewohnten, und umzingelten das ganze große Nest. Als die zu Hause gebliebenen Räuber sahen, was geschehen war, blieben sie ruhig und warteten der Ereignisse, die da folgen dürften.
Die Gesellschaft machte kurzen Prozess, sie ergriff die Räuber und gesellte sie zu den zuerst Gefangenen, indem sie sagte: „Seht, die Zahl ist nicht so groß wie ihr uns vormachen wolltet“. Diese aber schwiegen, weil sie einsahen, dass vor dieser Riesenzahl Menschen keine Rettung mehr zu suchen, noch zu finden sei. Den Gefangenen wurde bedeutet, dass sie ruhig sein sollen, denn sie würden in Freiheit gesetzt, und ihnen werde alles Recht geschehen, welches sie bedürften.
Diese Nachricht machte die Gefangenen frohlocken und sie riefen voller Freude: „Gott sei Lob und Dank, dass wir endlich erlöst werden von unseren Bedrückern und Peinigern. Liebe Leute! Lasset uns bald heimziehen, denn wir sind ruhige Leute, die niemandem etwas zu Leid tun, und haben mit den Räubern nichts gemein, als dass sie uns überfallen, beraubt und als Gefangene und Sklaven hierher gebracht haben, von wo wir nicht entfliehen konnten. Nun aber hoffen wir wieder glücklich in unser Land zurückkehren und dort wohnen zu dürfen. Daher haltet uns nicht länger hier, denn wir haben große Lust, unsere eigene Erde wieder betreten und dort wohnen zu dürfen.“
Als die Gefangenen ihre Rede und Bitte beendet haben, sagte Martin Luther: „Liebe Brüder in Christo, gerne würde ich eurem Wunsche willfahren, aber sogleich geht das nicht. Ich muss zuvor eine Prüfung mit euch vornehmen, wie es um euer Seelenheil beschaffen ist. Daher gebet mir eine wahre Auskunft über alles, was ich euch befragen werde.“ Ängstlich schauten die Gefangenen drein, als sie hörten, dass es sich um eine Glaubensprüfung handle, vor der sie eben Furcht hatten, weil sie sich vorstellten, wie es ihnen auf der Erde der Religion halber ergangen war.
Daher sagten sie: „Lieber, guter Mann, wir bitten dich, lasse uns glauben was wir wollen. Schau! Der liebe Gott fragte uns um keinen Glauben, so lasse auch du uns ungeschoren.“ Diese in der Angst ihres Herzens hervorgebrachte Bitte hatte aber darin ihren Grund: Sie glaubten, dass sie es mit fanatischen römisch-katholischen Christenverfolgern zu tun hätten. Als aber Martin Luther ihnen bekannt gab, dass sie nichts zu fürchten hätten, da sie nur in der echten Christuslehre der Bibel unterrichtet werden sollten, da fragten sie hastig: „Seid ihr vielleicht Protestanten?“
Auf die Bejahung dieser Frage hin erhoben sich alle und sagten: „Lieber Vater im Himmel, wir danken Dir für diese Gnade, dass Du unsere Glaubensgenossen uns zur Errettung gesandt hast. Nun sind wir doppelt schuldig, Dir zu danken, da du uns erstens die Freiheit geben willst und zweitens unsere Glaubensgenossen dazu erwählt hast, die uns befreien und noch belehren wollen.“ Die Dankrede der Geretteten machte alle hocherfreut, ihre eigenen Glaubensbrüder gefunden zu haben, denen sie in geistiger und leiblicher Art helfen konnten.
(Frage an die Räuber, wie sie sich erlauben können, andere zu Sklaven zu
machen, für sich aber die Freiheit zu beanspruchen, da es nach ihrer eigenen
Auskunft im Geisterreich keine Amtsgerechtigkeit gebe. Die Räuber schwiegen
und bedeuteten damit, dass sie tatsächlich Verbrecher seien. Weitere
Aufklärungen der Räuber, besonders über das unrichtige Gerichtsverfahren auf
der Erde, das Schicksal der Räuber auf der Erde und die Lebensweise der
Reichen.)
Nach dieser Szene wandten sich alle zu den Räubern und fragten sie, wie sie dazu kämen, da es im Geisterreich keine Sklaverei gebe, diese hier eingeführt zu haben, und die Menschen zu zwingen, Frondienste zu leisten, zumal sie ja selber beteuerten, dass hier im Geisterreich keine Amtsgerechtigkeit existiere, welcher sie untertan wären.
„Wenn es aber im Geisterreich tatsächlich kein Gericht, keine Einschränkung der persönlichen Freiheit gibt, nun fragen wir euch: Wie kommt ihr dazu, anderen die Freiheit zu rauben und sie zu Leibeigenen zu machen, während ihr stolz für euch die vollkommene Freiheit verlangt?“ Diese Frage machte einen scharfen Eindruck auf die Räuber und sie wurden durch die Worte, die sie selber sprachen, ihres Verbrechens überwiesen. Daher schwiegen sie, wohl wissend, dass hier jede Ausrede keine Ausrede, sondern nur eine größere Verantwortung herausbilden würde. Da die Räuber keine Worte der Selbstverteidigung fanden, sagten die Umstehenden: „Euer Schweigen ist euer Beteuern, dass ihr Verbrecher und Räuber an diesen Armen, bisher euren Gefangenen, seid. Was ist also eure Antwort auf unsere Rechtsfrage?“
Die Räuber machten hier eine recht saure Miene und sagten: „Wir sind dieses Räuberhandwerk schon von der Erde her gewöhnt, und hier wussten wir auch nichts anderes anzufangen. Und das schon besonders deshalb nicht, weil uns keine Polizei verfolgte und kein Mensch unserem Tun Schranken setzte. Ihr seid die ersten, welche uns nach dem Gerichtsrechte auf der Erde ergriffen und zur Verantwortung gezogen haben. Was sollen wir euch antworten? Nach der irdischen Gerechtigkeit sind wir Räuber und Missetäter, und ihr habt uns als solche ergriffen und habt die Macht über uns. Wir müssen uns beugen, ob guter oder schlechter Laune. Tut was ihr wollt, wir sind eure Gefangenen und da wir nicht mehr sterblich sind, so lasset eine Gerechtigkeit walten, nach welcher wir bessere Menschen werden. Nicht aber wie auf der Erde, die bar aller Liebe nur strafte aber nicht besserte, sondern uns noch böser und heimtückischer machte, als wir früher waren.
Denn die Menschen auf der Erde sind herzlos gegen Arme und Bedürftige und daher kommt das Böse, die Sünde, weil man essen muss, um zu leben, aber nicht immer die Arbeit hat, um zu verdienen, während die Reichen in ihrem Überfluss schwelgen und nicht wissen, wie sie diesen ihren Überfluss im Hochgenuss des Lebens anbringen können. Es ist wohl ein trauriges Schicksal, wie ein wildes Tier im Waldesdickicht, in Berglöchern und in unzugänglichen Schluchten und Verstecklöchern zu wohnen, nichts zu essen noch zu trinken zu haben, allem Unwetter ausgesetzt zu sein und ohne ein friedliches Dach über sich zu sehen.
Ja, da wird man ein Tier, und zwar ein wildes, racheschnaubendes Tier gegen die Reichen und Besitzenden, die in schönen, palastartigen Häusern wohnen, gut essen und trinken, Theater und Bälle besuchen und jedes Vergnügen des Lebens zu ihrem eigenen machen, um nur mehr Geld zu vergeuden, das sie aus dem Blute der Armen und Unterdrückten herausgepresst haben. Seht, das ist die Ursache unseres verfallenen Lebenswandels und nichts anderes.
Zeiget uns Menschen, die ein liebevolles Herz haben und uns als Menschen und Brüder behandeln wollen, und ihr werdet sehen, dass wir uns als Menschen und Brüder gegen sie zeigen und ihr Los mit ihnen teilen werden. So lange aber die Menschen mit nichts als mit ihrer kaltblütigen Gerechtigkeit gegen uns auftreten und handeln, solange sind und bleiben wir Feinde der Menschen. Das ist unsere Antwort auf eure Frage, und nun handelt nach eurem Gutdünken mit uns.“
(Martin Luther nahm die Räuber als Brüder unter der Bedingung auf, dass sie
nach göttlichen Geboten leben sollen. Gebet des Engels vor der Mahlzeit.
Aufgang einer hell strahlenden Glühkugel. Bewirtung der zu Brüdern
aufgenommenen Räuber und Gefangenen.)
Nach dieser zutreffenden Antwort der Räuber sagte Martin Luther zu ihnen: „Nicht als Räuber und Verbrecher wollen wir euch ansehen und behandeln, sondern als Menschen und Brüder. Aber es bedarf einer gewissen Vorsicht bei allem und so auch bei diesem Eingehen auf euren Wunsch. Ihr müsset euch so betragen, dass wir daraus entnehmen, dass ihr einer brüderlichen Behandlung wert seid. Und wenn wir euch als Brüder in unserer Gesellschaft betrachten, so müsset ihr dasselbe tun und glauben, was wir tun und glauben. Dann erst seid ihr in allem uns gleich, aber nicht ohne weiteres, auf die bloße Zusage hin. Wir müssen Beweise eurer Aufrichtigkeit haben, wir müssen euch vorher von allem unterrichten, was zu eurem Leben unter uns nötig ist, dann erst werden wir Brüder und Freunde im wahren Sinne des Wortes sein.
Nun stelle ich euch einige Fragen, die ihr uns mit ganzer Aufrichtigkeit beantworten sollt, damit wir wissen, wie wir mit euch daran sind, denn davon hängt eure Zukunft, euer Glück und eure Glückseligkeit ab.“
Auf
diese ernste, vorsichtige und doch nur Gutes wollende Sprache des Martin
Luther waren die Räuber nicht gefasst, daher sagte der Anführer: „Freund! Du
scheinst besondere Ziele mit uns vorzuhaben, wir finden deine Sprache
wohlwollend uns gegenüber, aber etwas zu vorsichtig. Schau, was können wir
tun gegen euch? Wie sollen wir Böses meinen, da wir doch eure Gefangenen sind
und als Menschen behandelt werden. Siehe, du versprichst, uns als Brüder zu
behandeln, so tue das!
Du siehst ja selber ein, dass wir euch nicht entfliehen können, wir sind kaum zweitausend und ihr seid sicher über hunderttausend, also wozu diese Vorsicht? Nur frei heraus mit dem Worte, wir sind bereit, alles zu tun, was ihr uns als Brüder freundlich zu tun sagen werdet. Siehst du, das ist unsere vollwahre Antwort, denn was ich sage, das sagen alle, wir sind ein Herz und eine Seele und alle werden das tun, was ich tun werde.“
Diese offene Antwort des Anführers der Räuber gefiel allen, daher sagte Martin Luther: „Gut, ich will sehen, wie sich die Sache machen wird. Vor allem frage ich euch, ob ihr hungrig und durstig seid, denn ich weiß, dass man auch im Geisterreich der Speise und des Getränkes bedarf, obzwar nicht materiell nach irdischer Art, aber desto mehr nach geistiger, seelischer Art. Daher Brüder im Herrn, unserem Vater Jesus, saget uns, ob ihr hungrig und durstig seid!“
Der Anführer der Räuber machte auf diese freundliche Anfrage eine lachende Miene und meinte: „Ob wir hungrig und durstig sind, fragst du? Bringe nur was zu trinken und zu essen, denn wir sind sogar sehr hungrig und warten, von wo uns etwas geboten wird, um unseren Hunger und Durst zu stillen.“ Nun wendete sich Martin Luther an seine Gesellschaft und sagte ihnen, sie möchten von ihrem Vorrate den Armen etwas vorlegen, dass sie ihren Hunger und Durst stillen könnten, denn hier wäre gleich der Ort, die Betätigung der Nächstenliebe in der Tat zu zeigen.
Als die Brüder das nun hörten, sagten sie: „Nicht nur diese, sondern auch die Gefangenen und nun Befreiten wollen wir speisen. Wer Hunger und Durst hat, setze sich nieder und wir wollen mit ihm unseren Imbiss teilen, denn auch wir sind schon hungrig und brauchen eine Leibesstärkung.“ Zur größten Freude der Gesellschaft setzten sich alle nieder, deren es bei 10.000 Köpfe gab, und schauten freundlich zu ihren Wohltätern, was ihnen diese bieten werden.
Als dies geschehen, trat Martin Luther vor die Gesellschaft und sagte: „Liebe Brüder, der gute himmlische Vater gab uns die Gelegenheit, die Nächstenliebe an diesen Armen zu üben. Daher ergreife ein jeder diese Gelegenheit und tue das Möglichste, damit unser Vater Jesus, der nicht nur in uns, sondern auch in diesen unseren Brüdern und Schwestern vollwahr lebt, mit Freude auf uns schauen und uns segnen wird, denn Er sagte ja selber: ,Was ihr dem Geringsten Meiner Kinder tut, gilt bei Mir soviel, als hättet ihr es Mir getan.’ Diese Worte unseres lieben Vaters sagen euch alles: Ihr gebet Seinen Kindern und dadurch gebet ihr Ihm selber, weil Er Selber als Geist des Menschen in jedem dieser unserer neu erworbenen Brüder lebt. Daher tue ein jeder mit Liebe, Demut und Freude seinem Nächsten das, was er wünschte, das ihm der Nächste täte, wenn er seiner bedürfte.“
Diese vielsagenden Worte Martin Luthers wurden mit Begeisterung aufgenommen und nun suchte ein jeder nach seinem Vorrat, um ihn mit den neuen Brüdern und Schwestern zu teilen. In kurzer Zeit ging es da zu wie auf einer Hochzeit, so dass alle in die fröhlichste Stimmung gerieten. In diesem Moment trat der Engel hervor und bedeutete mit der Hand, dass alle schweigen sollen und zuhören. Dieses geschah im schnellsten Augenblick, denn im Geisterreich geht es bei einer solchen Gelegenheit nicht durch Schreien, sondern durchs Gemüt, wie ein elektrischer Strom.
Als nun alle ruhig und aufmerksam auf die Rede des Engels lauschten, fing dieser an, folgende Rede zu halten: „Liebe Brüder und Schwestern! Die Liebe unseres guten Vaters Jesus gab uns zu essen und zu trinken. Daher ist es unsere Aufgabe, bevor wir zu essen anfangen, den lieben Vater um Seinen Segen zu bitten, damit das, was wir genießen, Ihm zum Lobe und zur Verherrlichung Seiner Ehre aufgeopfert werde. Lasset mich daher ein kurzes Gebet zum Vater senden, damit Sein Segen uns zuteil werde und wir alles mit Seinem Segen anfangen und zu Seiner Ehre vollenden.“
Nach dieser Rede streckte der Engel seine Hände gegen und über die Versammelten und sprach: „Lieber und guter Vater Jesus! Wir, Deine Dich liebenden Kinder, bitten Dich demütig, schaue gnädig auf uns von Deiner Gnadenhöhe und segne uns und unsere Speisen und Getränke, damit wir sie in Liebe zu Dir, und zu Deiner alleinigen Ehre aufgeopfert, verzehren!“ Diese Rede und Bitte ließ Ich damit als gut aufgenommen beantworten, dass Ich eine glühende Kugel wie eine Sonne am Firmament erscheinen ließ, welche die Gegend hell beleuchtete und die ganze Gesellschaft mit strahlendem Licht übergoss.
Im ersten Augenblick war die ganze Gesellschaft, besonders aber die Räuber und die befreiten Gefangenen, ganz überrascht, denn ein solches Licht waren sie in der Geisterwelt nicht mehr gewöhnt. Als sie sich aber von der ersten Überraschung erholt hatten, fingen sie zu jubeln und sich zu freuen an, da sie so sichtbar das Wohlwollen des himmlischen Vaters bemerkten, und fragten nach allen Seiten, wer der junge Mann sei, in dessen Gebet eine solche Kraft lag, dass ihn der himmlische Vater sogleich und so herrlich erhört hatte. Die Brüder aus der großen Gesellschaft brachten ihnen schonend bei, dass das ein Engel und Leiter der Gesellschaft sei. Diese Worte waren geeignet, die neuen Brüder in die größte Freude zu versetzen, und aus aller Munde hörte man nun Worte der Freude, der Hoffnung und der Liebe erschallen.
Als die Aufregung etwas nachließ, sagte wieder der Engel: „Brüder und Schwestern, der liebe Vater Jesus hat uns Sein Wohlgefallen durch das herrliche Licht kundgegeben, darum sage ich euch: Setzet euch nieder, esset, trinket und denket dabei, dass dieser gute Vater, der uns zum Essen und Trinken Seinen Segen durch das herrliche Licht kund gab, einst vor 1500 Jahren dasselbe in Gesellschaft Seiner Jünger vornahm und sagte: ,So oft ihr das tut, gedenket Mein!’ Also tuet auch ihr heute und denket an den lieben Vater, der einst für uns Sein Blut und Leben als Sühne für die Erbsünde am Kreuze hingab.“
Nach diesen Worten des Engels wurde alles stille und jeder verzehrte sein Essen in stillen Gedanken an Den, der einst so schrecklich litt - und nun euer aller Vater ist.
(Der Engel dankte im Namen aller für die eingenommene Mahlzeit. Die für eine
kurze Zeit leuchtende Glühkugel erlosch langsam. Dank der Beteiligten ihren Wohltätern.
Frage Martin Luthers an die Räuber um ihre Glaubensanschauung und ob sie
mitgehen wollen auf die Reise zur Seligkeit. Der Anführer ist einverstanden,
die Übrigen zaudern wegen der schwer zu erfüllenden Anforderungen dazu.)
Als das Essen zu Ende war, stand wieder der Engel auf und sprach zur Gesellschaft: „Liebe Brüder und Schwestern, unser Imbiss ist beendet und wir sind wieder gestärkt für ein neues Leben. Dafür ist es unsere Pflicht, dem lieben Vater für das Genossene kindlich zu danken.“
Nach diesen Worten faltete der Engel seine Hände zum Gebet und sagte: „Lieber guter Vater, unsere Mahlzeit ist beendet und wir erheben unsere Herzen in dankbarer Liebe zu Dir und sagen: Lieber, heiliger Vater unser aller, wir danken Dir aus der Tiefe unseres Herzens für das Genossene und bitten Dich demütig: Lieber Vater! Nimm unseren Dank, den wir Dir aus der Tiefe unseres liebenden Herzens emporsenden, zu Deiner Ehre auf und schenke uns auch fernerhin Deine Liebe und Gnade. Amen.“
Nach verrichtetem Dankgebet ließ Ich die leuchtende Kugel langsam in Rot übergehen, welches eine, wie ihr sagt, bengalische Beleuchtung machte, und nach und nach auslöschen, worauf der Engel bemerkte, dass diese Kugel nur ein liebevolles Wohlwollen von Meiner Seite ausdrückte und somit nur eine kurze Zeit am Firmament leuchten konnte, worauf alle befriedigt und beruhigt wurden. Die Mahlzeit war nun beendet, daher bedankte sich jeder noch separat bei seinem Bruder, der seinen Imbiss mit ihm teilte, wodurch die Freundschaft ihre Fesseln enger um die Gesellschaft zog, und alle sich als Brüder und Schwestern eines Vaters glücklich untereinander fühlten.
Die
Gesellschaft erhob sich und Martin Luther trat wieder vor die Räuber und
sagte: „Liebe Brüder, die Gnade des himmlischen Vaters wurde uns allen
gleichmäßig zuteil. Daraus ersehet ihr, dass wir vor Gott alle gleich sind,
und dass der liebe Vater Jesus nur Seine Kinder sieht, während sich die
Menschen in Klassen, Besitzende und Dienende, Freunde und Feinde teilen. Dass
dieses unrichtig ist, davon habt ihr euch aus der direkten Äußerung des
Vaters durch die leuchtende Kugel überzeugt., daher dürfet ihr überzeugt
sein, dass auch wir nicht anders gegen euch handeln werden, wie Brüder gegen
Brüder und Schwestern gegen Schwestern handeln.
Da ihr dessen, wie ich denke, überzeugt seid, so komme ich zu euch mit der zweiten Frage, welche euer geistiges Leben betrifft, nämlich: Liebe Brüder, saget mir, wie steht es um eure Glaubensanschauung? Ist es euch leid, bisher Böses an Menschen begangen zu haben? Wollt ihr die wahre Religion Jesu, unseres Vaters, befolgen? Wollt ihr mit uns, die wir in Begleitung des Engels zum Vater wandeln, mitgehen? Drücket euch nur klar aus! Ihr habet gesehen das Wohlwollen unseres Vaters Jesus; ihr wisset, dass Sein Engel unter uns, und unser Lehrer und Leiter ist; ihr habet Beweise, dass wir am rechten Wege sind, der uns ins Paradies und mit der Zeit zum Vater bringen muss. Daher könnet auch ihr bei uns recht bald am Ziel eures Glücks sein. Saget uns, was ist eure Meinung und Absicht, von nun an anzufangen?“
Der Anführer musterte seine Genossen eine Zeit lang und erkundigte sich nach ihren Anschauungen über diese neue Lage und sagte, nachdem er seine Erkundigungen eingezogen, zum Martin Luther: „Freund und Bruder, was mich anbetrifft, bin ich der deinige, nicht so meine Kameraden; sie fürchten sich, dass der Weg für sie zu beschwerlich wird und das Ziel nicht erreicht werden könnte. Daher musst du ihnen schon genauer erklären, was du von ihnen verlangst. Was die Religion betrifft, das verstehst du schon von selbst, dass ein Räuber kein Betbruder ist. Und daher wird es dir viel Mühe kosten, Leute, die kein Verlangen nach einer Religion haben, für diese schwärmen zu machen. Doch will ich keinen Propheten abgeben, denn ich weiß nur für mich, wie ich darüber denke, und das habe ich dir bereits mitgeteilt.“
(Riesenirrtum Martin Luthers, dass der Mensch bloß durch den Glauben selig
wird und die unheilvollsten Folgen davon für die Protestanten. Dafür ein
Licht als Beispiel aus des Samariters Nächstenliebe. Erdrückende
Gewissensbisse Martin Luthers, weil er das Gefehlte nicht widerrufen konnte.
Wiederaufrichtung Martin Luthers durch den Engel.)
Diese Mitteilung des Räuberanführers machte unseren Martin stutzen. Und da er nicht recht wusste, was er anfangen sollte, wandte er sich an den Engel und bat ihn, er möge ihm mit Rat und Tat behilflich sein, was mit diesen zweitausend Räubern zu tun sei, da sie zur Religion keine Lust und kein Verlangen hätten?
Der Engel schaute ihn freundlich an und sagte: „Weißt du nicht, dass der Herr an einem einzigen Sünder, der sich bekehrt, mehr Freude hat, als an 99 Gerechten, die Seiner nicht benötigen. Und siehe, hier ist nicht ein einziger, sondern es gibt deren über 2000. Denke dir, welches Verdienstes du dich entschlägst, wenn du sie gehen lässt, ohne sie zu bekehren!
Denke dir, diese große Arbeit dient dir als Entschädigung für die großen Irrtümer, die du in die protestantische Religion eingetragen hast, wovon bei meiner Ankunft die Rede war. Gelingt es dir, diese zu bekehren und als reuige Sünder zum Vater zu bringen, dann darfst du versichert sein, dass dir alles verziehen wird. Denn denke an die Millionen Menschen, welche durch deine Irrlehre keinen besonderen Wert auf die Werke der Nächstenliebe legen. Und doch sind es diese einzig und allein, welche den Menschen im Geisterreich glücklich machen. Also denke nach, welche unglückseligste Lehre du aufgebracht hast, und dass alle Protestanten durch Jahrhunderte hindurch diese beibehalten und ohne oder mit sehr wenigen Werken der echten christlichen Liebe im Geisterreich ankommen werden, - also eine Menge Werke, mit denen sie den Himmel erkaufen könnten, gering schätzen, weil die Lehre des Glaubens, der Rechtfertigung vor Gott und Sündentilgung eine falsche oder Irrlehre ist.
Hat nicht der Herr durch das Beispiel vom barmherzigen Samariter gezeigt, worin die Liebe zum Nächsten besteht? Du hast aber eine Lehre aufgestellt, nach welcher die Lehre der menschlichen Sündlosigkeit und der Achtlosigkeit in der Nächstenliebebetätigung herauswachsen muss, so dass wegen deiner so viele Menschen auf Erden ihr Lebensziel verfehlen werden. Du hast zwar keine unseligen Dogmen wie die Päpste aufgebracht, durch welche die Gläubigen höchst unglücklich im Geisterreich ankommen, aber du hast die Sorglosigkeit des Lebens aufgestellt, weil das Blut Jesu Christi die Protestanten rein von Sünden macht. Daher werden unzählige Protestanten, auf diese Irrlehre bauend, gedankenlos sündigen und leben. Denke dir, welches Unglück du über viele Millionen Seelen gebracht hast, und betrachte deine jetzige Arbeit, wie gering sie gegen deine große Sünde ist; und du wirst Mut bekommen, einzugreifen und nicht nachzulassen, bis du dein Ziel erreicht hast.“
Das war
eine Antwort und Aufklärung des Engels, die den Martin Luther nahezu erdrückt
hatte. Stumm und erschrocken stand er da und dachte nach, was er getan hatte.
Nichts kränkte ihn mehr, als dass diese Irrlehren wie ein fressender Krebs am
Leibe der protestantischen Glaubensbekenner bleiben und fort und fort ihren
Giftstoff ausbreiten und vermehren werden. Oh, das war ein schrecklicher
Gedanke für den armen, viel geplagten Glaubenslehrer im Leben. Was hätte er
nicht gern alles ausgestanden, wenn er nur wieder auf die Welt treten und
seine Irrlehren widerrufen könnte?
Aber
die Grabeshülle deckte seinen irdischen Leib, und keine Hoffnung war mehr
vorhanden, diese großen, erdrückenden Seelenleiden des Mannes zu heben. ,Die
Toten reden nicht mehr unter den Lebenden’, ward hier zu einer grausamen
Wahrheit. Hinter der Grabestür ist kein Zurücktreten, kein Umändern möglich:
was du gesät, das wirst du ernten. Wehe dir, wenn du Unkraut gesät hast, es
wird groß wachsen und seine Umgebung zu unterdrücken anfangen und womöglich
auch ganz unterdrücken.
So stand nun unser Glaubensheld, zerknirscht von der Reue über seine Fehler, ohne Hoffnung, ohne Licht, wie er das alles gut machen könnte, was er so ungeheuer verfehlt aufgebaut hatte. Lange stand er so da in traurigen Gedanken vertieft und dachte hin und her, ob es da gar keinen Ausweg gäbe, der doch einigermaßen das Verfehlte gutmachen könnte. Er fand nichts als hohle Räume der Unendlichkeit der Gedanken und Pläne.
Als er
noch so stumm und in sich versunken dastand, klopfte der Engel auf seine
Schulter, weckte ihn auf aus seiner Vertiefung und sagte: „Freund und Bruder,
ich sehe deine Schmerzen und Leiden, die dich betrüben. Gehe, wache auf zu
frischer Tat, denn denke, der Herr hat noch genug Werkzeuge auf der Welt. Und
wenn Er es für gut finden wird, so wird Er schon deine Fehler ausbessern; ist
dies nicht der Fall, dann werden sie hier im Geisterreich ausgebessert
werden, wenn auch hundertfach schwieriger und langsamer als auf der Welt, die
eine Gnadenschule für die Fleischprüfung der Menschen ist.
Siehe, das Neue Testament wird in allen protestantischen Familien gelesen. Glaubst du, dass die übrigen Lehren, welche von der Nächstenliebe predigen, wirklich von allen Protestanten übersehen werden? Glaube das nicht, es wird auch Millionen solcher geben, welche zwar deine Glaubenssätze fest halten werden, aber sie werden auch die Lehren der Apostel beherzigen, welche von der Keuschheit des Leibes und der Seele und vom Wohltun dem Nächsten predigen, - beherzigen und minder oder mehr sich darnach halten.
Daher raffe dich auf! Denke, der Herr ist barmherzig und Er wird schon tun, was zu tun nötig ist, und mache dich an deine Arbeit der Bekehrung der Räuber.“
(Martin Luther erwachte voll Freude über die Mitteilung des Engels wie aus einem schweren Traum der Gewissensbisse. Herrliche Weissagung über die Errichtung des göttlichen tausendjährigen Reiches der Liebe, Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit auf Erden.)
Diese
entscheidende Ermahnung und Aufmunterung wirkte wie ein wohltuender Balsam
auf das wunde und blutende Herz des großen Glaubenslehrers. Wie aus einem
schweren Traum erwacht, sah er den Engel an, der ihm eine so fröhliche
Hoffnung machte. Tränen der Dankbarkeit rollten über seine Wangen und
glitzerten wie Perlen im Lichte der Sonne.
Er raffte sich auf und fragte den Engel mit zitternder Stimme: „Freund, Bruder! Ist es möglich, dass der liebe Vater meinen Irrtum ausbessern wird? Ist es möglich, dass der Irrtum nicht zu großen Schaden anrichten wird, der mich nie eine fröhliche Stunde hier in der Geisterwelt erleben lassen möchte? Ja, wenn nur das möglich wäre, dann bin ich wiederaufgerichtet, dann will ich alles tun, was der liebevolle Vater Jesus von mir verlangen sollte. Denn das Glück meiner Glaubensgenossen ist auch mein Glück, mein Leben. Oh sage mir, lieber Bruder, wird das wohl zustande kommen?“
Der Engel betrachtete mit sichtbarer Freude den klagenden und doch in hoffnungsvoller Freude sprechenden Bruder Martin Luther und sagte, als dieser geendet hatte und fragende Augen auf ihn heftete: „Freund und Bruder, bei Gott ist alles möglich und der Vater ist pure Liebe, das besagt dir alles. Glaube, hoffe! Der Vater leitet Selber Seine Kinder, also wird Er sie sicher so leiten, dass am Ende alle zu Ihm kommen werden.
Die Heilige Schrift enthält alle Lehren, welche ein Christ benötigt, um glücklich ins Geisterreich zu kommen. Du hast noch niemandem vorgeschrieben, dass die anderen Lehren des Neuen Testaments überflüssig sind, sondern sie sind da für jedermann, und wenn sie zur Apostelzeit maßgebend waren, so werden doch die Menschen nicht denken, dass sie durch dich außer Kraft gesetzt worden sind. Die Denk- und Werkfaulen werden wohl immer das ergreifen, was sie nicht zwingt, irgend etwas sich zu entsagen und siehe, das ist und wird so sein in allen Religionen.
Schau die Räuber an, ich sage dir, da sind Protestanten und Katholische. Und siehe, kümmert sich einer außer dem Anführer um sein Seelenheil? Keiner, und so wird es auch viele unter der Schar der Lebenden und noch künftig auf die Erde Ankommenden geben, die kein Gewicht auf die Glaubenslehre legen werden. Was zu Gott mit allem Ernste streben wird, das wird auch die übrigen Gebote der Nächstenliebe befolgen. Was aber faul und selbstsüchtig ist, denen würden die besten Glaubensgesetze nichts nützen. Daher überlasse das dem lieben Vater, ich sage es dir, Er wird schon alles gut machen. Freilich wäre es gut, wenn die Lehre rein wäre wie zur Apostelzeit. Aber die Zeiten haben sich geändert, es wird das Unkraut fortwuchern und überall Böses erzeugen. Das aber nicht bloß in protestantischer, sondern auch in römischer Religion und in allen Kirchen und Sekten, die bereits bestehen und noch entstehen werden.
Aber es wird eine Zeit kommen nach einigen Jahrhunderten, wo große Glaubensnot herrschen wird. Das falsche Prophetentum wird sich mächtig ausbreiten und auch schnell wachsen. Aber auch der Herr wird da eingreifen und fördern Seine Sache. Auf einer Seite völlige Glaubenslosigkeit, auf der anderen das Suchen nach Gott wird die Welt in fieberhafte Zustände versetzen. Es werden allerlei falsche Propheten aufstehen und eine große Zahl Schriften verbreiten, um arglose Menschen in ihre Netze zu fangen und für ihre Ziele zu gebrauchen. Siehe, da wird der Herr erwecken viele Menschen, die auch für seine Sache die Lanze brechen werden; doch das werden nur grobe Vorarbeiter des Weges zum Weinberge des Herrn sein.
Der Herr wird aber Seine feinen Arbeiter in Seinem Weinberge selber leiten und sie belehren. Diese werden dann das eigentliche Zentrum, um welches sich zuletzt alles drehen wird. Auf diesen Arbeitern wird der Herr zuletzt Sein ewiges Reich des Geistes aufrichten und aufgrund dieser reinen Lehre wird sich dann die Herde unter einem ewigen Hirten Jesus Christus sammeln. Und aus den vielen christlichen Kirchen und Sekten wird eine neue Urkirche der Liebe ohne Priester und Zeremonien entstehen, denn der Vater wird Selber ihr Hohepriester, ihre Liebe sein, der für sie alle Sein Blut am Kreuze vergossen hat.
Die Liebe wird die Religion des tausendjährigen Reiches des Heiligen Geistes Jesu, unseres Gottes und Vaters. Magst du jetzt noch so gute Glaubenssätze aufstellen, sie würden doch denselben Weg gehen, wie ich ihn dir beschrieben habe. Weil die Priesterschaft auf einer Seite, die Regierung auf der anderen und somit alles Gebildete oder eigentlich religiös Verkommene auf der Welt sich die Hände reichen und die Religion und alles Wahre des Urchristentums vernichten werden. Wann aber diese Zeit auf den Gipfel ihrer Blüte gelangen wird, dann lieber Bruder, ist auch schon die Zeit da, dass der Herr gar gewaltig eingreifen und alles Satanische auf der Welt vernichten wird. Es wird da ein Jammern und Wehklagen der Menschen geben, aber es wird nichts mehr helfen; die Ereignisse werden wie ein Ungewitter nacheinander folgen und wehe den gottlosen Menschen. Man wird freilich zuletzt einsehen das Törichte des bisherigen Weltlebens, aber wer wird sich um das Vergangene kümmern?
Neues
Leben wird sich mit Sturmeseile verbreiten unter der Menschheit. Die falschen
Propheten werden ins Elend verfallen, während das arme Volk aufleben,
frohlocken und sich der neu
erstandenen Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit freuen wird. Der Herr
wird alsdann mächtige, gewalthabende Männer unter Seine Herde schicken, Sein
heiliges Evangelium zu predigen. Es wird ein Drängen und Fragen nach dem
rettenden Anker, wie es noch nie auf der Welt gewesen. Die Parole wird sein:
Für
oder gegen Christus. Lange wird der Kampf hin- und herwogen, aber die Macht
des Herrn wird gewaltig walten, - und wehe den Widersachern, sie werden
verweht wie der Staub vom Winde. Alles wird vernichtet, was die Menschen
erfunden und aufgebracht haben, um ihre Taschen zu füllen und durch die
Dummheit des blinden Volkes zu herrschen und es auszubeuten und zu
unterdrücken, bis endlich ein ewiger Sommer der göttlichen Liebe die Welt
beherrschen wird. Dann wird der Vater Selber unter Seinen Kindern mit Seinem
ganzen Neuen Jerusalem auf der Erde wohnen und ewig dableiben, und somit wird
diese satanische Erde zuletzt die Wohnung eines auserlesenen,
königlich-göttlichen Priestervolkes werden und daher sich in ein himmlisches
Paradies verwandeln.“
(Der Engel sagte, dass die Aufrichtung des tausendjährigen Reiches schon in
400 Jahren beendet wird und dass dann
die Menschen mit den Seligen des Neuen Jerusalems auf den lichten Gefilden
der Liebe wandeln werden, und Jesus wird der Menschen Gott, König, Richter
und liebevoller Vater sein. Große Freude Martin Luthers ob dieser Aufklärung,
seine Bitte um Hilfe bei der Bekehrung der Räuber, und die Erhörung derselben
durch Kraft- und Mutverleihung.)
Martin Luther stand wie bezaubert da und schaute dem sprechenden Engel zu, wie dieser ihm mit lebhaften Farben den Fortgang und das Ende aller Religionen schilderte. Als der Engel geendet hatte, fragte ihn Martin Luther, ob das wohl noch lange auf sich wird warten lassen. „Nein“, sagte der Engel, „bevor 400 Jahre vergehen, ist schon der ganze religiöse Kampf zu Ende und die Menschen werden mit Seligen des neuen Jerusalems wie Brüder verkehren und wie Kinder einer den anderen lieb haben. Es wird da heißen: Die Menschen wandeln in den sonnigen Gefilden der Liebe, und es wird ein Herz und ein Sinn die Menschen beherrschen. Sie werden wahre Brüder und Schwestern, ja sie werden Kinder Gottes genannt und der Vater wird ihr Gott, ihr König, ihr Richter und ihre Liebe. Niemand wird etwas mehr lieben als den Vater Jesus, und alle Liebe wird aus dem Vater sich über alle verbreiten. Dann wird aufhören das Reich der Lüge oder des Satans, denn die Wahrheit wird ihren Thron auf der Erde aufschlagen, und wo die Wahrheit, d.h. die göttliche Liebe mit der göttlichen Weisheit vereint regieren wird, dort wird aufhören alle Finsternis im Geistigen unter den Menschen.“
Diese Aufklärung belebte Martin Luther alle Fibern seines geistigen Leibes. Sein Antlitz leuchtete förmlich vor Freude und Liebe zum Vater Jesus, der als der Vollstrecker aller dieser himmlischen Zustände auf Erden genannt wurde. Nun sagte er zum Engel: „Lieber Freund und Bruder, du hast mich aus meiner Trauer gerissen und mich mit Liebe und Freude belebt, dass ich voll Eifer und Feuer für die gute Sache des Vaters geworden bin. Nun will ich nicht mehr auf die traurige Erde schauen, sondern alles der Waltung des lieben Vaters überlassen und mich ganz als Bewohner des geistigen Reiches des lieben Vaters Jesus betrachten. Und somit bin ich fest daran, nicht nachzulassen, bis ich die Räuber belehrt und bekehrt habe. Sie sind unsere Gefangenen, und daher bleiben sie bei uns, und da wird es nicht an Gelegenheiten fehlen, sie zu bekehren.“
Hier unterbrach ihn der Engel und sagte: „Bruder, hier im Geisterreich gibt es keine Gefangenen, wo wahre Christen wohnen. Also wirst du dich befreunden müssen mit der Tatsache, dass sie freie Bürger des Geisterreiches sind. Behandle sie als Brüder und sie werden dir gern zuhören, alles übrige ist deine Sache. Bitte daher den Vater um Seinen heiligen Beistand und mache dich an die Arbeit.“
Martin Luther zögerte nicht länger mit dem Beginn des Unterrichtes und kehrte sich mit dem Antlitz gegen Osten, kniete nieder und erhob seine Hände, sie faltend, und begann still und in sich gekehrt folgendermaßen zu beten: „Oh, lieber Vater, mein vielgeliebter Jesus und Erlöser, siehe gnädig auf mich, Deinen nichtswürdigen Knecht und hilf mir Du, dem nichts unmöglich, dass mir die große Arbeit, vor der ich bebe, zu Deiner Freude gelinge zu vollenden! Du weißt, lieber Vater, wie ich Dich liebe. Du weißt, wie mir alles daran gelegen ist, Dich zufrieden zu stellen, ja noch viel mehr, Dir eine Freude zu machen. Du weißt es, lieber Vater, wie mich meine Liebe zu Dir aufrecht erhielt, lange Jahre mit dem Mut eines Helden für Dich zu streiten und die große Arbeit der Bibelübersetzung und der Abfassung mehrerer Schriften aus Liebe zu Dir unermüdlich zu verfolgen und zu vollenden. Meine irdische Lebenszeit ist beendet und ich stehe vor Dir, Du mein heiliger Vater, als ein unwürdiger Sünder.
Oh Vater! Verzeihe mir meine großen Sünden und Vergehen gegen Dich und Deine Kinder! Du weißt es am besten, dass ich nicht aus Faulheit im Wirken des Guten und nicht aus irgendwelchen anderen Gründen hauptsächlich auf die besprochenen Lehrsätze gepocht habe. Es ist eine Tatsache, dass auf den Glauben, so z. B. bei Abraham, viel gesetzt wurde, denn er ist durch den Glauben bei Dir, lieber Vater, gerechtfertigt worden.
Daher lieber Vater, ich bitte Dich demütigst, vergib mir meine Fehler und nimm mich in Deine väterliche Liebe auf! Siehe, lieber guter Vater Jesus, wie möchte ich mich freuen, wenn ich könnte diese vielen und großen Sünder und Verbrecher bekehren und zu Dir als reuige Kinder bringen! Aber, oh Vater, wie kann ich das allein ins Werk setzen ohne Deine väterliche Hilfe? Ich sehe die Schwierigkeit und beinahe Unmöglichkeit ein, dies ins Werk zu setzen. Und doch liegt mir alles daran, Dich damit zu erfreuen. Denn für Dich lebte ich, für Dich starb ich und zu Dir zu kommen, ist mein einziges Verlangen. Ach Vater, erbarme Dich meiner und sende mir einen Strahl Deiner Liebe und Deiner Hilfe, damit mir das Werk gelingen möchte. Lieber Vater! Ich bitte, verlasse mich nicht in der schweren Arbeit, denn sie ist eine Prüfungsschule für mich, wie hoch meine Liebe zu Dir ist. Daher lieber Vater, verlasse mich nicht, sondern hilf mir, dass meine Bemühung ein glückliches Ende erreiche. Amen.“
Nach diesem Gebet, das er mit tränenden Augen sprach, wurde er von Mir gekräftigt, dass er voll Vertrauens auf das Gelingen seiner großen Aufgabe hoffte und sich fest vornahm, mit Meiner Hilfe, die gewiss nicht unterwegs bleiben werde, an seine Arbeit zu gehen. Nun stand er auf, geistig gekräftigt und schritt voll Vertrauens zum Gelingen der guten Sache zum Engel, ihm seinen festen Entschluss kundzugeben. Dann wandte er sich zu den Räubern und schritt langsam zu ihnen, stets Mich anrufend, dass Ich ihm helfen solle in dieser großen Stunde.
(Martin Luther hielt eine schöne Glaubensrede an die Räuber, und diese erklärten sich bereit, den Glauben nach der echten Gotteslehre anzunehmen. Angebotene Gelegenheit zur Erfüllung des Gebots der Nächstenliebe.)
Vor die
Räuber angekommen, begrüßte er sie mit folgender Ansprache: „Liebe Brüder und
Freunde in unserer freien Gemeinschaft! Ich grüße euch mit dem Gruße des
Vaters Jesus: Friede sei mit euch! Als ein Knecht, obwohl ein unwürdiger des
himmlischen Vaters, komme ich zu euch, um euch die Liebe des Vaters zu Seinen
Kinder zu verkünden. Nicht als Gefangene, sondern als unsere freien Mitbrüder
will ich euch behandeln und euch von unserem Lichte, unserer Gnade, die wir
vom lieben Vater haben, mitteilen.
Daher, liebe Brüder, habet keine Furcht vor mir und keine Bedenken gegen meine Worte, denn sie sind Worte der Liebe und des Wohlwollens zu euch allen. Wir verlangen nichts Ungewöhnliches und Unmögliches von euch. Nein, mein Vorschlag stützt sich auf die Worte unseres lieben Vaters, der zu uns spricht: ,Meine Bürde ist leicht und mein Joch sanft.’ Diese Worte unseres Vaters besagen euch alles. Ja, sicher ist es, das Joch Jesu ist sanft und die Bürde nicht schwer zu tragen. Da ihr diese Bürde und dieses Joch kennet, so wird nun meine Aufgabe die sein, euch alles klar zu legen, damit ihr versteht, um was es sich handelt und was eure künftige Aufgabe sein soll.“
Nach
dieser Einleitung begann er folgende Ansprache an sie zu halten: „Liebe Brüder
und Freunde! Wir sind nicht mehr auf der Erde, wo uns alle möglichen
Schranken gegen das echte, geistige Leben nach Jesu Lehre im Wege stehen. Wir
sind hier nicht mehr Menschen nach Rang, Stand und Besitztum voneinander
geschieden, sondern wir sind hier als Kinder eines einzigen ewigen Vaters
Jesus, daher alle gleich und alle Brüder und Schwestern ohne Unterschied.
Dieses Bewusstsein kettet uns aneinander und dadurch gibt es nur eine
kindliche und brüderliche Gemeinschaft unter uns. Hier ist niemand der erste
oder letzte, wir sind alle gleich, weil wir alle Brüder sind, und somit sind
auch eure Weiber und überhaupt eure Angehörigen unsere Brüder und Schwestern.
Das ist also der erste Punkt, den ich zu besprechen hatte, um euch zu zeigen,
dass ihr uns lieb und teuer seid.
Nachdem wir euch als ebenbürtig anerkennen und aufnehmen, wollen wir euch helfen, dass ihr uns das werdet, für was wir euch hiermit erklären. Euer Leben war bis jetzt ein trauriges, ein verbrecherisches am Nächsten, dies könnt ihr nun aufgeben, denn in unserer Gesellschaft soll euch nichts fehlen. Daher - wozu noch stehlen und rauben? Saget mir, liebe Brüder, ist euch dieser Vorschlag angenehm? Und wollet ihr ihn annehmen, um in unserer Gesellschaft als Brüder fernerhin betrachtet zu bleiben?“ Diese Sprache kam den Räubern vor, wie aus den Wolken herab, und einstimmig erklärten sie, den Vorschlag anzunehmen. Man kann sich die Freude des Martin Luther bei dieser Äußerung der Räuber denken!
Voll Dankes im Herzen zu Mir, wandte er sich wieder an die Räuber und sagte: „Brüder, Freunde! Ich wusste es, dass ihr meinen Vorschlag nicht abschlagen werdet, denn es kam mir aus der Liebe und sprach zur Liebe, und somit ist der erste Schritt beendet. Nun kommt die zweite Frage und diese betrifft das geistig-seelische Leben in uns und unter uns. Auf der Erde gibt es steinerne Kirchen, darin hochtrabende kirchliche Würdenträger in reichen Ornaten, die man bezahlen muss. Das gibt es hier nicht. Die Kirche ist unsere sich brüderlich liebende und gegenseitig unterstützende Gemeinde. Der Priester bin ich. Aber nicht solcher, wie die auf der Erde sind, sondern ich will euch dienen mit Rat und Tat ohne Bezahlung oder Entschädigung. Ich bin euer Mitbruder, und nicht euer Herrscher und Bischof im Sinne wie sie auf der Erde sind, sondern im Sinne Christi: Der Größte soll der Diener aller sein. Ich glaube, gegen das werdet ihr nichts einzuwenden haben?“
„Oh Gott bewahre, lieber Bruder, das entschieden nicht! Wir sind froh, einmal einen Priester zu sehen, der nach den Worten Christi lebt und handelt“, antworteten ihm die Räuber.
„Ich erfuhr aus dem Munde des Engels, dass ihr Protestanten und Römisch-Katholische seid, also feindlich gesinnte Fanatiker und gegenseitige Verfolger auf der Erde. Anders hier, wir haben hier keine heidnischen Kirchenzeremonien, keine Kirchengesetze und menschliche Satzungen. Wir sind frei von jeder Kirchen-herrschaft, wir erkennen hier nichts als bloß unseren Vater Jesus als unseren Gott und daher unser Alles, weil Er zugleich Vater, Erlöser von der Erbsünde und Heiland unserer Seele ist. Sonst gibt es nur Brüder und Schwestern. Aber keine uns vorangestellte, sondern uns gleichgestellte, wie ihr an unserem Engel sehet, der gewiss ein großer und mächtiger Bote Gottes ist und doch so freundlich und zuvorkommend uns Sündern gegenüber, wie nur die größte Bruderliebe dies zuwege bringen kann. Saget, wollt ihr solche Kirchenherrschaft, wie sie auf der Erde besteht?“
„Nein, nein und hundertmal nein, wir sind mit deiner Lehre ganz einverstanden. Erzähle uns nur weiter, was da noch zu halten oder zu glauben ist!“
Dieses allseitige Einverständnis brachte Martin Luther in größte Freude, und so dachte er nach, wie er die weiteren Punkte entwickeln solle, dass sie den Zuständen des Geisterreiches und den Seelenzuständen der Räuber angepasst wären. Nach kurzer Pause hob er wieder an: „Wir sind alle Brüder und Schwestern und Kinder eines und desselben heiligen und überguten Vaters Jesus, der in Seiner grenzenlosen Liebe zu uns einst vor l500 Jahren das Kleid des Menschen, also einen Fleischesleib sich erschuf, indem Er Mensch wurde, um uns eine Lehre des nahen Gottes zu geben und die brüderliche Liebe zu predigen und zu lehren, und zuletzt für uns am Kreuze Sein teures Blut und Leben dahinzugeben, um uns von der Erbsünde zu erlösen, die unser fleischlicher Urvater Adam einst begangen, indem er gegen das Gebot der Keuschheit sündigte. Daher ist es unsere einzige Aufgabe, diesen lieben und guten Vater Jesus über alles zu lieben, ebenso Seine Kinder, somit alle Menschen, wie uns selbst, weil alle Menschen Gotteskinder sind, und daher ihnen alles das zu tun, was wir wünschen, dass sie uns täten, wenn wir in Not wären und ihrer bedürfen würden.
Das Gebot der Nächstenliebe haben wir an euch geübt, trotzdem ihr Räuber und Verbrecher in unseren Augen wart. Somit ist es euch klar, wie wohl eine solche Liebeswohltat einem Menschen tut, wenn er sie bedarf. Ich frage euch daher, wollt auch ihr so gegen andere Menschen handeln, wie wir gegen euch handelten, statt zu richten und zu züchtigen?“
(Die Räuber stellten die Vergeltungsfrage. Gebet Luthers um Einflößung der
Liebe in die Herzen der misshandelten Gefangenen. Darauf hielt er eine große,
entscheidende Lehre über den Grundcharakter der Jesusliebe, die man nachahmen
solle, und dem Feind ebenso alles verzeihen, wie Er als Vorbild es tat.)
Hier stutzten die Räuber und fragten: „Was wäre aber, wenn wir euch angefallen hätten, und ihr hättet uns überwunden, wie hättet ihr dann gegen uns gehandelt?“ Martin wandte sich nun an den Engel und fragte ihn, was er ihnen antworten solle. Der Engel aber antwortete ihm, er solle sich mit der Frage an die befreiten und der Verhandlung zuhörenden Gefangenen wenden, diese würden ihm die vollwahre Antwort geben.
Luther
wurde besorgt ob des Ausganges, denn hier war ein gefährlicher Punkt. Diese
Gefangenen hatten von den Räubern viel gelitten und sind viel misshandelt
worden. Und wenn diese eine Rache, eine Rechtfertigung durch ein Urteil
verlangen würden, dann wäre alle Mühe umsonst und statt gewonnen alles
kläglich verloren. Hier war guter Rat teuer. Aber wohin sich wenden, wer
sollte ihm das Rechte zu sagen wissen, das war die entscheidende Frage.
In
dieser großen Not entfernte er sich wieder von den Räubern und kniete
neuerdings nieder und fing an, mit aller Inbrunst das folgende Gebet Mir
emporzusenden: „Oh, liebevollster Vater und Erlöser Jesus! Eine peinliche
Frage ist an mich herangekommen. Die Brüder, welche ich bereits für unsere
Sache gewonnen glaubte, haben mir eine Frage gestellt, die mich hoffnungslos
macht, sie für unsere gute Sache zu erhalten. Du allein, mein vielgeliebter
Vater und Heiland, kannst mir helfen aus dieser kritischen Lage. Daher komme
ich wieder zu Dir, mein guter Vater, mit der inständigsten Bitte: Lieber
Vater, erweiche die Herzen der Misshandelten und gib ihnen Liebe und Mitleid
in ihre Herzen zu den Räubern, dass sie ihnen aus Liebe zu Dir verzeihen. Und
gib mir die betreffenden Worte auf die Zunge, dass ich ihre Herzen erweichen
und liebetätig gegen ihre bisherigen Bedrücker und Peiniger machen kann.
Lieber
Vater, ich bitte Dich demütigst, verlasse mich nicht in dieser großen
entscheidenden Stunde, wo es sich um so Großes handelt. Sondern, lieber
Vater, bleibe bei mir und leite meine Gedanken und Worte, dass ich das Rechte
treffen und die Herzen der Beleidigten und tief Gekränkten zur Versöhnung und
Vergebung umstimmen kann. Amen.“
Nach diesem Gebete stand er auf und ging gekräftigt durch Mich an seine große Aufgabe. Er trat zu den befreiten Gefangenen und richtete folgende Worte an sie: „Liebe Brüder und Schwestern! Als Begründer der protestantischen Religion namens Dr. Martin Luther trete ich heute vor euch.“ In diesem Moment, als Martin Luther seinen Namen sagte, erschallte von allen Seiten ein brausendes: „Heil dir, unser Religionsreformator und Apostel der wahren Christuslehre! Hoch unserem Dr. Martin Luther!“
Nach
dieser Begrüßung, die dem Martin Luther Tränen der Freude in die Augen
brachte, hielt er nach einer kleinen Pause nachfolgende Rede: „Wie ich von
dem uns begleitenden und lehrenden Engel erfahren habe, seid ihr lauter
Protestanten und somit meine Glaubensbrüder und -schwestern im Herrn und
Vater Jesus. Ihr wisset, dass unsere Religion eine Religion der Liebe ist und
dass wir lauter Brüder und Schwestern, weil Kinder des Vaters Jesus,
sind.
Als Kinder dieses Vaters, dessen Liebe grenzenlos ist, ist es unsere Aufgabe, uns dieselben Eigenschaften und Tugenden anzueignen, welche unseren Vater so unendlich hoch über gewöhnliche Menschen stellten. Gewiss ist es, dass wir Jesu Kinder sind, denn das lehrt uns Seine eigene Lehre im Neuen Testament. Aber Er ist hochheilig, wir aber grobe Sünder, weil wir nicht nach Seiner Lehre und Seinen Tugenden lebten und noch leben. Daher können wir schmutzige Sünder uns nicht dem Vater nahen und Er uns nicht. Seine Haupttugend als Jesus glänzt wie ein heller Stern hervor. Sie heißt Liebe, durch diese erwachsen alle anderen Tugenden. Denn in der Liebe sind alle guten Tugenden vereint, wenn auch ihr Charakter etwas anderes zu sein scheint.
Daher betrachten wir den Grundcharakter der Liebe, wie er sich in Jesus als Menschensohn, das heißt, als Er den menschlichen Leib über Seiner Göttlichkeit trug, verschiedenartig den bösen Menschen gegenüber äußerte. Gott als Vater ist die Liebe. Diese Liebe war es, welche die Menschwerdung Gottvaters zuwege brachte und Ihn 33 Jahre zwang, den Fleischleib wie ein sündiger Mensch zu tragen, und dies alles aus Liebe zu uns.
Volle drei Jahre dauerte die Lehramtszeit des Herrn. Und wie wurde Er immer von Feinden verfolgt, die Ihm nach dem Leben trachteten, obwohl Er nie etwas Böses, sondern nur Gutes tat. Das, was Er lehrte: ,Liebet eure Feinde, tuet Gutes denen, die euch Böses getan oder noch tun und betet für eure Verfolger und Verleumder’, hat Er nicht bloß gelehrt, sondern Selber tatsächlich ausgeübt.
Endlich opferte Er sich Selber für uns, um uns von der Adamssünde zu befreien und mit der Gottheit wieder auszusöhnen, von der wir uns als verlorene Söhne entfremdet haben. Alles dieses tat Er aus Liebe zu uns, ja noch mehr: Als die Schergen die Nägel in Sein gequältes Fleisch unbarmherzig schlugen und Seinen Leib quälten, rief Er in Seinen größten Schmerzen: ,Vater! Vergib ihnen! Denn sie wissen nicht was sie tun.’
Sehet, liebe Brüder und Schwestern in Christo! Wie unser Vater Jesus die Liebe lehrte und sie in der Tat auslebte, also müssen auch wir tun gegen unsere Beleidiger, Peiniger und Schädiger an Leib und Seele, denn sonst handeln wir weder nach Jesu Lehre noch nach Seinen Beispielen.
Täglich beten wir: Vater, vergib uns unsere Sünden, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern, das heißt denen, die uns beleidiget und wehe getan haben. Daher müssen wir das auch tun, denn sonst lügen wir Gott an und bitten Ihn, Er soll ebenso nicht vergeben, wie wir dem Nächsten, der uns beleidigt, geschädigt oder sonst wehe getan hat, nicht vergeben. Tun wir aber das nicht, so handeln wir gegen Gottes Gebot der Liebe, Versöhnung und Verzeihung. Und daher müssen wir nicht hoffen, je zum Vater Jesus zu kommen, um Ihn zu sehen.
Seht, liebe Brüder und Schwestern, so lautet das Gebot der Liebe, und nach diesem Gebote hat Jesus, unser Vater, uns selber vorgelebt, indem Er damit zu verstehen gab, dass auch wir dasselbe tun müssen, wenn wir Seine Kinder sein und in den Himmel kommen wollen. Daher komme ich zu euch mit der freundlichen und brüderlichen Bitte: Wollet auch ihr so handeln an diesen Räubern, die euch viel Unrecht und Wehe getan haben, wie Jesus, unser Vater, an Seinen Feinden gehandelt hat, und ihnen von Herzen ohne Hinterhalt alles verzeihen und sie als Brüder in euer Herz und eure Liebe aufnehmen?“
Nach diesen bereits mit Angst ausgesprochenen letzten Worten blieb er still und wartete auf das Resultat seiner Rede.
(Eine feurige Rede über die Versöhnung, worauf die Verzeihung und
Verbrüderung der Misshandelten mit den Räubern stattfand. Der Räuberanführer
hielt seinerseits die Vereinigungs- und Verbrüderungsrede zu einer
Gemeinschaft aller.) Es
entstand eine kleine Pause der Stille. Diese aber war sehr kurz, denn alsbald
trat ein Mann aus der Schar der Befragten und sagte:
„Brüder und Schwestern im Herrn! Unser Lehrer und Befreier aus den Krallen der römischen Priesterherrschaft hat zu uns so schön gesprochen, dass wir ganz erstaunt sind über die schöne Zusammenstellung der Liebeslehre aus dem Leben unseres lieben Herrn Jesus Christus. Und nun fragt er, ob auch wir so handeln wollen, wie unser Gott und Vater, wie er Ihn jetzt nennt, nämlich unser Heiland Jesus auch gehandelt hat an Seinen Feinden und Peinigern. Es versteht sich ja von selbst, dass wir nicht anders handeln dürfen und werden, wie unser Gott und Erlöser am Kreuze gehandelt hat, denn sonst wären wir nicht Seine, sondern Satans Kinder. Und daher mache ich den Anfang und sage offen und frei: Wer aus vollem Herzen, aus Liebe zu Jesus verzeihen will, der erhebe seine Hand.“
Auf diese Aufforderung erhoben alle die Hände und sprachen laut: „Wir verzeihen alles und reichen euch die Hände der Bruderschaft.“ Nach diesen Worten gingen sie hin zu den Räubern und reichten ihnen die Hände zur Versöhnung und Liebesverbrüderung. Durch diese Wendung der Dinge zum Guten wurde Martin Luther wieder gekräftigt in seinem Vertrauen auf einen guten Ausgang der Bekehrung. Daher war er wieder mutig, noch einen letzten Versuch zu machen. Er wandte sich nun zu den Räubern und sagte: „Liebe Brüder im Herrn, eure prüfende Frage ist gelöst worden und zwar in der besten Ordnung. Was sagt ihr nun dazu?“
Da trat
wieder ihr Anführer vor und sprach: „Liebe Brüder, ihr sehet, die
schwierigste Aufgabe ist recht gut und brüderlich gelöst worden! Hier sieht
man deutlich die Hilfe und Gnade des Herrn, zu dem du, lieber Martin Luther,
dich in deiner Not gewandt hast. Wir sind dadurch nicht mehr Räuber und
Gefangene, sondern freie Brüder und Schwestern deiner Gemeinde geworden.
Denn deine Rede von der Liebe, Versöhnung und Verzeihung ging ja uns alle an. Wir sind dadurch, dass die schwierigste Frage so brüderlich gelöst worden ist, nicht mehr zwei oder drei Abteilungen einer Gesellschaft, sondern wir sind durch die allgemeine Verzeihung, Versöhnung und Verbrüderung ein Körper, eine Gemeinde geworden. Es ist wohl wahr, dass wir noch nicht alle die gleichen Begriffe einer echten Christuslehre haben, aber in dieser göttlichen Fassung, wie du sie uns lehrst, wird das Mangelnde bald eingeholt und von allen verstanden werden. Lehre uns weiter und vollende, was du begonnen hast, denn wir sind Ohr und Herz bei der Lehrrede.“
Martin Luther wurde durch diese Erklärung seitens des Räuberanführers ganz überglücklich und pries Mich im Stillen im Herzen dafür, dass Ich ihm einen so glücklichen Ausgang der anfangs so verzweifelt aussehenden Aufgabe bereitet hatte.
(Rede Luthers über die Vorbereitung, um die Vergebung der Sünden vom Vater Jesus zu erlangen. Dankgebet für den glücklichen Ausgang der Bekehrung. Zu allem, was man im Geistigen tun will, muss man die Gnade und Hilfe vom Vater erbitten. Das Gebet für die Sündenvergebung. Erscheinung von Engeln, Sündenvergebung, Hosianna- und Halleluja-Lied dafür dem großen Gott und Vater Jesus. Vater Jesus steigt nieder, geht zum Martin Luther und gibt sich zu seiner übergroßen Freude zu erkennen. Dann übernimmt Er unerkannt die Leitung der Gemeinde als neuer Anführer.)
Darauf ergriff er wieder das Wort und sagte: „Liebe Brüder, wie ich sehe ist die schwierigste Aufgabe nun vorüber. Es bleibt noch das letzte zu bewerkstelligen, nämlich: Nachdem ihr mit allem einverstanden seid, wollen wir noch den lieben Vater bitten, Er möge uns huldvoll die Sünden verzeihen, die wir wie ihr begangen haben. Jeder sammle sich und denke nach, was er Böses und Sündhaftes im Leben verbrochen hat, damit er wisse, wie groß seine Sünden sind. Jeder verzeihe von Herzen jedem, der ihm je wehe getan hatte. Denn das ist eine unerlässliche Aufgabe, da wir im Vaterunser beten: Vergib uns, wie wir vergeben. Jeder erwecke eine tiefe zerknirschte Reue über seine begangenen Sünden und Verbrechen und das vollernst, damit wir dann die allgemeine Vergebung der Sünden vom Vater Jesus erlangen können, denn wir dürfen ja bestimmt die Vergebung unserer Sünden erhoffen, wenn wir selbst die Vorbedingung erfüllt haben.
Ich lasse euch darum eine Stunde Zeit in der Ruhe, damit ihr euch ganz gediegen vorbereitet zu der großen Bitte um Vergebung der Sünden, welche wir dann vereint und gegenseitig vornehmen wollen. Denn unsere Aufgabe von nun an ist, im Guten, somit im Geistigen, vorwärts zu schreiten, dass wir dorthin kommen, wohin wir durch die Verheißung unseres Vaters Jesus einst kommen müssen, da ja die Kinder auch dort oder in der Nähe wohnen sollen, wo der liebevolle und gute Vater unser aller wohnt.
So - in einer Stunde will ich wiederkommen. Wenn euch aber dieser Vorschlag nicht gefällt, so wollet ihr es mir bekannt geben, damit ich eine Änderung in der Einteilung zwischen den Willigen und Zögernden treffe. Das ist nämlich mein letzter Vorschlag, um uns allen ein glückliches Fortschreiten im Geistigen anzubahnen. Denn wir sind gehemmt, solange wir in Sünden sind, da uns geistige Gifte hindern, vorwärts zu schreiten. Daher müssen zuerst alle Hindernisse hinweggeräumt werden, um ein glückliches Aufsteigen in die lichten Regionen des Geistes zu ermöglichen. Wer daher mit diesem Vorschlag nicht einverstanden ist, der trete heraus aus der Menge, damit ich sehe, wie wir daran sind.“
Nun blieb er stille und wartete geduldig, ob sich jemand rühren werde. Aber es blieb alles ruhig und still und damit wurde die Annahme des Vorschlages gutgeheißen. Nach dieser Ansprache ging Martin Luther wieder hinaus aus der Gesellschaft, kniete nieder und dankte Mir recht inbrünstig für die glückliche Beendung der Bekehrung und Verbrüderung der ganzen Gemeinde, und bat Mich, Ich solle die Herzen der Brüder erleuchten, damit sie ihre Sünden vollwahr erkennen und reuevoll beweinen. Dann stand er auf und ging zum Engel, der sich derweil bei der Gemeinde aufhielt.
Als er zum Engel gelangte, empfing ihn dieser mit sehr freundlicher Miene und sagte: „Siehst du, lieber Bruder, dass die Sache gut ablief, da du mir gefolgt bist. Alles beim Herrn erbitten und nie sich auf eigene Kraft verlassen, das ist die Grundbedingung des geistigen Lebens und des Gelingens der Unternehmung, wenn sie geistigen Zwecken dienen soll. Siehe, ich bin ein großer und mächtiger Erzengel, aber ich tue nichts aus mir, sondern alles durch die Liebe und Bitte zum Herrn. Daher muss mir alles gelingen, denn der Herr allein ist mächtig. Wir alle sind nur Werkzeuge Seiner Macht und Seines Willens, und wo Er als der Wirkende angerufen und betrachtet wird, dort ist auch der Erfolg gesichert, wenn man einen festen Glauben und Vertrauen zu Ihm hat. So Bruder, jetzt raste derweil und bereite dich vor, dass du in würdiger Weise mit deiner großen Bitte vor den Herrn und Vater treten wirst.“
Darauf setzte sich der Engel nieder und überließ den Martin Luther seinen geistigen Betrachtungen, der sich auch niedersetzte und schwieg. Die ganze Gesellschaft war still und jeder hatte mit sich selbst, mit seinem Gewissen zu tun. Lange hörte man keinen Laut, kein Wort sprechen. Die Stunde der Vorbereitung war verronnen und somit die Zeit herangerückt, sich von Gott die Vergebung der Sünden für das ganze Leben zu erbitten.
Ruhig stand Martin Luther auf. Und ganz in sich gekehrt, schaute er eine Zeit lang in die Höhe, als täte er die Hilfe von Oben erwarten, und betete still zu Mir, Ich möge ihm die richtigen Worte ins Herz und auf die Zunge legen, damit er den tiefen Eindruck bei der Gemeinde erzielen könnte, der in solch wichtiger Angelegenheit unbedingt erforderlich ist, um aufgrund vollernster Reue und des Entschlusses, nicht mehr zu sündigen, den großen Erfolg zu erzielen, der Mich bewegte, alle begangenen Sünden zu verzeihen und Meinen Segen der Liebe auf die wunden Herzen der Sünder strömen zu lassen.
Als er geendet hatte, wendete er sich zu der Gemeinde und sprach: „Liebe Brüder und Schwestern in Jesus, unserem Gott und Vater. Es ist eine heilige Sache gegen unseren Vater Jesus, dass wir uns von den Sünden rein machen, die wir zeitlebens bis zum heutigen Tag begangen haben. Daher bitte ich euch: Kniet nieder mit mir und betet im Geiste meine Gebetsworte nach, welche die innigste Bitte unserer Herzen zu dem Throne unseres heiligen Vaters Jesus tragen sollen.“
Auf dieses Geheiß knieten alle nieder, auch der Engel, was sie in Staunen setzte. Dieser aber verkündete mit lauter Stimme, er wolle selber mithelfen den Vater um Verzeihung der großen Schuld zu bitten, die auf ihren Herzen liege. Als die Gemeinde das hörte, war sie freudig erregt, denn das war ihr wie ein Pfand, dass auf die Bitte auch die Vergebung folgen wird.
Nun fing Martin Luther an, folgendes inhaltsschwere Gebet mit inständigster Bitte zu Mir vorzubeten: „Liebevollster, heiligster und mitleidsvoller Vater der Liebe! Wir armen und betrübten Sünder bitten Dich allerdemütigst: lieber Vater, siehe herab auf uns sündenbeladene Kinder Deiner Liebe gnädig und huldvoll und urteile nicht nach unseren Sünden und Verbrechen, die wir gegen Dich und unsere Nächsten begangen haben, sondern sei uns gnädig und erbarme Dich unser! Schwer lastet die Schuld unserer Sünden auf uns, und wir fühlen vollwahr, dass wir unwürdig vor Deinem überheiligen Antlitze stehen. Aber Vater, habe Erbarmen und Mitleid mit uns, denn Du kennst die Tiefen unseres Elends und niemand von uns kann sich vor Dir als Reiner zeigen. Nein im Gegenteil, wir sind lauter grobe und schmutzige Sünder und niemand ist ausgenommen davon.
Darum, lieber Vater, haben wir wohl erwogen, wie schwer es ist, vor Dir, Du allerheiligster Vater, uns mit unserer Unwürdigkeit zu nahen. Aber wir wissen, dass Du die Liebe bist und jedem verzeihst, der durch Liebe zu Dir sich naht und Dich demütig um Verzeihung bittet, wenn dies aus vollwahrem Vorsatz geschieht, nicht mehr sündigen zu wollen, sondern nach Deinen Geboten zu leben. Auch wir armen Sünder kommen mit diesem Vorsatz zu Dir, Dich um Verzeihung zu bitten und dann nicht mehr zu sündigen.
Lieber Vater, wende zu uns Deine liebevollsten Augen und betrachte unseren Ernst in der Sache und dass wir entschieden bereit sind, alles zu tun, was Du von uns verlangen würdest. Daher erhoffen wir, dass Du unsere tieftraurigen Herzen gnädig ansehen wirst und uns verzeihen die große Schuld, die auf unseren Herzen lastet.
Lieber Vater, ich bitte Dich demütigst, lasse strömen die Gnade Deiner Liebe herab auf uns und mache unsere Herzen weich und empfänglich für Deine heilige Sache. Lasse uns erbrennen in Liebe zu Dir und zum Nächsten und führe und leite uns auf dem Wege der göttlichen Liebe zu Dir, damit wir den Weg der Heiligung unserer Herzen nicht verfehlen und stets bestrebt sind, nur in Deinem Sinne zu leben und zu wirken, auf dass wir das Ziel der Kindschaft Gottes erreichen, welches Du uns huldvollst verheißen hast. Unser vielgeliebter Vater, ich rufe Dich im Namen der ganzen Gemeinde allerdemütigst an und bitte Dich, dass Du unser gemeinsames Gebet liebreich aufnehmen und uns unsere vielen Sünden und Vergehen verzeihen mögest, damit wir, befreit von der Sündenlast, in Zukunft nur Dir dienen und Deine Liebesgebote erfüllen.
Ach lieber Vater, siehe herab auf unsere von der Reue zerknirschten Herzen, da wir uns vollbewusst sind, wie oft wir uns unwürdig gegen Dich betragen und Dich tief beleidigt haben, und nun in reuevoller Demut zu Dir kommen und uns voll Glaubens und Vertrauens, dass Du uns erhören willst, in Liebe Dir nahen und allerdemütigst und tiefbewegt in Reue ob unserer Unwürdigkeit zu Dir beten: Vater! Ach, lieber, guter Vater! Vergib und verzeihe uns und nimm uns auf in Deine Liebe und Gnade, Amen!“
Auf diese große Bitte, die alle mit innigster Liebe und Demut und voll Vertrauens, dass Ich sie erhören werde, beteten, ließ Ich eine große Lichtung im Osten aufgehen, und zahlreiche Scharen der schönsten Gestalten bewegten sich langsam gegen die noch auf den Knien Wartenden, was da geschehen werde. Der Engel ließ sie aufstehen und ruhig warten. Als er dieses ausgesprochen, fing er an in die Höhe zu schweben und sich gegen die herannahenden Gestalten zu bewegen, indem er ganz in den herrlichen Lichtglanz überging, wie er bei seiner Ankunft glänzte.
Die Gesellschaft stand wie in einer Zaubervorstellung vor dieser nie gesehenen Erscheinung. Besonders wunderten sich die Räuber und Gefangenen über den Engel, der früher so wie sie aussah, nur ungewöhnlich schöner und wohlgebildeter in der Gestalt, dass er jetzt wie in ein strahlendes Licht und dessen Glanz überging. Alle waren aber mäuschenstill und schauten unverwandten Blickes nach der wunderschönen Erscheinung am Himmel, die immer näher und näher schwebte. Sie erkannten ganz wohl, dass das eine Schar von seligen Geistern war, nur war ihnen das unbekannt, was die da tun wollten.
Endlich erreichten diese die Gegend, in welcher die Gemeinde auf sie wartete. Hier bildeten sie einen runden Chor, ruhig schwebend, und fingen himmlische Loblieder zu singen an, welche die Zuhörer ganz starr vor Verwunderung und Staunen machten, denn es drang so gewaltig durch ihre geistigen Glieder, dass sie ganz nervös wurden. Ein Zeichen, dass sie noch nicht reif, noch nicht rein für diese innerlichen Genüsse waren. Als diese ihre Loblieder beendet hatten, hörte man wieder die Stimme, die schon einmal sagte: ,Ich habe euch erhört’, diesmal dasselbe Wort wiederholend mit dem Zusatze: „Eure Sünden sind euch verziehen.“
Auf diese Zusage kniete alles nieder, um für diese große Gnade gebührend zu danken. Diesmal aber kommen den Dankenden die Engel zuvor, indem sie ein himmlisches Hosianna und Halleluja dem großen Gott und Vater Jesus anstimmten und so herrlich sangen, dass die zuhörende Gemeinde ganz in himmlische Verzückung geriet. In diesem Moment erschien Ich, in einfacher Kleidung und ging direkt auf Martin Luther zu, welcher verwundert schaute, wer da auf ihn zugehe, ohne eine Ahnung zu haben, dass Ich Selbst es sei.
Zu ihm kommend, sagte Ich: „Mein Sohn, deine Prüfung hast du gut bestanden. Deshalb kommt dein Vater Jesus Selber zu dir und zu Seiner Gemeinde, um sie weiter zu führen und zu vervollkommnen, um reif für den Eintritt in den Himmel zu werden und so zum Throne der Herrlichkeit Gottes zu gelangen. Martin, kennst du Mich?“
Martin Luther schaute Mich aufmerksam an, aber dass Ich Gott Selber bin, dafür bin Ich ihm zu einfach, denn er hätte Gott in einer großartigen Herrlichkeit kommend vermutet. Daher verneinte er es, dass er nicht erraten könne, wer Ich wäre. Nun sagte ich: „Mein Sohn, kennst du deinen Vater von Golgatha nicht? Kennst du diese Wundmale nicht, die einst für dich und für alle Menschen am Kreuze bluteten?“ Jetzt erst bemerkte Martin Luther Meine Wundmale an Händen und Füßen und erschrak nicht wenig, dass er Mich nicht früher erkannt habe. Er fiel sogleich auf die Knie vor Mir und bat Mich um Verzeihung für seine Blindheit.
Ich aber erhob ihn und drückte ihn an Mein Herz und sagte zu ihm: „Martin! Von jetzt an bist du erlöst von so großen Prüfungen. Aber wir werden von nun an zusammen bleiben und Ich will deine Gemeinde Selber leiten, bis sie reif wird, in Meine Kinderschar aufgenommen zu werden. Doch verrate Mich nicht vor der Zeit, wer Ich bin, sondern sei ruhig neben Mir und tue, was Ich dir sagen werde.“
(Die Engel stiegen auf Vaters Geheiß nieder und belehrten die Gemeinde. Vater
Jesus bezeichnet Martin Luther ,Meinen Liebling und auserwählten Apostel auf
der Erde’. Vater Jesus als Anführer segnete die himmlisch gute Mahlzeit und
berief nach der verzehrten Mahlzeit die Engel, ein Dankgebetslied dafür
darzubringen.)
Nach dieser ersten Begegnung, die dem Martin Luther viele Tränen der Freude und Liebe hervorlockte, sagte Ich zu den Engeln: „Kommet herunter zu uns und bleibet unter uns. Darauf zogen die Engel ihr großes blendendes Licht, welches aus ihnen strömte, ein und schwebten langsam herunter zu uns. Da angekommen, verneigten sie sich tief vor Mir und blieben in ehrfürchtiger Entfernung stehen, die weiteren Befehle von Mir erwartend. Ich aber sagte ihnen, sie sollen unter die Gemeinde gehen und anfangen, sie in den wichtigsten Gesetzen zu belehren, welche diesen neuen Ankömmlingen in höheren Regionen noch nicht bekannt waren.
Sogleich begaben sich die Engel an ihre Arbeit, denn sie sahen ja aus dem Inneren der Einzelnen heraus, was der eine oder der andere zu wissen benötigte, um geistig fortschreiten zu können. Bald gab es einzelne Gruppen, welche der eine oder der andere Engel fleißig unterrichtete, um auf die großen Aufgaben, die erst folgen sollten, vorzubereiten. Und so gab es ein recht munteres, aber doch anständiges Geplauder in den einzelnen abgesonderten Gruppen. Ich aber und der Erzengel blieben bei Martin Luther und plauderten über die überstandenen Plagen und Verfolgungen, welche Mein Liebling und auserwählter Apostel auf der Erde ausgestanden hatte.
So vergingen einige frohe Stunden, in welchen Meine Engel vollauf zu tun hatten, um die vielen Glaubensansichten, die mit Meiner Religion der Liebe nicht übereinstimmten, als falsch und bei Mir nicht vorkommend zu erklären und auszumerzen. Doch war die große Arbeit mit Leichtigkeit beendet, weil die Zuhörer wie Kinder alles gläubig annahmen und das Alte, was unbrauchbar, verwarfen.
Als die Engel ihre Belehrungen beendet hatten, rief Ich sie zu Mir und trug ihnen auf, für eine gute Mahlzeit zu sorgen. Im nächsten Augenblick verschwanden sie auf einige Minuten, um vollbeladen mit Brot und Wein bald darauf zu erscheinen. Nun ließ Ich die ganze Gemeinde niedersitzen, welches sogleich erfolgte. Dann hob Ich Meine Hände über Brot und Wein und sagte laut, dass es alle hörten: „Esset und trinket zur Ehre dessen, der euch und den Engeln Seine himmlische Speise und den Trank gibt!“
Darauf verteilten die Engel in schnellsten Gängen das Brot und den Wein und setzten sich selbst unter die Essenden und halfen tapfer mit zu beißen und zu trinken. Als die Gemeinde das himmlische Brot und Getränke verkostete, war sie ganz außer sich vor Verwunderung über die außergewöhnliche Güte und den Wohlgeschmack derselben und lobte Mich im Herzen, weil Ich ihnen eine so ungewöhnliche Mahlzeit zukommen ließ. Nach der Mahlzeit erhoben sich die Engel und schafften die Geschirre weg, was selbstverständlich geisterhaft schnell vor sich ging. Dann kamen sie zu Mir, um weitere Order zu bekommen. Ich hieß sie ein Dankgebetslied dem Vater der Liebe für die Mahlzeit darzubringen, welches Ich so laut sprach, dass es alle hörten.
Im nächsten Augenblick standen alle Engel wieder im Chor versammelt und sangen Mir ein Lob- und Danklied für die eingenommene Mahlzeit, welches die Gemeinde bereits gut vertragen konnte, weil sie durch die Dankbarkeit in die Liebe überging, welche die himmlischen Gesänge vertragen macht, während die materielle Sündhaftigkeit und materielle Sinnlichkeit dies nicht kann, weil die übersinnlichen Töne den Leib ganz elektrisch-nervös machen und schädigen.
(Frage des neuen Leiters, ob die Gemeinde mit Ihm zum Vater Jesus wandern wolle. Schöne bejahende Rede eines jungen Mannes und die allgemeine Annahme derselben. Die Reise auf einen Berg.)
Nun sagte Ich zu der Gemeinde: „Ich glaube, dass keiner von euch wieder in seine frühere Gegend zu ziehen beabsichtigt, daher sage Ich euch: Bleibet zusammen! Hier fehlt euch nichts, und Ich werde sorgen, dass ihr immer zufrieden sein werdet dort, wo Ich unter euch sein werde. Wenn aber jemand unter euch doch lieber in seine Heimat ziehen möchte, statt am himmlischen Tische zu speisen, der kann ungeniert gehen. Ich halte niemanden auf, andererseits habe Ich euch zu melden, dass unser Weg zum himmlischen Vater Jesus führt und dass Ich euch geleite, dorthin zu kommen. Nur sollt ihr nicht denken, dass dies sogleich geschehen kann. Nein, das geht nicht so schnell. Wir haben noch mehrere Zwischenstationen, auf welchen euch noch manches als Prüfung eurer Gesinnung, eurer Begierden und Gelüste begegnen wird.
Denket immer, dass euch der Vater Jesus zuschaut, wie ihr euch aufführet und dass ihr erst dann zu Ihm gelangen werdet, wenn ihr euch im Guten bewährt habt. Dieser Weg bleibt niemandem erspart. Jeder muss ihn wandern, entweder früher oder später. Aber wehe dem, der dazu gezwungen wird durch die Umstände, welche keinen Ausweg mehr erlauben. Wer bis dorthin trotzig in seiner Lage verharrt, der hat, wie ihr sagt, nichts mehr zu lachen und sein Aufstieg aus dem allergrößten Elend, aus Pein und Qual wird schrecklich sein. Daher rate Ich euch: Jetzt seid ihr, wie ersichtlich, bereits auf dem Wege dorthin, wohin im Laufe der Zeit alle ohne Ausnahme gelangen werden und mögen sie in der tiefsten Hölle stecken, denn alles ist vergänglich, nur Gott nicht und wer in Gott sein Heil gefunden. Daher frage Ich euch: Wollt ihr Mir folgen oder nicht?“
Auf
diese Frage trat ein junger Mann auf und sagte voll Feuer und die Augen auf
Mich gerichtet folgende Worte: „Lieber Freund, Du scheinst mir ein mächtiger
Mann im Geisterreich zu sein. Ich bemerkte, dass vor Dir selbst die Engel
ehrfurchtsvoll stehen und Deine Befehle erwarten. Also musst Du ein großer
Mann im Geisterreich sein, denn das bestätigt mir auch Deine Zusage, dass Du
uns selber zu Gott führen willst. Somit musst Du ein Hauptbote bei Ihm sein.
Daher wollen wir Dir folgen.
Du
willst es und ich hoffe, dass keiner unter uns zurückbleiben wird, weil wir
ja schon bereits im Himmel sind: wir genießen himmlische Nahrung und hören
Engelsgesang. Und unter solchen Umständen sollte noch jemand an die traurige
Gegend denken, welche er im Schweiße seines Angesichts bearbeiten musste? Es
ging uns ja nicht besser als auf der Erde. Und dieser waren wir satt und
somit auch der Gegend im Geisterreich, wo wir uns die irdischen Zustände
geschaffen haben. Nun aber haben wir Licht, Nahrung und Gesang aus den
Himmeln. Wer könnte da noch ein Narr sein, den Himmel zu verlassen und zurück
zu irdischen Unannehmlichkeiten zu steigen. Nie und nimmer, wir sind und
bleiben bei Dir und Du magst uns führen, wohin Du willst. Wer aber mit meinem
Vorschlag nicht einverstanden ist, der tue dann, was er will. Ich habe
gesprochen!“
Nach dieser Rede entstand eine lautlose Stille und niemand hatte Worte des Gegenteils. Daher sagte Ich: „Eure Stille nehme Ich als bejahende Antwort, dass ihr alle, wie der junge Mensch sich äußert, bei Mir bleiben wollt. Und das ist recht, denn schneller als Ich kann euch niemand an das Ziel eurer Wanderung bringen, und somit bleiben wir zusammen und wandern dorthin, wo euch alle überglücklichen Brüder und Schwestern beim Vater Jesus schon mit Sehnsucht erwarten.“
Die Gesellschaft war mit dieser Rede zufrieden, und alle blieben dabei, mitzugehen, um den ersehnten Lohn nach dieser Verheißung des Himmels zu erlangen. Da die Einmütigkeit der Gemeinde hergestellt war, ließ Ich die Gesellschaft beordern, sich genau an die Anweisungen zu halten, welche Ich durch die bei der Gesellschaft verbleibenden Engel erteilen werde. Nun gab ich die Order aufzubrechen und Mir zu folgen. Wir gingen beinahe drei Stunden lang einen steilen Weg auf einen Berg, der vor uns lag und dessen Spitze eine schöne Aussicht zu bieten versprach. Oben angelangt, hieß Ich die Gesellschaft sich niederzusetzen und ein wenig rasten.
Nach
einer halben Stunde sagte Ich zur Gesellschaft: „Nun wird es ein kleines
Spektakel geben und zwar sehr böse aussehend, doch fürchte sich niemand
davor, denn Ich bin euer Beschützer, dass niemandem etwas geschehen kann.“
Dies beruhigte die Gesellschaft und jeder schaute neugierig zu, was da kommen
werde.
(Durch Satana erzeugtes Ungewitter, woraus heftige Blitze und Donnerschläge kamen. Herbeischaffung der Satana und ihr schreckenerregendes Gebärden. Frage des Anführers wegen ihres verderbenbringenden Betragens gegen die Menschen und keckes Antworten und Reden, als wäre sie der Gott der Urschöpfung der Menschen, wobei ihre große Lügenhaftigkeit die Hauptrolle spielte.)
Darauf berief Ich den Erzengel und sagte ihm: „Bringe mir die große Schlange, damit die bekehrten Kinder ersehen, wem sie bisher gedient haben, als sie noch in ihrem sündhaften Treiben waren, und dass sie in Zukunft nie mehr die Lust anwandeln wird, zu ihrem alten Leben zurückzukehren.“ Der Erzengel verneigte sich tief und dann verschwand er.
Nach einer Pause von etwa fünf Minuten begann das Firmament sich zu schwärzen und zu verdunkeln, was die Gesellschaft neugierig und zum Teil ängstlich zu machen anfing. Nicht lange dauerte es und es fing an zu blitzen und zu donnern, und zwar immer stärker und immer näher. Als das schwarze Gewölke über uns zu stehen kam, war es sehr unheimlich zu sehen, besonders aber deswegen, weil die Wolken sich wie in einem Wirbelwind drehten und fort und fort ihre von gewaltigem Donner begleiteten Blitze nach allen Seiten aussandten.
Im nächsten Augenblick fing das rasende Wolkenspiel an, sich gegen die Gesellschaft zu kehren. Eine heillose Panik ergriff die Anwesenden, am liebsten wären sie auseinandergestoben, aber wohin, wo sie das böse Wesen nicht verfolgen könnte? Das war allen unbekannt. Nun gab es Blitze und Gedonner gegen die nächste Umgebung der Gesellschaft und Donnerkeulen schlugen da und dort ein mit solchem Gekrache, dass alle wie auf Dornen standen. Im nächsten Augenblick schlug es in der Nähe ein, wo Ich stand. Nun war es genug. „Herunter mit ihr“, sagte Ich, und in diesem Moment sah man einen Riesendrachen, von Meinem Erzengel verfolgt, gegen Mich sich zubewegen. Im nächsten Augenblick war er vor Mir stehend und dräuend und kreischend schreiend, was Ich von ihm haben wolle.
Ich wandte Mich zu der Gemeinde und sagte: „Schauet euch eure Gottheit an, welcher ihr gedient habt, so lange ihr nach den Fleischesbegierden euer Leben dahinfristen ließet. Das ist die Entsprechung eures inneren Lebens. Es ist aber nicht bloß Entsprechung, sondern es ist zugleich die Tatsache vor euch stehend, denn das ist der Geist des Luzifers, der großen Schlange des Verderbens des Menschengeschlechts.“ Bei diesen Worten waren die Zuhörer ganz nervös vor Zittern und furchtbarer Erregung.
Ich aber kehrte Mich zum Drachen und sagte ihm: „Sage, du ewiger Widersacher, was zwingt dich, immer gegen die Liebe Gottes zu arbeiten und die Menschen zu verführen? Wer hat dir etwas zuleid getan, dass du deinen Hochmut und Rachezorn nicht bändigen kannst?“
Bei diesen Worten brüllte der Drache wild auf, dass die Zuhörer zusammenschauderten, und sprach: „Was berechtigt Dich, mich zu quälen in meiner Ruhe und mich heraufzuziehen? Was habe ich gemein mit Dir? Du bist, wer Du bist, und ich bin, wer ich bin; es besteht eine ewige Kluft zwischen uns zweien. Daher frage ich Dich, was habe ich Dir getan, dass Du mich herschaffen ließest?“ Diese wilde, in Gebrüllform hervorgebrachte Frage machte einen ängstlichen Eindruck auf die Zuhörer und alles war gespannt, was daraus kommen werde.
Ich
sagte dem Luzifer: „Höre, du böses Wesen, wer hat dir etwas Unrechtes getan,
dass du, nichts als Rache schnaubend, die Menschen zu allen erdenklichen
Sünden anreizest? Antworte also, dass die Gesellschaft deine Rechtfertigung
erfährt, nach welcher dir das Recht, dies zu tun, zusteht. Tust du es nicht,
so werde Ich dich dazu zwingen.“
Kaum hatte Ich dies ausgesprochen, so fing der Geist Luzifers wie rasend zu brüllen und mit seinen Drachenfüßen zu stampfen an, dass die Erde wie von einem Erdbeben bewegt zitterte. Ich aber gebot ihm zu schweigen und ruhig zu sein. Denn das Beben der Erde brachte die Zuhörer in die größte Angst, weil sie glaubten, dass der Satan Mir nicht gehorchen werde. Als sie aber sahen, dass er doch schwieg und ruhig wurde, bekamen sie wieder Mut und Vertrauen, dass das höllische Spektakel gut ablaufen werde. Wieder wandte Ich Mich deshalb an den Luzifer und befahl ihm, sich zu äußern, widrigenfalls Ich zu Gewaltmitteln greifen werde. Aber der Satan hatte eben keine Ausrede. Daher brüllte er wieder von dem Unrechte, welches gegen seine Persönlichkeit geübt wird.
Da Ich
nun darauf bestand, dass er die Wahrheit reden müsse, sagte er endlich: „Ich
war ein Gott und selbständig und habe unzählige Millionen Geister aus mir
erschaffen, welche die geistige Welt bevölkerten. Als aber meine Macht zu
gewaltig zu werden drohte, wurde ich ohne Recht dazu von einem zweiten Gott
ergriffen, weil ich Ihm nicht dienen und Gehorsam erweisen wollte, und
besiegt und alle meine Geisterschöpfung in starre Materie verwandelt.
Schauet an, nicht nur die Erde, sondern der ganze gestirnte Himmel mit seinen unzähligen Millionen von Welten, deren Größe euch noch ganz unbekannt ist, ist ein Kerker derjenigen meiner Kinder, welche ich einst erschaffen habe. Und nun kam ein anderer Gott und wollte Gehorsam und Ehrerbietung von mir Ihm gegenüber. Und da Er stärker war als ich, wurde ich besiegt, in Fesseln getan und meine Seele in starre Materie verwandelt. Ich selbst wurde soweit gefesselt, dass ich als purer Geist nur das tun kann und darf, was Er mir erlaubt. Meine Kinder hat er mir geraubt und als Seine eigenen erklärt, sie in starre Materie in Kerker getan und lässt einen nach dem anderen Mensch werden, indem Er alles aus mir nimmt und als Sein Eigentum erklärt.
Der Geist ist ein Kind aus mir, das ich einst in Liebe erschaffen habe. Die Seele aber und der Fleischleib der Menschen sind aus meiner Seele her, die teils als Geist, teils als Materie in der sichtbaren Schöpfung inbegriffen ist. Und nun soll ich kein Recht auf meine Kinder haben? Ich habe sie erschaffen, sie sind aus meinem Geist und meiner Seele gemacht und daher mein. Und da ich keine Hoffnung habe, in nächster Zeit schon meinen Gegner, der übermächtig ist, zu besiegen, so verderbe ich Ihm meine geraubten Kinder, und das seid ihr.“
Bei diesen Worten erschraken die Zuhörer ganz gewaltig, dass sie Kinder des Satans wären. Ich aber hieß den Luzifer, nun zu schweigen, und begann folgende Aufklärung zu geben: „Du Luzifer, sage uns, wer hat dich erschaffen? Warst du von Ewigkeit her oder bist du von diesem Gott, der dich besiegt, gefesselt und deine Seele in sichtbare Materie verwandelt hat, erschaffen?“ Hier schwieg der Luzifer.
Ich aber fuhr fort mit Meiner Aufklärung und sagte: „Dein Schweigen sagt alles; denn wärest du ein ewiger Gott, so würdest du dagegen protestieren, dass du von dem dich besiegenden Gott erschaffen worden wärest. Wärst du von Ewigkeit her, und nicht ein erschaffenes Wesen, dann hättest du nie können besiegt werden, weil du die ewige Grundmacht in deiner Gewalt gehabt hättest. Aber darin lag eben deine Ohnmacht, weil die Allmacht in dem wahren urewigen Gott lag, während du nur das tun konntest, was dir Gott, welcher dich erschaffen hat, erlaubt hatte. Allerdings bist du die Mutter derjenigen, denn du bist nur ein Weib und kein Mann. Damit die Zuhörer dies glauben, will ich dich offenbaren, wie du in Wahrheit in der Urschöpfung aus Gott aussiehst.“
Bei diesen Worten begann der Drache wieder sehr gewaltig zu brüllen und sich unbändig zu gebärden und protestierte gegen diese Vergewaltigung. Ich aber streckte die Hände aus und sagte: „Verschwinde dieses Phantasiegebilde und die Wahrheit stehe vor uns!“ In diesem Augenblick verschwand die Drachengestalt und ein wunderherrliches Frauenzimmer stand vor den Augen der Zuhörer.
Ein erregtes Erstaunen überkam die Gesellschaft und alles sagte: „So etwas Herrliches, Himmlisches hat die Welt noch nie gesehen. Man könnte sich verlieben und sie anbeten wie eine Göttin, wenn man nicht das Böse, und zwar das Satanisch-Böse, in dieser Herrlichkeit, göttlichen Weisheit und Allmacht gesehen und bereits sehr empfindlich durchgekostet hätte.“ Nachdem das Staunen sich ein wenig gelegt hatte, gab Ich das Zeichen zur Ruhe und fuhr fort: „Nun, du herrliche Satana, sage uns, ob Weiber ohne Männer Kinder haben, oder ob du davon ausgenommen bist?“ Auf diese Frage hielt Ich ein wenig inne und wartete. Die Satana schaute zu Boden und schwieg.
Ich aber sagte ihr: „Siehst du, wie es heutzutage ist, so war es auch mit dir der Fall. Du hast die Aufgabe gehabt, die Welt mit Geistern zu bevölkern, welche die ewige Liebe durch dich ins Leben rief. Freilich ging das nicht so zu, wie heutzutage, materiell, sondern der Wille der göttlichen Liebe schuf die Geister durch dich so zahlreich, wie die Tropfen des Morgentaues am Grase. Aber du warst nur die Gebärende, nicht die Zeugende. Und dieses konnte nur durch die demütige Liebe zu Gott, deinem Manne, der dich aus Sich gestellt hat, geschehen. Als du aber widerspenstig, hochmütig und die demütige Liebe versagend geworden bist, hörte das Zeugen und dadurch auch das Gebären auf. Sage nur aufrichtig, ob es nicht so war?“
Wieder schwieg Satana und schaute zu Boden wie angenagelt. Daher fuhr Ich weiter: „Nun sagst du, dass die Menschen deine Kinder sind und du das Recht dazu hast, sie zu verderben. Wärest du nicht ein Bestandteil Gottes, das erzböse geworden ist, dann hättest du wohl ein Recht, so zu sprechen. Aber du bist doch aus Gott genommen, von Gott erschaffen und hattest deine Aufgabe zu vollziehen, zu der du bestimmt warst. Da du aber als geschaffenes Wesen kein Urrecht besitzest, das, was Gott durch dich erschuf, als dein Eigentum zu erklären, daher ist deine Aufgabe nur, Gott zu dienen und Ihn zu lieben, nicht aber als ein erzböses Wesen Seine Kinder zu verderben und dir ähnlich zu machen. Da sie aus deiner Seele, seelisch und leiblich, gebildet sind, ist es eben die Liebe Gottes, welche dich nach und nach durch die Seelenpartikel der Menschen zurückführen und erlösen will.“
Bei dieser Äußerung stampfte die Satana, dass ein gewaltiges Erdbeben entstand, welches die Zuhörer in Bangen versetzte. Ich aber streckte die Hände aus und befahl ihr, ruhig zu sein, worauf sie sogleich gehorchte, eigentlich gehorchen musste, da Ich ihre Macht lähmte. „Also verhält sich die Geschichte und nicht anders. Nun spreche du, Satana, ob es so ist, wie ich der Wahrheit gemäß geoffenbart habe!“
Da
erhob die Satana ihre zu Boden gesenkten Augen und begann voller Feuer sich
vorzubereiten, Mir zu entgegnen, was ich ruhig zuließ. Nun fing sie mit hohem
Pathos an, sich zu brüsten, dass sie doch Mutter sei und als solche das
gleiche Recht wie Gott auf die Kinder habe, um so mehr, da der menschliche
Leib samt der Seele der eigentliche Leib ihrer Seele sei, der ihr fort und
fort geraubt und gegen ihren Willen verwendet wird. Daher, sagte sie, dass
ihr dieselben, wenn nicht noch höhere Rechte zu den Kindern zustehen würden,
als Gott, da sie doch Leib aus ihrem Leib genommen und gebildet habe. Somit
habe sie das Anrecht auf alle Menschen in allen Welten und Schöpfungen aus
ihr.
(Des Anführers allmächtige Erwiderung. Satana und ihr inneres böses Wesen. Paradiesische Aussicht vom Berge aus.)
Nun erhob Ich Mich zu einer gewaltigen Entgegnung auf diese Rechtsansprüche der Satana und sagte ihr: „Weißt du was? Ich habe dir eben erklärt, dass du keine Gottheit aus dir selbst, sondern ein durch Gott erschaffenes Wesen bist, und hast das zu tun, was dir Derjenige sagte, der dich als Sein Werkzeug erschaffen hat. Dann sprichst du von Mutterrechten an deinen Kindern. Höre, du unverbesserliches Wesen: Ist es die Pflicht der Mütter, ihre Kinder zu verderben und zu Teufeln und Satane umzugestalten? Weißt du nicht, dass man den Müttern, welche ihre Kinder zu Dieben, Räubern, Mördern und Ausgeburten der Menschheit erziehen, dieselben wegzunehmen und unter andere Pflege und Erziehung zu stellen das Recht hat?! Was sagst du dazu?!“ Hier schwieg sie und schaute zu Boden, ohne eine Erwiderung zu geben sich getrauend.
Daher fuhr Ich fort: „Siehst du, eine solche Rabenmutter bist du, denn du willst nur Böses aus deinen vermeintlichen Kindern hervorbilden, und wenn sie zuletzt ins Geisterreich treten, als grausame Tyrannin an ihrem Elende dich ergötzen. Gehe Mir augenblicklich aus Meinen Augen, du elende Schlange der höllischen Bosheit!“ In diesem Moment wurde aus der göttlichen Herrlichkeit wieder die Drachengestalt und sie verschwand unter fürchterlichem Gebrüll und Gestampfe, dass der Erdboden ganz gewaltig zu schwanken und zu beben begann, und die Gemeinde in Angst versetzt wurde.
Ich wandte Mich nun zur Gemeinde und sagte: „Sehet, liebe Kinder, wie sich die Tatsachen verhalten! Man muss göttliche Geduld haben, um die Schlange nicht zu züchtigen. Frech und verlogen wendet sie alles an, was ihr zur Erreichung ihrer Zwecke dienen kann. Und es ist die Mehrzahl der Menschen, die den verführenden Gelüsten ihres Wesens gern folgen, und daher das viele Böse auf der Welt, welches die Herzen der Menschen mit Sünden und Verbrechen gegen Gott und die Nächsten voll füllt. Ich habe euch den Grund der Verdorbenheit der Welt gezeigt und ihr tut nun gut, euch das zu merken, um nie mehr Sünden zu begehen.“
Darauf sagte Ich: „Unsere erste Begegnung ist vorüber. Diesmal war Ich allein der Handelnde. Nun werden andere Szenen folgen, welche gewisse Aufgaben zu verrichten von euch fordern werden. Wir bleiben noch eine Stunde auf dem Berge und derweil könnt ihr die schöne Aussicht genießen, die sich vor euren Augen ausbreitet.“
Jetzt erst wurden die Zuhörer aufmerksam auf die paradiesischen Landschaften und Örtlichkeiten, die sich vor ihren Augen ausbreiteten. Und sie gerieten ganz in Entzücken über die Herrlichkeiten, die sich ihren Augen darboten und wunderten sich laut über die nie gesehenen Landschaftsbilder, die wie in einem Zauberbilde ihre Phantasien bewegten. Ich ließ sie ruhig diese Schönheiten betrachten und bewundern und unterhielt Mich mit Martin Luther, der zwar die Landschaften sah, aber dessen Aug, Ohr und Herz doch bei Mir war, was auch Mich anregte, ihm manch schönes Geschichtchen aus diesen Landschaften in Hauptzügen zu erzählen, selbstverständlich nur, was die Führung Meiner Kinder daselbst betraf.
Nach Verlauf einer Stunde sagte Ich, dass die Zeit herangerückt sei, dass wir aufbrechen und wieder ins Tal gehen müssen, worauf sich alles vorbereitete, auf das gegebene Wort niederzusteigen. „Auf Kinder! Wir treten unsere Wanderung wieder an“, rief Ich endlich zur Gesellschaft, und rasch ging es bergab in die Niederung, welche ihnen ganz anders erschien als früher, als sie anfingen, den Berg zu besteigen. Denn ihre Gedanken sind viel geistiger und zu Gott strebender geworden, dadurch haben sie auch ihr geistige Sehe verfeinert, das Herz veredelt und die Liebe hob ihre Brust hoch zu Gott, der vor ihnen ging, den sie aber hoch in Ätherregionen zu sein wähnten. In die Niederung gekommen, gingen wir direkt auf die Landstraße, die weiß wie Schnee war und sich durch das Tal hindurchzog.
(Ein Dorf der Armen und Bedürftigen, die wie die Zigeuner lästig bettelten.
Liebevolle Bewirtung, Bekleidung und Aufnahme derselben in die Gesellschaft,
welche dann die Engel in der göttlichen Lehre unterrichteten. Gefallen des
Anführers an der Mildtätigkeit.)
Nachdem wir gute zwei Stunden gegangen waren, kamen wir in eine Ortschaft, welche sehr armselig aussah. Ich führte die Gesellschaft nämlich wieder weg und in die Gegenden der Armut und des Elends, daher diese Verwandlung des Bildes. Im Dorf angekommen, liefen eine Menge armer, halb angezogener und zerfetzter Menschen uns entgegen und baten uns um Unterstützung und Brot. Ich machte halt und sagte zur Gesellschaft, wir wollen hier ein wenig rasten, ohne sie aufzufordern, sich mildtätig zu zeigen. Wir lagerten uns auf einer großen Wiese neben dem Dorfe, und Ich ließ durch inneren Antrieb die Dorfbewohner recht fleißig betteln und bitten bei der Gesellschaft, sagte aber gar nichts, als hätte Ich nichts bemerkt.
Eine kurze
Zeit schaute die Gesellschaft auf Mich, was Ich sagen und anordnen werde
wegen der armen Dorfbewohner, die wie die Zigeuner lästig waren und um alles
Denkbare baten. Da Ich gar keine Miene machte und Mich stellte, als würden
Mich diese verkommenen Dorfbewohner gar nichts angehen, noch Mein Herz zur
Mildtätigkeit rühren, stand ein alter ehrwürdiger Mann auf und sagte: „Liebe
Brüder und Schwestern, ich meine, dass unser Führer deshalb keine Augen,
keine Ohren und kein Herz für die armen Bewohner dieses Ortes hat, weil er
uns prüfen will ob wir Mitleid mit den Armen haben werden. Ich hätte schon
längst nach meinem Vorrat gegriffen, wenn mich die Rücksicht auf Ihn nicht
zurückgehalten hätte. Nachdem Er aber nichts dergleichen tut, als wollte er
uns anspornen selbst diesen Armen zu helfen, - daher tun wir dieses nun
selbst.
Es sind Arme, Durstige und Hungrige; wir aber haben von allem genug. Daher mache ich den Vorschlag: Wir sollen auch so gegen diese Armen handeln, wie unser Anführer gegen uns getan! Wir wollen ihnen zu essen und zu trinken geben, und wer Kleidungsstücke hat, die er entbehren kann, der kann sie hergeben, damit wir diese halbnackten und zerfetzten Brüder anziehen und uns ebenbürtig machen. Brüder! Schwestern! Hier ist meiner Ansicht nach ein Feld für uns, wo wir uns in mildtätiger Nächstenliebe üben können. Auf! Brüder, Schwestern, jeder tue nach seinem besten Wissen und Gewissen und betätige sich in der Nächstenliebe.“
Kaum dieses ausgesprochen, sah man eine Menge Menschen aus den nächsten, an Hügeln gelegenen armen Hütten herunter und zu der Gesellschaft eilen. Als der alte Mann dies sah, sagte er: „Ei, ei, schaut hin, wie viele arme Menschen diese Gegend birgt! Desto besser, je mehr Arme, desto mehr Gutes können wir tun, denn wir sind zahlreich genug und arm keinesfalls, denn würde uns das Nötige zu verteilen fehlen, so wenden wir uns an unseren Führer mit der Bitte, Er wolle uns behilflich sein. Denn Er ist ein gar mächtiger Herr unter uns, und Er braucht nur unseren recht mildtätigen Willen zu sehen, so wird er uns gewiss helfen in der Not. Daher mache ich euch den Vorschlag: Jeder tue nach seinem besten Willen und Können Gutes soviel er kann. Ich bin überzeugt, dass dies der beste Dank unserem lieben Vater Jesus wird, der uns schon so viel Gutes durch Seinen hohen Diener, der als unser Anführer unter uns weilt, getan.“
Nach dieser Ansprache rief er laut: „Unser Vater Jesus lehrte: ,Was ihr dem Geringsten aus Meinen Kindern getan, das gilt bei Mir so viel, als hättet ihr es Mir getan!’ Also tun wir Gutes und Edles an diesen armen Kindern unseres Vaters Jesus, soviel und so gut als uns irgend möglich ist.“
Kaum diese Worte ausgesprochen, suchte gleich ein jeder in seinem Vorrat, was er tun kann, und verwunderte sich nicht wenig, dass da Brot und Wein im Überfluss war. Daher entstand ein Leben und Bewegen, wie auf einem großen Marktplatz, denn jeder sah ein, dass hier ein Wunder geschehen und somit genug Brot und Wein zum Austeilen vorhanden war, um diese armen Leute zu beschenken, dass sie sich sättigen und den Durst stillen konnten. Daher sagte man ihnen, dass sie sich in Reih’ und Glied aufstellen sollen, damit niemand zu kurz komme. Dies geschah bereitwillig, und so lagerten sich bald darauf die Armen in mehreren Reihen auf dem Boden. Und nun ging es fleißig zu mit dem Austeilen des Brotes und Weines, bis alle gesättigt und befriedigt wurden.
Als dies fertig war, stand wieder der alte Mann auf und sagte: „Brüder und Schwestern! Gewiss ist es, dass so mancher unter euch doppelt Kleider hat, wozu braucht er sie im Himmel beim Vater? Dort bekommen wir Hochzeitsanzüge, denn dort finden wir den Bräutigam unserer Seelen. Daher schlage ich euch vor: Jeder gebe alles Überflüssige diesen Armen und wir haben dann genau nach den Worten unseres geliebten Vaters Jesus in der Bergpredigt gehandelt. Wohlan, Brüder und Schwestern, tun wir das; wir haben dann so gehandelt, wie Bruder zu Bruder, Schwester zu Schwester, und das ist das einzig Wahre in unserer jetzigen Lage gegenüber diesen Armen.“
Auch dieser Vorschlag wurde gut aufgenommen und jeder tat, was er konnte und so stand bald eine zweite ebenbürtige, über 10.000 Köpfe zählende Menge Volkes anständig angezogen und gut verpflegt da.
Jetzt
erst stand Ich auf und ging zu der Gesellschaft und sprach: „Kinder! Eure
Mildtätigkeit bewegt Mein Herz und ihr seid Mir dadurch bedeutend teurer und
lieber geworden. Nur so vorwärts! Und euer Einzug in den Himmel wird herrlich
werden. Ich habe Mir die Mühe gemacht, recht tätig unter euch zu sein, wenn
ihr nach Meinen Worten handeln werdet, und ihr habet wahrlich das Rechte
getan. Weil aber diese nun bekleideten und gesättigten Menschen gar armselige
Wohnungen haben, so wollen wir sie mitnehmen auf unserer Wanderung in den
Himmel, denn sie verlieren nichts dabei, sondern sie werden bei unserer Kost
ganz gut überstehen und gern unter uns bleiben. Daher erteile Ich den Engeln
die Order, dass sie dieselben belehren, damit sie eine und dieselbe Religion
haben und uns gleichwerden.“
Nach diesen Worten traten die Engel in entsprechender Ehrfurcht vor Mich und erwarteten still die Order. Und als sie dieselbe erhielten, begaben sie sich sogleich zu den neuangenommenen Brüdern und Schwestern und belehrten sie gründlich über Zweck und Ziel des Menschen. Und so haben wir einen guten Fischzug hier gemacht.
(Wanderung durch eine Bergschlucht. Begegnung mit Soldaten. Entscheidende
Antwort dem Festungs-wacheanführer. Entwaffnung der Soldaten und Einnahme der
Raubmörderfestung.)
Da die Gegend sehr armselig war, haben die Bewohner sie gern verlassen. Besonders auch des Umstandes wegen, weil sie zu einer Kost gelangten, die ihnen überaus vortrefflich schmeckte. Nachdem alles beendet war, brachen wir auf und zogen weiter, mehrere Stunden lang. Endlich gelangten wir in eine Bergschlucht, welche sich in einer Länge von fünf Stunden hinzog. Hier überraschte uns plötzlich eine Abteilung von Soldaten, welche uns als Feinde betrachtete und verlangte, wir sollten und müssten mitgehen, um uns zu legitimieren. Sie wollten, dass wir uns in eine Festung, die sie in dieser Schlucht erbaut hatten, um den Durchgang zu überwachen, begeben sollten, um gehörig ausgefragt zu werden, was wir in so großer Anzahl vorzunehmen gedächten.
Da trat Ich vor und sagte: „Brüder und Freunde, wir haben nichts feindliches vor, denn ihr sehet doch, dass wir unbewaffnet sind und daher nichts Arges im Schilde führen. Lasset uns ruhig weiterziehen, denn wenn es auf die Probe der Macht ankäme, so sind wir auch ohne Waffen stärker als ihr mit Waffen, denn ihr sehet doch, dass die ganze Schlucht voll von uns ist. Was wollt ihr da gegen uns vornehmen, da wir euch im Handumdrehen überwältigen können? Darum ist es am besten für euch, dass ihr uns in Ruhe lasset, wie wir euch.“
Diese Antwort wollte dem Anführer nicht recht munden und er sagte: „Ich kann ohne unseren Festungs-kommandanten keine Konzessionen machen, daher komme Du und wer unter euch der Erste ist, mit uns, und wir wollen sehen, was unser Kommandant sagt.“
Darauf erwiderte Ich ihm: „Höre Freund, Ich bin kein Untertan, sondern selbst ein gewaltiger Kommandant, vor dem sich alles beugen muss. Daher kann Ich deinen Vorschlag nicht annehmen, sondern wenn du etwas von Mir haben willst, so rufe du deinen Kommandanten zu Mir und Ich werde ihm schon sagen, wer Ich bin.“ Diese Antwort war dem Anführer genug und er stellte sich sogleich angriffsfertig mit seiner Abteilung vor uns hin und bedrohte uns. Ich aber gab den mitgehenden Engeln einen Wink, und im nächsten Augenblick waren die Soldaten entwaffnet und dadurch kampfunfähig.
Nun fragte Ich den Anführer, ob er keine Lust habe uns anzugreifen, da er ein paar Minuten vorher so selbstbewußt gegen uns aufgetreten sei? Dieser machte nun eine bittersaure Miene und meinte: „Das ist unsere Order so zu handeln, daher konnte ich auch gegen euch nicht anders vorgehen. Wie ich nun sehe, seid ihr gar gewaltige Geister und daher ist mit euch am besten nichts anzufangen.“
„Ja Freund, warum hast du früher das nicht eingesehen, dass wir gewaltig sind. Oder meinst du noch, dass du uns mit deiner handvoll Soldaten meistern wirst? Oh, das wird nicht gehen! Im Gegenteil, wir werden euch überwältigen, und somit ziehen wir ohne weiteres in eure Festung ein, um sie zu zerstören. Denn ihr seid nichts anderes als Räuber und Mörder und wir die Zerstörer der Raubnester. Also ziehen wir in eure Raubmörderfestung ein und ihr geht voraus, um uns anzumelden.“
Die im Soldatenanzug stehenden Räuber und Mörder, selbstverständlich von der Erde her noch so genannt, weil im Geisterreich doch niemand ermordet werden kann, werden ganz erschrocken über dieses Vorhaben und eilen in die Feste, dem Kommandanten zu melden, was ihnen passiert ist, und dass wir auf dem Wege seien, ihre Festung zu zerstören, weil wir angegriffen und dadurch beleidigt worden seien.
Der Kommandant ließ schnell die Festungstore zusperren und alle Zugänge besetzen, damit wir nicht hineingelangen könnten. Ich aber wusste den geheimen unterirdischen Zugang, daher sagte Ich: „Die Gesellschaft soll langsam vor die Festungstore rücken und den Eingang verlangen. Während dieser Zeit werde Ich mit den Engeln in die Festung durch den geheimen Eingang dringen, um kein Aufsehen zu erregen, wer Ich sei, davor Mir alles weichen und gehorchen muss, und werde im schnellsten Gang alle Tore öffnen und die Gesellschaft einlassen.“ Gesagt, getan, und die Festung wurde bald voll von der eingedrungenen Gesellschaft.
(Fragen des Anführers an den Festungskommandanten: wer sie seien, und welche Beschäftigung sie da hätten; und dessen lügenhafte Aussage. Vollwahre Gegenaufklärung des Anführers und die Aufklärung über die Zustände im Geisterreich. Welche Bücher in Zukunft gelesen werden.)
Nun ließ Ich die überwältigten Raubmörder im Soldatenanzug vorführen, deren es über 3.000 gab und sagte: „Saget Mir die Wahrheit! Was ist eure Beschäftigung hier?“ Auf diese Frage antwortete Mir der Festungs-kommandant: „Wir sind Soldaten und beschützen diese Schlucht, dass kein Feind durchkommen kann, um im Lande zu plündern und zu rauben.“ „Gut“, sagte Ich ihm, „dann sage Mir, wer hat dich hier aufgestellt, um diese Schlucht zu bewachen?“ Darauf erwiderte er Mir: „Der Landesherr, der diese große Landschaft regiert, die sich da gegen Osten erstreckt.“ „Auch recht, jetzt sage Mir: Wie heißt er und wo wohnt er?“
Auf diese Frage konnte er Mir keine Antwort geben und meinte: „Hier im Geisterreich ist es nicht so, wie auf der Erde. Man wird angeworben, kommandiert und man tut seine Pflicht, mehr kann ich Dir nicht sagen, denn ich weiß selber nichts mehr.“ „Ah so! Du weißt nichts mehr? Wenn Ich aber dir kundgebe, dass alles, was du Mir berichtet hast, ganz nach Art der Diebe und Räuber erlogen ist, was hast du Mir darauf zu antworten?“ „Das gibt’s nicht. Ich sagte, was ich wusste und mehr weiß ich nicht.“
„Auch gut, dann muss Ich dich aufklären, was Ich weiß von dieser Festung, und somit höre die wahre Geschichte: Du bist ein Räuber und Mörder. Als solcher hier von der Erde angekommen, hast du ein gleiches Raubgesindel, wie du bist, um dich gesammelt. Und ihr habt mit vereinten Kräften diese Festung erbaut, in der du dein eigener Landes- und Festungsherr bist und beraubst die durchziehenden Reisenden, wie und wo du sie mit deinen Helfern findest, und hier Schätze auf Schätze vom Raub und Überfall häufst. Nun hat sich dein Anführer an dem Falschen vergriffen und dadurch bist du Mein Gefangener samt deiner ganzen Besatzung geworden. Hast du gehört? Das ist die vollwahre Geschichte deiner Festung und deiner Festungs-kommandantschaft. Das Weitere wird bald folgen.“
Darauf ließ Ich die bekehrten und mitziehenden Räuber auftreten, was in einigen Minuten geschah, und sagte zu ihnen: „Diese Gefangenen sind Räuber, wie ihr wart, daher werdet ihr am besten wissen, was mit ihnen zu geschehen hat. Diese überlasse Ich daher euch.“ Die bekehrten Räuber sagten nun: „Lieber Freund, unsere Absicht wäre, mit diesen dasselbe zu tun, was ihr mit uns getan, und daher befreien wir sie vor allem von ihren Fesseln, dass sie nicht als Gefangene sich unter uns fühlen werden.“
Ich erwiderte ihm: „Gut, es steht euch frei, nach eurem Ermessen mit ihnen vorzugehen. Ich werde euch nichts in den Weg legen. Handelt nach eurem besten Wissen und Gewissen und es wird schon recht werden. Denn wenn ihr aus Nächstenliebe handelt, dann kann nie gefehlt sein.“ Nach diesen Worten verließ Ich die Räuber und wandte Mich zu Martin Luther und sagte: „Siehe, Ich lasse die Leute selbst handeln, damit sie selbständig werden. Denn auf Kommando tut jeder, was ihm befohlen wurde. Wenn er aber aus sich selbst handeln muss, dann ist er bemüßigt zu denken, wie er es anstellen soll, dass er das Rechte ergreife und gut durchführe. Denn durch die Praxis wird man selbständig und ein Meister im Ausführen. Lassen wir daher die Räuber ihre gewonnenen Erkenntnisse nutzbringend verwerten. Wir aber gehen uns ein wenig die große Festung anschauen, denn da wird es manches geben, was unser Interesse erwecken wird.“
Darauf verließen wir die Räuber und begaben uns zur Einsichtnahme der inneren Einrichtung, welche vielversprechend war. Ich führte sie zuerst in die Wohnung des Festungskommandanten, die sehr geräumig war und aus vielen Zimmern bestand. Selbstverständlich konnten diese Einsichtnahme nur die Wenigen, welche um Mich waren, genießen. Die große Masse des zahlreichen Volkes füllte alle freien Plätze der Festung aus und wartete auf die Resultate unserer Besichtigung und was mit den Räubern vorgenommen werde.
Die Wohnung des Kommandanten war prächtig, denn alles Schöne, was da zusammengeraubt wurde, hatte der Kommandant wie in einem Museum aufgestellt, um es stets zur Besichtigung bereit zu haben und seine Augen daran zu weiden.
Ich muss hier eine kleine Aufklärung über die Einrichtungen im Geisterreich geben, damit die Leser die vollwahre Erzählung aus der Entwicklung und Geschichte Martin Luthers und seiner Glaubensgenossen nicht nur als eine Erdichtung von Meinem Schreiber betrachten, sondern erfahren, dass im Geisterreich dasselbe besteht, wie auf der Erde; was den Spiritisten aus den Geisteroffenbarungen gut bekannt ist, nicht so den übrigen Menschen, welche sich um nichts kümmern, als bloß um das, was sie durch die Priester erfahren haben. Alles übrige, was die Priester nicht predigen oder als ketzerisch erklären, ist ihnen verwerflich und ketzerisch, ohne selbst nachzudenken, ob auch alles wahr ist.
Habe Ich nicht gelehrt: ,Prüfte alles und das Gute behaltet!’ Also tuet und merket euch, dass nicht alles Gold ist, was glänzt! Eure Glaubenslehrer sind viel zu fanatisch und unduldsam. Wären sie Meine echten Diener, so würde Ich sie erleuchten, damit sie euch Meine reine Lehre so vortrügen, wie Ich sie möchte vorgetragen haben. Sie reiten viel zu viel auf den Buchstaben herum oder nagen an der äußeren Rinde, während das Innere, der Kern, der den Geist vorstellt, unverstanden bleibt, und daher das Falsche in der Lehre.
Ich bin Geist und als solcher gebe Ich euch nur geistige Speise, und diese ist es, welche das ewige Leben in sich birgt. Was soll Ich von den römischen Menschensatzungen sagen? Sie sind eine böse Krankheit für das geistige Leben der Gläubigen und aller wahren Grundlage bar. Und daher sind hauptsächlich die römischen und orthodoxen Gläubigen die unglücklichsten Menschen, wenn sie ins Geisterreich treten. Daher ließ Ich die glaubenslose Sozialdemokratie wuchern und sich entwickeln, um die verblendeten und fanatischen Menschen von der Kirche wegzuziehen. Denn der Gottesleugner und Zweifler, wenn er früher ein Gläubiger war, ist leichter zu bekehren als die fanatischen Kirchenläufer, welche kein Wort reden lassen und alles für Ketzerei erklären, was nicht nach den Worten der Priester ist.
Noch eine kurze Zeit und das morsche Gebäude des falschen Priestertums, ob im Ornate oder ohne dasselbe, wird aufhören. Und nur Meine reine Lehre wird durch Meine eigenen Diener euch gelehrt werden, während das bisherige Falsche vernichtet wird, aber nicht durch Menschen, sondern durch Mich, damit ihr klar sehen werdet, was gut und was schlecht ist. Denn nur diese Bücher, welche übrig bleiben, werden als gut erkannt werden. Alles Übrige, sei es Buch oder Zeitung oder sonst etwas, welches euch hindert, an Mich zu denken, wird in Luft verwandelt und nirgends mehr zu sehen sein, weil sonst nie eine Herde einig mit ihrem Hirten Jesus entstehen könnte.
Dass die Bücher, welche Ich durch Mein Medium, der euch dieses offenbart, reichen werde, gut und einzig und allein einen Bestandteil der zukünftigen Bücherei bilden werden, sei euch als Vorwarnung gesagt. Nicht dass dieses Medium allein die Bücher schreiben wird, sondern Ich will damit sagen, dass diese Bücher, die er in separatem Anzeiger euch vorlegt, gut und die echte Lehre enthaltend sind, und damit wisset ihr, wie ihr daran seid.
Zurückkommend auf die Einrichtungen im Geisterreich habe Ich noch zu sagen, dass der Mensch selbst der Schöpfer seiner Wohnung in der Geisterwelt ist. Je niederer sein Charakter und seine Eigenschaften, desto armseliger die Landschaft und die Behausung, welche er aus sich selbst erschaffen kann.
Daher: Je mehr Liebe, Demut und geistiger Gemeinsinn, desto lichter und weiser - desto schöner und herrlicher sein geistiger Aufenthalt. Es ist ebenso, wenn man, weltlich gesprochen, einen Vergleich machen will: wie der sich entwickelnde Unterschied zwischen der stockfinsteren Nacht und der sich entwickelnden Helle bis zur Mittagssonne. Und so ist auch das ganze Wesen des Menschen: Vom finsteren Scheusal angefangen bis zum wie Sonne leuchtenden Engel aufsteigend; und so auch diesem entsprechend, was er sich schafft und erschafft.
Der Mensch ist daher durch seine Tugenden und Untugenden ein Gotteskind oder ein Satanskind, ein Teufel der Geisterwelt. Weil der Mensch geistig sich nicht hinter einem Fleischkörper verbergen kann, sondern, wie er ist, so sieht er äußerlich aus und so lebt und so handelt er, weil Heuchelei und Verstellung durch den Abfall der Fleischdecke nicht mehr möglich ist. Und so ist dann der Mensch in allem, was er benötigt, nach seinem inneren Werte dastehend, weil er sich alles aus sich selbst, aus seinem Inneren erschaffen muss, während er im Fleischkörper mit Händen schafft. Aber einmal erschaffen, ist es auch tatsächlich real für ihn dastehend, während das Materielle der Welt für den Geist nicht mehr besteht.
Daraus kann man sich den Unterschied vorstellen von dem sonnenlichten Engel bis herab zu dem stockfinsteren Gottesleugner und in Sünden verharrenden Verbrecher, weil das Licht, das Schaffen aus sich selbst vom Geiste Gottes im Menschen ausgeht, und wenn der Mensch stockfinster ist, so hat er eben keine Liebe, keine Tugenden, keine Werke der Nächstenliebe, und somit hat er kein Licht, weil er von Gott so bedient wird, wie er nach seinen Tugenden oder Untugenden und Eigenschaften innerlich beschaffen ist.
Daher
auch die Antworten vieler Geister bei spiritistischen Sitzungen, dass sie
kein Licht haben, was für euch soviel bedeutet, dass ihr mit niederen,
teuflische Gestalten habenden Geistern zu tun habet. Von solchen erfahret ihr
nichts als Lüge, weil sie euch zum Narren halten. Daher sollet ihr selber
solche belehren, auf ihre Aussagen aber kein Gewicht legen.
Diese kleine Aufklärung war nötig, damit ihr die Zustände in der Geisterwelt, wie Ich sie euch hier schildere, nicht für eine Phantasie betrachtet. Glaubet ihr aber Mir nicht, so leset spiritistische Bücher, besuchet selbst einen Zirkel, wo Manifestationen der Geister vorkommen, dann wird euch das hier Gesagte als wahr und echt erscheinen. Jeder erfahrene Spiritist wird euch dies bestätigen. Somit muss es auch so sein und damit genug von dem.
(Beschau des zusammengeraubten Festungsmuseums und der Festungsräume. Zerstörung
der Festung und Verwandlung des Bodens samt der Schlucht in ein ebenes Feld.
Einnahme der Mahlzeit.)
Wir beschauten das schöne, sehr bedeutende Museum des Festungskommandanten, das er sich durch Beraubung der durchreisenden Geister eingerichtet hatte. Dann wanderten wir weiter durch verschiedene große Räume, welche Wohnungen der übrigen Räuber waren, was alles sehr schön aussah; denn mit geraubtem Gut ist leicht prunken.
Ich
will euch nicht verschweigen, dass die Räuber auch ihre Weiber hatten und
diese mit den Gefangenen das Los teilen mussten. Nachdem wir die ganze Feste
durchwandert hatten, kehrten wir zurück auf den Platz, wo die bekehrten
Räuber mit den Gefangenen verhandelten. Als wir wieder am Platze erschienen, gab es eine große Schimpferei
der Gefangenen über uns, dass wir wie Räuber eingedrungen seien und dass wir
nun in ihren Magazinen plünderten, ohne ein Recht dazu zu haben. Daher
wollten sie nichts von den Zureden der bekehrten Räuber hören und verlangten,
in ihre Rechte als Herren der Festung eingesetzt zu werden.
Ich näherte Mich deshalb den Schreienden und sagte: „Welche Rechte habt ihr denn auf diese Feste? Ihr habt doch gesagt, dass ihr nur angeworbene Söldlinge des Landesherrn seid. Wenn aber dies, dann seid ihr keine Herren, sondern von uns besiegte Gefangene und als solche habt ihr nichts zu reden, sondern zu gehorchen, was wir mit euch beschließen. Übrigens, wir sind bereit, euch sogleich frei zu lassen, wenn ihr euch ausweisen könnet, dass ihr wirklich das seid, für was ihr euch ausgebet.“
Diese entschiedene Sprache brachte die Schreier zur Besinnung, dass sie mit jemanden zu tun hatten, der ihnen entgegentreten konnte. Daher schwiegen sie zuerst, dann aber fingen sie von neuem an, dass sie in der Festung belassen werden müssen, weil sie dieselbe bewachen müssen und daher solle man sie in Ruhe und weiterziehen lassen, denn sie hätten uns nichts getan, als ein wenig gedroht und wir hätten das gleich als Kriegserklärung aufgenommen, sie überfallen, besiegt und die Festung eingenommen.
Ich
machte ihnen nun begreiflich, dass sie nach dem Kriegsrecht im Geisterreich
nichts zu reden haben, da sie dieses Recht in ihrer Feste eingeführt und
fleißig gehandhabt hätten, was das große Museum von geraubten Gegenständen
beweise. Daher sollten sie sich nicht wundern über uns, wenn wir nun ihre
Festung sogleich zerstören werden.
Nun gab Ich den Engeln einen Wink und diese gingen eiligen Schrittes an die Befestigungen, als wollten sie diese zu zerstören anfangen, und gingen im Laufschritt herum, während man ein großes Krachen und Donnern von niederstürzenden Mauern hörte. Die Räuber hörten mit Entsetzen das Krachen und Donnern an und wussten nicht, ob das möglich sei, da die Engel keine Werkzeuge hatten. Nun sagte Ich zum Festungskommandanten und seinen Abteilungsführern: „Kommet her, um mit Mir eure Festung zu besichtigen, wie sie nun ausschaut!“
Sogleich
erhoben sich alle, auch die gewöhnlichen Soldaten und gingen mit Mir und
Meinen Begleitern, zu schauen was da geschehen war. Wie erstaunten sie aber,
als nichts mehr von den Befestigungen zu sehen und auch die Schlucht
vollgefüllt mit Erdreich war. Sie trauten ihren Augen nicht und schauten uns
verwundert an, wer wir seien, dass wir dieses Bild der Schlucht und der
Festung so schnell zu einem ebenen Felde umgestalten können.
Ich wandte Mich zum Festungskommandanten und sagte: „Nun, du wirst doch nicht verlangen, dass wir dir dein Raubnest wieder aufbauen sollen? Hast du aber einen Landesherrn, vor dem du die Klage gegen uns erheben kannst, so wollen wir mit euch hingehen und unsere Strafe entgegennehmen. Also erhebe dich mit deiner Räuberbande und führe uns zu deinem Landesherrn! Denn siehe, Ich ließ dir alles zerstören, jetzt sind auch die inneren Wohnräume samt deinem Wohnhause und dem sehr kostbaren Museum von geraubten Gegenständen bis auf den Grund verschwunden. Also hast du gar nichts mehr zu suchen und zu bleiben.“
Der Kommandant schaute ängstlich nach dem Ort, wo seine Wohnung stand und da er nichts mehr von allem früheren bemerkte, blieb er wie starr vor uns stehen und musterte uns mit ängstlichen Blicken. Ich aber sagte ihm: „Fürchte dich nicht, wir tun dir kein Leid an, sondern Ich ließ nur dein Trugbild hier zerstören, damit du erlöst wirst von deinen Wahnvorstellungen, die du dir mit deinen Helfern aufgebaut hast. Jetzt bist du und deine Schar frei von allem, was euch lieb und teuer war, aber kein Gutes aus euch erzielen ließ.
Nun sage Mir, was willst du mit deiner Schar beginnen? Willst du dich bekehren samt deinen Spießgesellen, dann will Ich euch mitnehmen und mit allem versorgen. Willst du etwas anderes anfangen, so sage es Mir frei. Denn wir sind keine Räuber oder Kriegsknechte und machen daher auch keine Gefangenen, sondern wir suchen nur, was aus dem Schafstalle Gottes verloren ging. Willst du zu Gott, dann bist du Mir willkommen.
Willst du nicht, dann bist du frei von uns. Denn zu verklagen hast du uns nirgends, da du keinen anderen Herrn kennst, als dich selbst. Ich aber bin ein gewaltiger Herr und vor Mir muss sich alles beugen. Würdest du z. B. wieder eine neue Festung irgendwo anlegen, so kannst du sicher sein, dass Ich dich finden werde. Und dann kannst du dasselbe erleben, was dir hier geschehen ist. Also bedenke wohl, was du wählen wirst. Von Mir aus bist du frei.“
Nach diesen Worten wandte Ich Mich zu den bereits bei uns eingetroffenen Engeln und sagte: „Kinder! Ihr habt eure Aufgabe gut vollendet. Daher wollen wir hier wieder rasten und einen Imbiss einnehmen. Schaffet daher auch das nötige Brot und Wein her, aber soviel mehr, dass auch diese traurigen Freunde mit ihren ängstlichen Weibern zu essen bekommen, bevor wir scheiden, falls sie sich derweil nicht besinnen, bei uns zu bleiben.“
Die Engel entfernten sich eiligen Schrittes und verschwanden im nahen Wald, der sich neben der gewesenen Festung befand, erschienen aber wieder nach einigen Minuten voll beladen mit Brot und Wein und legten das Ganze vor Mich hin. Nun streckte Ich die Hände über die Nahrung, segnete sie und ließ sie unter alle verteilen, was schnellst besorgt wurde.
Darauf
sagte Ich: „Esset und trinket zur Ehre Gottes, eures Vaters Jesus, der auch
beim letzten Abendmahl das Brot segnete, brach und sagte: Nehmet und esset,
und so oft ihr das tut, gedenket Mein! Also auch segnete Er damals den Wein
wie Ich heute und sagte: Trinket alle davon, denn das ist das Blut des neuen
Bundes, das für euch viele zur Vergebung der Sünden vergossen wird. Also
trinket auch heute zur Ehre und Erinnerung an dieses historische,
hochwichtige Ereignis, als unter dem Brote die Lehre Gottes und unter dem
Blute die Liebe Gottes als geistige Entsprechung zum Ausdruck kam. Nun aber
setzet euch und nehmet die Mahlzeit ein.“
(Gespräch der Engel mit den Räubern, und wie aus Teufeln Engel gebildet werden. Der Kommandant meinte, dass er als ein Oberteufel ein Oberengel werden könnte. Die Räuber erklärten sich bereit, sich zu bekehren. Rede des Anführers, dass der Mensch in guten Lebensverhältnissen schon nach göttlichen Geboten leben soll. Die Engel belehrten die neubekehrten Räuber.)
Diesmal aber setzten sich die Engel zu den Räubern und aßen und tranken munter mit. Diese aber konnten nicht genug die Güte des Brotes und Weines loben und fragten die Engel, wo sie so schnell das und soviel hergenommen haben. Die Engel sagten nun, dass sie hohe Geister sind und daher stehe ihnen alles zur Verfügung, was sie sich nur wünschen, und es muss alles geschehen, was sie wollen. Aber sie sind nicht selber die Herren dieser Macht, sondern sie tun nur das, was ihnen befohlen wird, und nur durch die Macht Gottes, dem sie dienen.
Die Räuber horchten aufmerksam zu, was die Engel sprachen und fragten sie, ob sie auch das werden könnten, was diese seien. „Gewiss!“, sagten die Engel, „Wir waren Menschen und sündhaft wie die Menschen sind, aber wir haben uns redlich bemüht, den Willen Gottes zu erfüllen, als wir im Geisterreich angelangt, darüber belehrt wurden, was wir zu tun haben.“
Nun meinte der Kommandant: „Aber ihr seid junge Leute gewesen und willig zu tun, da ihr noch nicht das Lasterleben der Welt durchgekostet habt, denn das ersieht man an eurer Jugendfrische und Schönheit. Wir aber waren lauter Männer und zum Teil schon alt, daher schauen wir aus gegen euch wie Teufel gegen Engel.“
Die Engel schmunzelten ein wenig und sagten: „Ja, ja, es ist so etwas ähnliches. Aber wir sind auch allerlei Menschen und Sünder gewesen, darunter solche, die aus der Tiefe der Hölle sich emporarbeiten mussten und fürchterlich anzuschauen waren. Sieh, das ist alles verschwunden und je geistiger und höher in der Liebe und Demut wir stiegen, desto jünger und schöner sind wir geworden. Somit könnet auch ihr dasselbe werden, wenn ihr das Gesetz der Liebe befolgen wollt.“
Nach dieser Aufklärung sagte der Kommandant zu seinen Leuten: „Freunde! Die Aufklärung über die Emporbildung der Teufel zu Engeln gefällt mir sehr. Ich bin gewiss der Oberteufel, weil ihr ja um nichts besser wie Teufel seid und auch nicht schöner. Denn wenn man euch anschaut und diese herrlichen Gestalten, dann hat man einen lebendig-wahren Begriff von Teufeln und Hölle. Ich habe daher Lust bekommen, aus dem Oberteufel ein Engel, und wenn möglich, auch Oberengel zu werden.
Daher
glaube ich, dass euch das nicht schaden würde; doch tue jeder, was er will.
Ich bin wie der Römer, der sagte: ubi bene, ibi patria (d. h.: wo es mir gut
geht, dort ist mein Vaterland). Und in solcher Gesellschaft und bei
himmlischer Kost wird mir nie leid, diesen Schritt getan zu haben. Ich bleibe
bei meinem Entschluss. Was wollt ihr anfangen ohne mich, ohne Festung, ohne
etwas zu essen zu haben? Ich würde euch raten, bleiben wir zusammen und
lassen wir uns von diesen zu Engeln gewordenen Teufeln belehren und einweihen
in das hochgeistige Leben, und es wird uns gewiss nicht leid werden, diesen
entscheidenden Schritt getan zu haben.“
Auf diese drollige Rede des Kommandanten sagten die übrigen Räuber: „Wir haben zwar nichts einzuwenden, doch wollen wir jetzt die Räuber hören, welche uns vordem belehren und bekehren wollten, als wir noch nichts davon hören wollten, da wir zuviel an unser Hab und Gut und unsere Festung gebunden waren. Jetzt, da alles vernichtet ist und wir obdachlose Bettler geworden sind, jetzt sind wir aber willig, alles anzunehmen, was uns Brot und Obdach verschafft. Nun möchten wir, dass uns diese besagten gewesenen Räuber sagen, wie sie zufrieden sind und ob der Weg nicht zu beschwerlich ist. Dann wollen wir uns entscheiden.“
Sogleich
rief ein Engel die bekehrten Räuber herbei und sagte ihnen, sie sollen ihre
Erlebnisse bis zu ihrer Herkunft erzählen, damit die Brüder hören, wie es bei
uns zugeht. Die Räuber
erzählten nun alle Ereignisse, die sie bisher erlebt hatten, welche die neuen
Räuber mit größtem Interesse anhörten. Und als diese ihre Geschichte beendet
hatten, erklärten die neuen Räuber, dass auch sie bei uns bleiben und
mitziehen wollen.
Jetzt trat Ich zu ihnen und sagte: „Euch geht es wie den Reichen: So lange
sie von allem genug haben, wollen sie nichts von Gott und Buße hören.
Kommt ein Unglück und sie werden zu Bettlern, dann hört man sie freilich sagen: ,Mein Gott hilf!’ Aber es ist entschieden besser, sich nach göttlichen Geboten zu richten, wenn man noch volle Taschen hat. Denn da kann man Gutes tun, und solche Geber sind bei Gott sehr willkommen, weil der Reiche selten ein mitleidiges Herz hat und im Stillen Gutes tut. Solche Spender, die sich durch öffentliche Zeitungen ausposaunen lassen, die haben aber nichts gegeben, weil ihr Lohn die öffentliche Lobhudelei ist, welche öffentlichen, politischen Zwecken dient.
Auch hier im Geisterreich ist dasselbe: Wer mehr durch die Liebe des Herzens Gutes tut, der hat mehr getan als der, welcher seine Lippen dabei wetzt. Anders ist es der Fall, wenn die öffentliche Ansprache den Ansporn der Mildherzigkeit zum Gegenstand hat, dann hat der Redner viel Gutes gestiftet und demnach wird auch sein Lohn sein. Doch soll euch das nicht zum Vorwurf dienen, denn eure geistige Ausbildung steht noch auf der tiefsten Stufe, und somit bleibt es unbeschadet eurem Wesen. Nun aber will Ich Meine Diener beordern, dass sie euch in allem unterrichten, und so geschehe es!“
Sogleich
traten die Engel ein in die Scharen und belehrten die Räuber in allem, was
ihnen zu wissen nötig ist, um in unserer Gesellschaft mitgehen zu können. Selbstverständlich
wurde dabei nicht vergessen zu erklären, dass man Gott um Verzeihung der
begangenen Sünden bitten muss und wie man dies tut, um die Vergebung zu
erlangen.
(Ankunft in einem Ort, wo alle Menschen in brüderlicher Gemeinschaft lebten.
Segnung der Mahlzeit. Loblied der Engel und Einnehmen der himmlischguten
Mahlzeit in fröhlichster Stimmung.)
Als die Engel ihre Lehren beendet hatten, brachen wir wieder auf und gingen nun in die Landschaft, von der bereits die Rede war, dass dort der Landesherr der Festung residiere. Wir blieben da in einem großen Orte stehen und fragten nach dem Herrn des Ortes.
Die
Bewohner aber sagten: „Wir haben keinen Herrn, sondern wir sind lauter Brüder
und Schwestern und leben friedlich und glücklich zusammen, denn wir sind eine
Gemeindefamilie und jeder tut seine Pflicht, und so leben wir Einer für Alle
und Alle für Einen.“ Nun fragte Ich allein: „Ist das euer ganzes
Prinzip oder übt ihr auch Nächstenliebe aus? Sehet, wir sind sehr viele, euer
Ort ist aber auch sehr groß und so könnt ihr uns eine Obstmahlzeit vorlegen,
weil eure Bäume recht voll des reifen Obstes sind.“
„Oh ja“, antworteten sie, „wir tun das gern, denn heuer haben wir besonders viel Obst. Brauchet ihr auch sonst etwas? Wir geben euch gern was wir haben, und ihr seid uns willkommen.“ Darauf sagte Ich: „Ihr seid gute Leute und solche sollen nicht unbelohnt von Mir bleiben. Wir gehen hinaus auf die große Wiese und ihr sollet alle hinauskommen. Niemand soll zu Hause bleiben, und bringet genügend Obst mit, dass wir alle genug haben, dann will Ich euch eine besondere Überraschung bereiten.“
Die
freundlichen Bewohner eilten auf die Bäume und sammelten eine große Menge des
besten reifen Obstes, luden dasselbe auf viele Wagen und kamen damit zu uns
auf die Wiese. Ich ließ nun
die Engel antreten und sagte ihnen, dass sie sollen Brot und Wein holen.
Diesmal verschwanden die Engel und brachten nach einigen Minuten soviel Brot
und Wein, dass auch die große Zahl der Ortsbewohner damit bedient werden
konnte. Selbstverständlich, dass, je mehr sich die Gesellschaft mehrte, desto
mehr Engel erschienen jedes Mal mit den Brot und Wein Besorgenden, so auch
jetzt.
Man kann sich die Überraschung der Ortsbewohner vorstellen, als sie das Verschwinden und Wiedererscheinen der Engel sahen, die voll beladen das Gebrachte vor Mich hinstellten. Als dies geschehen war, ließ Ich alle niedersetzen, segnete das Obst, das Brot und den Wein und ließ alles gleichmäßig verteilen. Als die Verteilung vorüber war, kamen die Engel wieder zu Mir und stellten sich ehrfurchtsvoll in gewisse Entfernung, auf meine Order wartend. Ich ließ nun die Engel im Chor antreten und Gott zur Ehre für die Mahlzeit ein Loblied anstimmen.
Nachdem der Chor gebildet war, sagte Ich zu den Ortsbewohnern: „Ihr seid Protestanten und sehr gute Leute. Daher soll euch heute viel Freude bereitet werden.“ Nun ließ Ich die Engel das Loblied singen, was alle, die die Engel noch nicht singen gehört hatten, in höchstes Erstaunen versetzte, weil so etwas Himmlisches noch nicht gehört wurde. Nach dem Absingen des Lobliedes ließ Ich die Mahlzeit einnehmen, wobei wieder das Staunen alle überkam, weil sie noch nie ein so gutes Obst gegessen hatten, da Ich durch Meinen Willen den Geschmack des Obstes himmlischgut machte. Besonders waren die Ortsbewohner voller Lob, da sie auch das erste Mal die himmlische Kost in den Mund bekommen hatten.
Alle freuten sich und plauderten untereinander und erzählten sich gegenseitig, was sie alles erlebt hatten. Absichtlich ließ Ich aber nicht zu, dass die Rede auf Martin Luther kam. Erst als die Mahlzeit zu Ende war, sagte Ich den Ortsbewohnern, dass ein Anführer der Protestanten auftreten werde, daher sollen sie sich bereit halten, ihn anzuhören.
(Auftreten und Rede Martin Luthers und die brausende Begrüßung seitens der
Ortsgenossen. Letztere wurden in die Gesellschaft aufgenommen. Reise in eine
sehr steinige Gegend, als Abbild des Inneren ihrer Bewohner. Prüfung der
Tugenden der werdenden Himmelskinder an fanatischen Katholiken. Die Liebe ist
der Wanderstab zum Vater.)
Nach diesen Worten trat Martin Luther auf und begrüßte sie mit folgendem Gruß: „Liebe Brüder und Schwestern! Als Begründer der protestantischen Religion, Dr. Martin Luther...“. Bei dieser Nennung erscholl ein brausendes: „Hoch unser Lehrer und Apostel der Reformation!“
Als der Jubel sich legte, fuhr er weiter fort: „Als Lehrer der wahren Christuslehre teilte ich Freud und Leid mit euch, wie das wechselvolle Leben es mitbrachte. Nach vieljähriger erfolgreicher Tätigkeit hat es der liebe himmlische Vater beschlossen, und mich aus der Welt des Wirrwarrs und der Verfolgung geistigen Lebens zu Sich gerufen. Hier stehe ich nun vor euch und kann euch mit Freude erzählen, dass mein Leben gesegnet und mein Lohn groß ist, denn ich bin auf dem Wege zum Vater, was auch aus der Begleitung der Jünglinge, die uns ein so schönes Loblied zu Gott für die geschenkte und gesegnete Mahlzeit sangen, zu ersehen ist. Auch die himmlisch gute Mahlzeit beweist euch, dass wir von Engeln umgeben und in Gottes Liebe vorwärts gehen.
Eure Bereitwilligkeit, uns mit Obst zu bewirten, hat die beste Wirkung auf unseren vielgeliebten Führer zum Vater ins Neue Jerusalem gehabt. Daher hat Er beschlossen, durch mich euch zu verkünden, dass eure gegenseitige und Gottes- und Nächstenliebe Ihn bewogen hat, auch euch mitzunehmen. Daher bleibet gleich bei uns und lasset alles stehen. Es werden schon andere in diese Gegend kommen und euren Ort einnehmen, während ihr mit uns zum Vater Jesus kommen könnt, wo ihr viel Schöneres und Besseres antreffen werdet, als das, was ihr hier verlasset. Darum überlegt nicht viel, sondern ergreifet die seltene Gelegenheit und kommet mit!“
Die Ortsbewohner ließen sich das nicht zweimal sagen, sondern als Martin Luther geendet hatte, riefen alle: „Hosianna unserem Gott und Heiland Jesus! Halleluja unserem vielgeliebten Jesus, unserem Erlöser! Wir gehen mit, wir wollen alle gehen und niemand bleibe zurück! Denn was wir hier gesehen und erlebt haben, ist uns ein genügender Beweis, dass du die Wahrheit gesprochen. Daher hoch unserem Glaubenslehrer Dr. Martin Luther.“
Die Ortsbewohner und alle anderen brachen auf, denn damit war die Rede und auch unser Aufenthalt hier beendet. Wir brachen auf, nachdem unsere Menschenmenge bereits bei 200.000 Köpfe groß war, in eine andere sehr unwirtliche Gegend gehend. Nach mehrstündigem Marsch kamen wir endlich in eine sehr steinige Gegend, wo kein rechtes Wachsen, sondern nur Wuchern der Gewächse anzutreffen war.
Ich sagte zu der Gesellschaft: „Sehet an die Gegend! Wie die Menschen innerlich sind, so sieht auch ihre äußerliche Umgegend aus, denn sie wurde aus ihrem inneren geistigen Leben in die Erscheinlichkeit gestellt, und so sehet hier die unwirtliche Gegend des geistigen Lebens ihrer Bewohner. Hier werden wir ein Sträußchen der Überwindung unserer Natur auszufechten haben, um nicht strafbar vorzugehen.
Bisher haben wir Protestanten gesammelt auf unserem großen Fischzuge. Nun kommt eure Geduld zur Probe gegen unduldsame römisch-fanatische Priester und ihre Gläubigen. Nehmet euch zusammen, dass ihr Böses mit Gutem, mit Liebe erwidert. Denn die Bewohner des Himmels müssen vollkommen sein in Liebe, Demut und Geduld wie ihr Vater Jesus, sonst sind sie unreif für den Himmel, wo nur die Liebe regiert. Deshalb habe Ich euch hierher geführt, um eure Tugenden zu prüfen.
Die Kinder des Vaters müssen nur gute Tugenden haben und keinen Unterschied unter den Menschen kennen. Also kein Religionshass, kein Nationalhass, kein sonstiges Übel an Nebenmenschen darf sie beirren, sondern sie müssen alle gleich, ob Freund oder Feind betrachten. Denn wie Gott keinen Unterschied unter Seinen Kindern kennt, so dürfet auch ihr keinen kennen wollen. Sie sind eure Brüder und Schwestern, weil ebenso Kinder desselben Vaters wie ihr. Darum müsset ihr die äußerste Geduld mit ihnen haben und nicht Böses mit Bösem vergelten, sondern mit Gutem. Denn so lange sie böse sind und Unterschiede zwischen Menschen machen, so lange sind sie geistesfinster, und wer kein Licht in der Finsternis hat, den soll man nicht hassen und verdammen, sondern liebreich bei der Hand nehmen und durch liebevolle Belehrung aus seinem geistigen Labyrinth führen.
Seht, das ist eure Aufgabe auf unserer Wanderung, und je früher ihr euch bewährt habt als Kinder des Vaters, desto früher werden wir am Ziel unserer Prüfungswanderung sein und zum Vater gelangen. Ihr müsset voller Liebe sein, und wenn dies erreicht wird, dann seid ihr am Schluss der Prüfung. Also merket euch diese für euch entscheidende Belehrung, denn sie ist der Wanderstab zum Vater der Liebe. Nun aber wollen wir unser Glück probieren und so gehen wir mutig los, nur das Ziel der Erlösung dieser armen Seelen vor uns habend und betreibend.“
(Der Himmel ist die Verbrüderung aller Menschen. Geistige Entsprechung der
überwundenen Untugenden im Menschen. Ein großer, aber sehr armer Ort der
Römisch-Katholischen. Die römische als alleinseligmachende Kirche? Papst ein
Stellvertreter Christi? Petrus war nie in Rom. Die Geschichte wird durch
zeitgenössische Belege und nicht durch Schimpfen und Zanken bewiesen.) Still
und in sich gekehrt, wanderte die große Gesellschaft vorwärts und dachte nach
über die große Aufgabe, welcher man gewachsen sein muss, um den Himmel zu
erwerben und zum Vater zu kommen. Jetzt erst war es ihnen klar, warum die
Verheißung Christi so lange nicht in Erfüllung gehen konnte. Sie sahen nun
ein, dass in den Himmel kommen soviel heißt als: Die Verbrüderung aller
Völker, Sprachen, Nationen und Religionen ohne jeden und allen Unterschied.
Jetzt
ward ihnen das Geheimnis der Verbrüderung des Wolfes mit dem Lamm, des Löwen
mit dem Rind usw. klar, dass dies die inneren Leidenschaften zwischen
Menschen und ihren abstoßenden Unterschieden bedeutet, welche überwunden und
gezähmt werden müssen. Darum nahm sich jeder vor, das Äußerste ertragen zu wollen
ohne Murren, ohne böse und vergeltungssüchtig zu werden. In diesen stillen
Betrachtungen und Vorsätzen kamen wir endlich in den sehr bedeutenden Ort,
der aber lauter arme und in Fetzen gehüllte Menschen barg. Wir traten nun
langsam ein und fragten, wer da wohne, obwohl schon alle aus meiner
Aufklärung wussten, wer darin sich befand. Sogleich traten einige Priester
auf und sagten: „Hier ist eine römische Gemeinde, wer aber seid ihr? Auch
römischer Religion?“
Nun
meldete Ich Mich und sagte: „Was ist das für eine Religion, die
römische?“ „Nun ja, hast du noch nie
gehört von römisch-katholischer und römisch-christlicher Religion? Was bist
du für ein Mensch, der diese Religion noch nicht kennt, sie ist doch auf der
ganzen Erde verbreitet, und du hast noch nie etwas davon gehört?“ Ich aber
antwortete ihm: „Jawohl, Ich habe schon gehört davon, aber Ich kenne keine
römische und römisch-katholische, sondern nur eine christliche als
alleinseligmachende Religion.“ „Nun ja, das ist ja die römisch-katholische.“ „Ja gut, saget Mir aber das, warum nennet
ihr sie nicht die christliche Religion, da doch Christus ihr Stifter war und
der war nie in Rom?“
Darauf
antworteten die Priester: „Das ist wohl wahr, dass Christus leiblich nie in
Rom war. Aber geistlich, denn Er ist Gottessohn und als solcher ist Er
überall, somit auch in Rom und Er ist es, dessen Stellvertreter unser Papst,
der heilige Vater in Rom ist. Der Papst als Nachfolger Petri und
Stellvertreter Christi nennt nun die christliche Religion, deren Haupt auf
Erden der Papst ist, die römisch-katholische, weil ihr Haupt in Rom
residiert, wo der erste Papst, der Apostel Petrus, zuerst seinen Bischofstuhl
aufgerichtet hatte.“
Auf diese Antwort gab Ich ihnen die Frage
auf, sie sollen Mir aus der Heiligen Schrift nachweisen, dass Petrus in Rom
und der erste Bischof von Rom war, da Ich das nirgends begründet finde. Diese Frage brachte die Priester in Wut
und sie fingen uns zu beschimpfen und zu verdächtigen an, dass wir Ketzer seien
und wahrscheinlich Protestanten, die sich jetzt breit machten, um die wahre
Mutterkirche des Christentums zu schädigen.
Ich
unterbrach sie aber und sagte: „Höret ihr Unverträglichen. Die Geschichte
wird nicht mit Schimpfen, Zanken und Verdächtigen bewiesen, sondern durch
zeitgenössische schriftliche Beweise. Wo habt ihr nun diese, die uns allein
maßgebend sind?“ Wieder hoben die Priester an zu schimpfen, dass wir Ketzer
seien, wenn wir das nicht glaubten, was die unfehlbare Kirche zu allen Zeiten
gelehrt habe, und somit müsse es auch wahr sein, was sie behaupten.
„Gut“,
sagte Ich, „Ich will euch gern glauben, da es Mir nicht darum zu tun ist mit
euch zu streiten und eure Religion in den Kot zu ziehen, sondern bloß, um die
Wahrheit zu erfahren, ob sich das wirklich so verhält, wie ihr behauptet, denn
Mir geht die Wahrheit über alles und von der trete Ich nicht um ein Haar ab,
also auch euch gegenüber nicht, und daher müsset ihr euch schon besser
zusammennehmen, uns Rede zu stehen.“
(Wie man die Traditionen bildete. Die Geschichte Petri (vom Jahre 33 bis 59).
Petri Brief (im Jahre 57) von Neu-Babylon, später Bagdad genannt, an seine
Diözesangemeinden, welche vom Schwarzen Meer herab über Kleinasien und Asien
ausgebreitet waren und Petri Kreuzigung bei Bagdad (im Jahre 59).
Diese
entscheidende Antwort brachte die Heißsporne ein wenig zur Besinnung und sie
sagten uns daher: „Wir haben alle Jahrhunderte diese Lehre verzeichnet
gefunden und daher glauben wir sie. Freilich ist sie nicht im Neuen Testament
verzeichnet, aber durch die Traditionen erhalten, welche die Kirchenväter
gesammelt und uns verzeichnet hinterlassen haben. Und diese sind
unanfechtbar, weil bereits im ersten Jahrhundert angefangen wurde, diese
geschichtliche Wahrheit zu verzeichnen. Und dieses durch mehrere Jahrhunderte
fortgesetzt, vervollkommnet und abgerundet.“
„Das lässt sich gut anhören, aber nicht so leicht glauben. Wisset ihr nicht, unter welchen Beweggründen diese Notizen entstanden sind? Ihr schweigt, weil ihr es nicht wisset! Ich aber weiß sie, daher höret ihr Meine Aufklärung, für die Ich euch sogar lebendige Beweise liefern könnte. Doch dies später, vorläufig will Ich euch nur die Tatsachen erzählen, und so höret: Allerdings ist die erste Nachricht aus dem Ende des ersten Jahrhunderts, aber diese erzählt weder die Todesart noch den Ort, wo Petrus gestorben ist. Wenn aber diese nichts weiß, welche soll es dann besser wissen? Wisset ihr nicht, dass die Traditionen höchst unzuverlässig sind, und je später eine Sache aufgezeichnet wurde, desto fraglicher steht es mit der Wahrheit derselben, und so ist es auch hier der Fall.
Man hörte zwar von dem Tode und dem Orte, wo Petrus sein Leben für die neue Lehre ausgehaucht hatte. Man hatte es in Rom auch ganz richtig aufgezeichnet gehabt, aber der Umstand, dass darin Babylon und nicht Rom verzeichnet war, hat den römischen Bischöfen nicht gepasst. Man hat diese Aufzeichnungen daher verborgen gehalten und nur die Tatsache bekannt gemacht, welcher Todesart er gestorben war, und statt Babylon, welchen Namen früher Bagdad als Neu-Babylon führte, da das alte schon in Trümmern lag, die Stadt Rom als den Ort seiner Kreuzigung genannt.
Später
aber ist die Originalnachricht vernichtet worden und somit blieb es bei den
gefälschten Nachrichten. Freilich wird bei den sogenannten Kirchenvätern
annähernd die Todesart usw. erwähnt, aber dieses alles ist nur soviel, was
sie da und dort erfuhren. Das Wahre kam nie in die Öffentlichkeit, weil dies
das Ansehen des römischen Bischofsstuhles geschädigt hätte. Und somit habet
ihr nun die ganze und wahre Geschichte in Hauptzügen erzählt. Was habt ihr
nun darauf zu erwidern?“ Diese Meine Aufklärung brachte die Priester außer
sich vor Wut, und sie hätten uns gewiss angreifen lassen, wenn sie unsere
Übermacht nicht befürchtet hätten. Dafür aber schrieen sie, und mit ihnen
ihre Ortsangehörigen desto mehr, und nannten uns Lügner, Ketzer, Lumpen usw.
Wir aber schwiegen und ließen sie austoben.
Als sie
wieder ruhiger geworden, sagte Ich zu den Priestern: „Sind das alle eure
Beweise für die Richtigkeit des Stuhles Petri in Rom oder habt ihr noch
andere, welche auch für uns beweisbar wären? Saget mir doch, wodurch könnet
ihr uns überzeugen, dass Petrus von 42 bis 67 ununterbrochen der Bischof von
Rom war und dort residiert hätte ? Welche geschichtliche Belege habt ihr
dafür ?“
Die
Priester erwiderten darauf: „Die Traditionen, die Aufzeichnungen der
Kirchenväter, und diese sind uns maßgebend, nicht aber das, was Du uns
auftischst, daher lasse uns bei unserem Glauben, der fest begründet ist und
uns allein maßgebend, nicht aber das, was Du erzählst. Denn Du hast keine
anderen Beweise als Dich, und das genügt uns nicht. Auch wir verlangen
stichhaltige Beweise von Dir, welche so begründet sind, wie Du sie von uns
begründet haben willst, nämlich durch zeitgenössische Quellen.“
Darauf
erwiderte ich ihnen: „Wenn sonst nichts anderes verlangt wird, so kann Ich
schon einige Belege beibringen, und wenn nicht anders geglaubt wird, auch den
Petrus, weil wir im Geisterreich sind und da ist vieles möglich.“ Auf diese
Rede fingen die Priester zu lachen an und das ganze Volk lachte mit und
schrie: „Hört! Hört! Diese Narren sagen uns, wir sind im Geisterreich, wir
wären schon gestorben, wovon wir nichts wissen. Höret, mit solchen Reden
kommen wir nicht weit, bleiben wir bei der Tatsache und lassen wir solche
Narreteien beiseite. Gebt ihr uns die Beweise, dass Petrus nicht volle 25
Jahre Bischof war und in Rom residiert habe ?“
Ich
erwiderte ihnen: „Wisset ihr nicht, in welchem Jahre Jakob, der Bruder des
Johannes, des Evangelisten, von Herodes ermordet wurde ? Sie sagten: „ Das
war etwa im Jahre 44. “ „Gut“, sagte
Ich, „dann wisset ihr auch, dass Petrus nach dem Tode Jakobi in Jerusalem von
Herodes in den Kerker geworfen wurde. Saget mir nun, wie steht es dann mit
den ununterbrochenen 25 Jahren Petri in Rom ? Das hält schon die
historische Kritik nicht aus, also ist es eine Lüge und zwar die erste. Dann
frage Ich euch, was hat Petrus als Bischof von Rom damals in Jerusalem zu
suchen und zu tun gehabt?“ Die Priester blieben still und erwarteten Meine
weiteren Einwendungen.
Daher
sagte Ich: „Saget Mir, wie steht es mit dieser Frage: Paulus erzählt im
Galaterbrief und in der Apostelgeschichte, dass er drei Jahre nach seiner
Bekehrung, welche im Jahre 34 nach der Steinigung des Stephanus geschah, nach
Jerusalem kam. Das war im Jahre 37. Und dann, nach 14 Jahren, das war also im
Jahre 51, kam er zu einer religiösen Versammlung wegen der Bekehrung der
Heiden und ihrer Beschneidung nach jüdischer Art. Und da traf Paulus die drei
Säulen der Gemeinde an: Jakobus, den Bruder Judae, Söhne des Jakobus Alphäus
oder Kleophas und der Maria, der älteren Schwester der Leibesmutter Jesu, den
Evangelisten Johannes und den Petrus.
Saget
Mir, wie verhält sich hier die historisch erwiesene Wahrheit aus dem Neuen
Testament mit den römischen Traditionen? Ich sehe die zweite Lüge, dass
Petrus nicht ununterbrochen in Rom war. Ich sehe, dass Petrus in Jerusalem
eine Säule der Gemeinde war und nicht in Rom. Ich sehe, dass Paulus
unvorangemeldet nach Jerusalem kam, und Petrus da als eine der drei Säulen
der Gemeinde antraf und nicht etwa von Rom hergerufen wurde. Ich frage euch:
Welche Antwort wisset ihr Mir darauf zu geben, die Mir stichhaltig wäre!“
Die
Priester standen wie auf Dornen, denn ihre Gemeinde fing an zu sagen: „So
steht es mit der historischen Wahrheit? Wir sind also belogen von euch, das
ist nicht übel! Und wir glaubten so fest an eure erlogene Geschichte. Höre,
lieber Mann! Wenn Du noch etwas weißt, was stichhaltig ist, so erzähle nur.
Wir sehen, dass Du die Wahrheit sprichst.“
Ich sagte: „Gut, wenn ihr die Wahrheit hören wollt, so will Ich euch
noch weitere Beweise von der Stichlosigkeit der priesterlichen Angaben in
Glaubenssachen geben, und somit höret ihr Mich an: Der dritte sehr
ausschlaggebende Beweis, dass Petrus nicht der Bischof von Rom war, ist der
erste Brief Petri an die christlichen Bekenner in Pontus, Galatien,
Kappodocien, Asien und Bithynien.
Dieser
Brief wurde allgemein als zwischen 51 und 61 verfasst anerkannt und in der
Babylon oder später Bagdad genannten Stadt verfasst. Die genannten Länder
liegen alle in Asien, vom schwarzen Meere angefangen, entlang in Kleinasien
herab bis zur Grenze von Cilicien, und wenn ihr dann noch Syrien dazu nehmet,
wo Babylon lag und wo Petrus schon frühzeitig seine Glaubensstationen hatte
und sie besuchte, wie die Apostelgeschichte erzählt, wo ihr Petrus in Lydda,
Galiläa, Samaria, Joppe, Caesarea, zu Tyrus und Sidon usw. antreffet, also in
Judäa, Galiläa, Galatien, Kappadocien, Bithynien und unter dem allgemeinen
Namen Asien, worin viele Gegenden und Orte bei und um die genannten Länder in
Asien zu verstehen sind.
So wird
es euch doch einleuchten, dass Petrus eine große Diözese, wenn man dies nach
heutigem Namen bezeichnen würde, zu besorgen hatte, und dass dies nicht in
Italien, sondern in Asien war. Daher schaut aus dieser Aufklärung die dritte
große Lüge der römischen Kirche heraus, wonach trotzdem Petrus in Rom und
Bischof von Rom war. Ich frage euch, ihr Beweise verlangenden Priester, ist
das wahr, was ich sagte oder nicht?“
(Die
Ursache, warum Rom das Lesen der Heiligen Schrift verbot. Die Katholischen beschauten
die Gesellschaft und ihr gutes Urteil. Beichte eines Priesters über ihr
geistes- finsteres Seelenleben. Seine Amtskollegen behaupteten dagegen: Wer
an die alleinseligmachende römische Kirche nicht glaubt, ist ein Ketzer! Die
rohe Gewalt übende Kirche. Paulus Lehre und seine Anwesenheit in Rom soll die
alleinseligmachende römische Kirche nicht gebildet haben!)
Aber
die Priester schwiegen; dafür aber schrie das Volk desto rebellischer und
nannte sie Lügner und Betrüger. Ich aber beschwichtigte das Volk und sagte:
„Sehet, liebe Brüder und Freunde, so verhält es sich mit den historischen
Beweisen, die aus dem Neuen Testament, also aus den ersten Urquellen der
Glaubensaufzeichnungen herstammen. Daher verbieten euch die römischen
Priester das Lesen der Heiligen Schrift, damit ihr nicht die Wahrheit
erfahret, wie sie euch mit Lug und Trug in Glaubenssachen füttern.
So wie mit Petri Stuhl in Rom, verhält es
sich auch mit vielen anderen Lehren, welche sie als vom Heiligen Geiste ihnen
diktierte Glaubenssätze euch unter Androhung von Kirchenstrafen befehlen zu
glauben. Da Ich euch aber befreien will von römischem Lug- und Trugglauben
und Zeremoniell, das euch so unschön euer geistiges Seelenkleid gemacht, euch
in Finsternis gestürzt hat, so will Ich euch noch weitere Wahrheiten sagen,
welche, wenn ihr sie glauben und annehmen werdet, euch ein anderes Kleid, ein
größeres Licht und schönere Gestalt verleihen werden.
Damit
ihr Mir aber das glaubet, so lasse Ich euch ein wenig in Ruhe, damit ihr euch
umschauet in Meiner Gesellschaft, worin ihr verschiedene Stufen der
Vorgeschrittenheit im Geistigen bemerkt. Also beschauet Meine Gesellschaft
und besprechet euch mit ihr.“ Nach diesen Worten trat Ich zurück und begab
Mich wieder zu Martin Luther, wo Ich Mich darüber besprach, welchen großen
Eindruck diese Aufklärung auf die Priester und ihre Gemeinde gemacht hatte.
Die armen Bewohner begaben sich nun unter die Gesellschaft, welche sie sehr
freundlich empfing und auf alle Fragen die nötige Auskunft gab.
Über
alle Erwartung aber überraschte sie die Schönheit der Engel. Daher fragten
sie, woher sie stammen, da sie gar so herrlich bekleidet und von so schöner
körperlicher Gestalt seien. Diese antworteten ihnen mit Engelsfreundlichkeit,
dass sie Diener dieses Herrn seien, der zu ihnen sprach, und also durch Ihn
so schön gekleidet werden. Diese Antwort genügte, um sie vollends auf Meine
Seite zu bringen, darum eilten sie wieder auf ihre alten Stehplätze und
warteten auf Mich.
Die
Priester standen noch immer da und besprachen sich betrübt über die traurige
Zukunft, die ihnen durch Meine Aufklärungen einzutreten drohe. Als alle
zusammen waren, trat Ich wieder vor und fragte sie, wie sie von der Umschau
befriedigt seien. Diese konnten nicht genug erzählen, was sie alles bemerkt haben,
darunter, dass einige zwar noch nicht weit im Geistigen vorgeschritten sein werden, weil ihre
Gesichter nicht besonders einladend seien, aber doch schon schön, wenn sie
auch nicht weiße Anzüge haben: „Und so fanden wir verschiedene Abstufungen.
Aber so schön, wie Deine Diener sind, so schön sahen wir keine, obwohl viele
schon sehr hoch fortgeschritten zu sein scheinen, aber die Diener von Dir
sind so schön, dass man sie für Engel halten könnte, und diese gefielen uns
am besten.“
Darauf
erwiderte Ich ihnen: „Die Menschen als Kinder Gottes sind alle so schön und
werden noch schöner, wenn sie sich genau nach Gottes Willen und Seinen ewigen
Geboten richten. Und so seid auch ihr nicht ausgenommen davon, wenn ihr nach
der Wahrheit leben und handeln wollt, die Ich euch nun kundgeben werde.“
Nun entstand eine kleine Pause. Als die Priester die Ruhe bemerkten, fing
einer unter ihnen an, zu Mir zu reden: „Wie wir sehen, bist Du ein großer und
mächtiger Herr, und wir fangen an, zu glauben, dass wir wirklich Geister
sind. Denn der friedliche Charakter der Riesenmenge Deines mit Dir ziehenden
Volkes, ihre Kleider, besonders der Jünglinge, die wahrlich für Engel
gehalten werden könnten, beweist uns, dass wir in anderen Zuständen uns
befinden, als wir bisher dachten. Wahrscheinlich ist unsere
Glaubensfinsternis schuld, dass wir so geistesfinster sind, dass wir bisher
gar nicht bemerkt haben, dass wir nicht unter Fleischmenschen leben.
Wir
sind da wie Wahnsinnige in einem Geisteskerker, und wir spüren gar nicht
unseren veränderten Zustand. Nur das seltene Dämmerlicht, welches nicht wich,
schien uns etwas Fremdartiges zu sein. Aber ich sage Dir, wir lebten wie
Trottel und wussten nicht, dass wir im Geisterreich sind. Und ich glaube,
dass wir selber daran schuld sind, in dieses Elend geraten zu sein. Daher
wünschen wir wieder in solche Zustände versetzt zu werden, dass wir das Licht
von der Finsternis unterscheiden könnten. Ich für meine Person wäre so
gesinnt; was saget ihr, meine lieben Amtskollegen?“ Diese aber, ganz überrascht
von der Wendung der Dinge, sagten einstimmig: „Nein, das gibt es nicht, wir
sind und bleiben Priester, denn wir wissen unsere Pflicht und lassen uns, ob
wir im Fleisch oder im Geisterreich leben, nicht so schnell betören wie
du, sondern wir wollen zuerst alles genau prüfen. Dann wird sich schon
herausstellen, wie wir daran sind.
Dass
Petrus nicht in Rom war, dadurch ist unsere römisch-christliche Religion noch
nicht ketzerisch. Aber eure scheint es uns zu sein, denn wer an unsere
alleinseligmachende Kirche nicht glaubt, der ist nach unseren Kirchengesetzen
ein Ketzer, und daher auch ihr, die ihr zu uns eingedrungen seid, ohne unsere
Erlaubnis dazu zu holen. Wir wollen dir schon antworten, du feiner
Geschichtskenner. Also rede nur, wir hören zu.“ Diese Antwort der
Amtskollegen überraschte nicht wenig den alten Priester, daher sagte er zu
ihnen: „Ihr könnet tun nach eurem Willen, ich werde tun nach meinem, und so
will ich zuhören. Wer das Rechte behaupten wird, das heißt, wer mir die
Wahrheit durch die Heilige Schrift beweisen wird, dem werde ich glauben, bei
dem bleibe ich in Zukunft. Also ist mein Bekenntnis, und bei dem bleibe ich.“
Nach diesen Worten schwieg er.
Ich
aber sprach zu den übrigen Priestern: „Ihr wollt euch mit Mir in einen
Glaubensstreit einlassen? Wohlan, nur zu! Ich bin bereit, euch die gehörige
Antwort zu geben, damit euer Gebäude des Lugs und Trugs zusammenfalle. Das
bin Ich um so mehr bereit zu tun, um diese eure Gemeinde, so wie auch meine
Gesellschaft aufzuklären, welche entsetzliche Glaubenslügen als pure Wahrheit
den armen Zuhörern aufgetischt werden und wie die Kirche den Geist der
Wahrheit durch Kirchen- und politische Strafen im Menschen zum Schweigen, und
wie zu glauben zwingt. Freilich kann der Geist der Wahrheit nicht unterdrückt
werden, wohl aber das Instrument, welches er leitet. Und das ist die Seele,
unterdrückt durch die Körperstrafen. Ich habe ausgeredet, nun könnt ihr eure
Protestrede gegen Mich als Ketzer und Eindringling in eure Gemeinde erheben.“
Diese
entschiedene Sprache erschreckte die Priester und keiner getraute sich, in
einen Religionsstreit sich mit Mir einzulassen. So vergingen einige Minuten,
während alles gespannt auf die zu folgenden Auseinandersetzungen wartete. Da
niemand anfangen wollte, sagte Ich: „Ihr habet von einer alleinseligmachenden
Kirche gesprochen, und diese sei die römische. Gut, saget Mir, wann hat
Christus eine ,alleinseligmachende Kirche Roms’ aufgestellt?“ Diese Frage war
ihnen unerwartet gekommen, doch sammelte sich einer unter ihnen und sagte:
„Und doch ist es eine Tatsache, dass der Apostel Paulus in Rom war,
verschiedene Briefe schrieb und die Gemeinde Roms belehrte. Somit haben die
römischen Christen aus Paulus Munde die echte und somit die
alleinseligmachende Lehre Christi empfangen, und daher ist die römische die
alleinseligmachende Kirche, weil sich die anderen von ihr losgelöst und sie
andere Glaubenslehren predigten als ihre Mutterkirche.“
(Die Lehre Christi. Das Leben der Apostel und das unchristliche Leben der
Priester. Beweise, dass bloß der Menschenleib der lebendige Tempel Gottes
ist. Die Wahrheit über Tabernakel und Hostie. Jesus hat durch sein Leiden und
Tod die Erbsünde ein für allemal gesühnt. Die Lüge über die tägliche
Gottfabrikation und Kreuzigung Christi in der Messe.)
„Ah, so
kommst du Mir mit deiner ‘Alleinseligmachenden’! Da wirst du Mir auch schon
aufklären müssen, wie sich eure Gegenlehren zu der echten Christuslehre
verhalten. Ich stelle dir nun die Frage: Wann hat Paulus gelehrt, dass die
Priester eine Extramenschenklasse unter Menschen sind und sie von Menschen
für ihre Lügen und Heidenzeremonien bezahlt und ohne Arbeit erhalten werden
müssen? Haben nicht die Apostel, wie es im ersten Briefe der Korinther heißt,
mit der Arbeit ihrer Hände sich ihr Brot mühselig verdienen müssen? Haben sie
nicht die ganze Woche gearbeitet als Handwerker und am Samstag unentgeltlich
die Gemeinde gelehrt?
Und
wenn es auch heißt: ‘Jeder Arbeiter ist seines Lohnes wert’, so muss doch
zuerst der Arbeiter vom Arbeitgeber aufgenommen werden. Ihr aber drängt euch
auf mit der Gewalt von Kirchen- und politischen Strafen, und knechtet
diejenigen, die euch in Arbeit nehmen sollten. Ihr werfet sie in Kerker,
foltert sie und verbrennt sie auf dem Scheiterhaufen, wenn diese armen, mit
Gewalt unterjochten Arbeitgeber einen Laut des Unglaubens oder Unwillens
gegen eure räubermäßige Glaubenshandlungen erheben. Hat so Christus und hat
so Paulus die Grundsätze der Gotteslehre den Gläubigen in den Kopf
eingeschlagen? Und hat sich hoch und teuer mästen lassen? Redet, ihr
‘Alleinseligmachenden’.
Diese
mit aller Wucht ausgesprochenen Worte waren niederschmetternd für sie, denn
es war damals die Zeit der großen kirchlichen Verderbnis der Lehren und
Sitten. Und das arme Volk stöhnte unter der Last der römischen Kirche. Die
Priester steckten die Köpfe zusammen und beratschlagten, was sie Mir
antworten sollten. Dabei kam aber nichts heraus, denn die Tatsachen sprachen
zu laut gegen sie, und daher sagte der Redner: „Weißt Du was? Rede nur, dass
wir Deine ganze Anklage hören, wir werden Dir zuletzt antworten.“
Ich
sagte: „Auch gut, so kann Ich sogleich fortfahren und so könnt ihr gut
zuhören, damit Ich auf alles eine gute Antwort bekomme und so frage Ich
weiter: Wann hat Christus gelehrt, dass man steinerne Kirchen bauen soll?
Warum haben die Apostel und die späteren Christen mehrere Hunderte von Jahren
keine Kirchen gebaut? Warum verschweiget ihr den Gläubigen die Wahrheit,
welche Christus durch Paulus lehrte im ersten und zweiten Briefe an die
Korinther und im Römerbriefe, dass der Menschenleib der lebendige Tempel oder
die lebendige Kirche Gottes ist, dass diesen Tempel die Menschen durch edle
Sitten und Gottes- und Nächstenliebe, durch die Werke der Liebe und des
Mitleids gegen den Nächsten heiligen und dadurch das Herz des Menschen zu
einem würdigen und lebendigen Tempel Gottes erheben sollen, worin der Geist
Gottes wohnt, der Jesus Christus heißt. Warum entzieht ihr die Wahrheit des
Glaubens euren Zuhörern und füttert sie mit dem finsteren Heidentum, dass die
von Menschenhänden gebauten Kirchen Gottestempel sind und dass Gott im
Tabernakel, in der von euch Hostie genannten Oblate eingesperrt wohnt.
Gott
ist überall, das lehret ihr wohl, aber ihr behauptet, dass Gott speziell im
Tabernakel wohnt. Diesen Tabernakel sperrt ihr ab und zieht den Schlüssel ab
und sperrt ihn wieder auf, wenn ihr diesen vorgemalten, von euch erschaffenen
Gott den Gläubigen darreichen wollt. Somit ist dieser von euch vorgelogene
Gott ein Arrestant aus gebackenem Mehlteig und sonst beileibe nichts.
Und da
wir schon bei eurem Gott sind, so wollen wir sogleich zur Fabrikation des
römischpäpstlichen Gottes schreiten. Saget Mir, steht es nicht im
Hebräerbrief, dass Christus nur einmal gelitten, und mit dem einmaligen
Aufopfern Seines Leibes die Menschen ein für allemal von der Erbsünde, die
Adam begangen, reingemacht habe? Warum lehret ihr dem entgegen, dass Christus
sich täglich durch die Hände der römischen Priester viele tausendmal Seinem
himmlischen Vater für die Sünden der Menschen aufgeopfert habe, und dass die
Messe die unblutige tägliche Kreuzigung und Aufopferung Christi sei.
Saget
Mir, ihr seid doch Geister. Daher fühlet ihr geistig, und doch tut es euch
ebenso wehe wie einst im Fleische. Saget, warum sollte der geistige Leib
Christi keine Schmerzen fühlen, da doch nach eurer eigenen Lehre in der Messe
die Wiederholung desselben Leidens wie auf Golgatha sich vollzieht? Und saget
Mir, was für ein heidnischer Komödiantengott ist das, der sich von Menschen
fabrizieren, anbeten und zuletzt aufessen lässt?“
(Was bedeutet Jesu Leib und Blut? Die römischen Priester als tägliche
Fabrikanten ihres Gottes! Daher mehr als Gott? Wie es mit der Beichte und
Sündenvergebung beschaffen ist. Priesterlich-polizeiliche Ausforschung durch
die Beichte. Wallfahrtsorte und Ablässe sind Schwindel. Gezahlte Gebete
erhört Gott nicht. Priester als Schwindler und Betrüger des Volkes.)
„Hat
nicht Jesus beim letzten Mahle bloß ein Brot gesegnet, gebrochen und, nachdem
Er es an Seine Jünger verteilt hatte, gesagt: ,Das ist Mein Leib’, womit Er
die Lehre Gottes bezeichnen wollte, die Er lehrte, und sie aufgefordert:
,Nehmet und esset, und so oft ihr das tut, tuet es zu Meinem Gedächtnisse’.
Wäre das Brot wirkliche Jesu Leib, dann hätten Ihn die Apostel aufgegessen,
und so wäre kein Jesus mehr. Wäre es denkbar, dass das Brot Jesu Leib sei,
wenn ein Mensch das Segnungswort ausspräche: ,Das ist Mein Leib’ usw., so
würde der Mensch ein täglicher Fabrikant seines Gottes, und somit bedeutend
höherstehend als Gott.
Der
Gott, den der Mensch fabriziert, anbetet und zuletzt auffrisst, ist eben kein
Gott, sondern eine finstere heidnische Götzenfabrikation, die an Unsinn alle
heidnischen Lehren des Altertums übertrumpft.
Wenn Ich nun euch noch vom Kelch, also vom Blute die entsprechende Aufklärung
gebe, dass es die Liebe Gottes zu den Menschen bedeute und die Worte Christi:
,Trinket alle davon’ die Aneiferung der Liebebetätigung zum Nächsten ist,
gleich wie Jesus durch Seine Liebe für die Menschen Sein Blut und Leben
dahingab, so glaube Ich, dass ihr Mich alle verstanden habt.“ Worauf eine
allgemeine Bejahung erfolgte.
„Da wir
mit der Messe und Kommunion fertig sind, so muss Ich euch auch die Aufklärung
geben, wie es mit der Beichte beschaffen ist. Christi Lehre von der Vergebung
der Sünden ist eine logische: Hast du Gott beleidigt, so kann dir nur Gott
vergeben. Es ist hier der gleiche Fall, wie wenn man den Kaiser, den König
oder Landesfürsten beleidigt; dafür werden die Gesetze in Anwendung gebracht
und niemand kann den Verbrecher begnadigen als der Landesfürst, und so kann
auch niemand die Sünden vergeben, die ein Mensch gegen Gott begangen hat, als
Gott allein. Wer aber sich diese Gewalt anmaßt, ist dadurch selber ein
Verbrecher gegen Gott geworden, ohne die Sünden vergeben zu haben, und so
werden aus einem - zwei Sünder.
Dasselbe
gilt von der Vergebung der Sünden, die jemand gegen seinen Nächsten begangen
hat. Muss nicht jeder seine Schulden bezahlen? Kann ein ganz fremder Mensch
sagen: ,Du bist deinem Nachbar nichts mehr schuldig?’ Und würde der
Gläubiger, der jemandem eine Summe Geldes geliehen, damit einverstanden sein
und sagen: ,Weil dir jener, mir ganz fremder Mensch sagte, du bist mir nichts
mehr schuldig: Ja, so ist es recht, ich bin damit beglichen.’ Oder wird er
nicht eher sagen: ,Dieser fremde Mensch ist ein Narr und du der zweite, der
du ihm solchen Unsinn glauben konntest. Zahle, oder du hast mit mir zu tun!’
Also
ist es auch mit Beleidigungen und Wehetun gegen den Nächsten. Niemand sonst
kann dir vergeben als der beleidigte und geschädigte Nächste. Gehe daher zu
ihm und bitte ihn um Vergebung und nicht den, den es nichts angeht. Eine
Ausnahme davon bildet der Umstand, wenn man den Aufenthalt des Beleidigten
nicht weiß. Und wenn der Beleidigte trotz mehrmaliger eigener oder durch
seine Freunde vorgebrachter Bitte nicht verzeihen will, dann ist Gott die
letzte Instanz, welcher auf Bitte des Sünders vergibt und den Beleidigten mit
der Sünde der Unversöhnlichkeit belegt.
Eure
Priester aber haben damit, besonders seit Anfang des dreizehnten
Jahrhunderts, eine polizeiliche Inquisition eingeführt, um alle Geheimnisse
des Volkes zu erfahren, und es dann, wenn etwas Verdächtiges zum Vorschein
käme, durch Kniffe oder gedungene Taugenichtse zu verleumden und zu
verklagen, sie dann zu verhören, zu foltern und im besten Falle am
Scheiterhaufen unschädlich zu machen oder sonst wie immer umzubringen.“
Nach dieser Aufklärung entstand ein großes Gemurmel und Drohen gegen die
Priester, die wutschnaubend das Ende Meiner Aufklärungen erwarteten. „Und
eure Wallfahrtsorte und Ablässe sind nach obigen Aufklärungen über die Messe,
Kommunion und Beichte, nichts anderes als Schwindel, um die Taschen der
verdummten und verblendeten Menschen zu leeren, auszuplündern und die
Gläubigen um ihr Seelenheil zu bringen. Denn bezahlte Gebete, Messen und
dergleichen werden bei Gott nicht erhört, weil die Gebete nicht aus
uneigennütziger Nächstenliebe, sondern gezahlt wie von Tagelöhnern verrichtet
werden.
Es ist
ein Gleiches, als wenn jemand eine Erfindung macht, und er steht im Dienste
eines Fabrikherrn. Doch hat er diese Erfindung nicht während der Arbeit,
sondern während seiner freien Zeit gemacht, und nun käme der Fabrikherr und
würde sagen: ,Die Erfindung ist mein Eigentum, weil du in meinem Dienste
stehst’. Ich frage euch: Welches Recht hätte der Fabrikherr an dieser
Erfindung? Ich sage euch, gar keines, und zwar:
Der Arbeiter stellt den Zahler dar, dieser ist zwar sein Untertan, aber der
Priester ist der ungerechte Fabrikherr, der die Erfindung (das ist der
Nutzen) für sich nimmt, ohne ein Recht zu haben, noch den Arbeiter zu
entschädigen. Somit wäre der Fabrikherr ein Dieb und ein Räuber, und so ist
auch der für Bezahlung betende Priester ein Dieb und Räuber, weil er durch
Vorspiegelung seiner Vorrechte bei Gott dem Armen sein Geld aus der Tasche
nimmt, und weil gezahlte Gebete bei Gott nichts gelten, also wertlos sind,
ihn um sein Geld und um sein Seelenheil betrogen und beraubt hat.“
(Beweis, dass niemand heilig ist, als Gott
allein. Daher darf niemand mit ‘Heilige’ oder ‘Heiliger’ bezeichnet werden.
Die Ursache, warum man Heiligsprechungen vornahm. Heiliggesprochene
erscheinen den sie anrufenden Geistern nicht. Der Glaube an einen alleinigen
Gott: ,Kommt alle zu Mir, Ich will euch erquicken’. Gegenrede eines
Priesters, der Jesus als falschen Propheten bezeichnete. Dieser erbot sich,
Beweise zu liefern.)
„Obwohl
noch eine Menge Sachen zu bemängeln wären, so will Ich doch bloß die Heiligen
noch hervorheben. Und so höret: Wer die Heilige Schrift kennt, der weiß auch,
dass es in der Offenbarung Johannes (15,4 ) heißt: ,Niemand ist heilig als
Gott allein’, und doch haben die Päpste Maria, die Apostel und eine Unzahl
Menschen heilig gesprochen und sich dadurch die Obergewalt über den
Alleinheiligen angemaßt. Alles dies geschah aus Habsucht, weil die Menschen
Geld und alles mögliche diesen steinernen, hölzernen oder gemalten Götzen zum
Opfer brachten und noch bringen.
Ich
sage euch aber, es ist alles Schwindel und Betrug, und wenn jemand etwas
erreicht hatte, so hat er es nur seinem festen Glauben zu verdanken, welchen
Gott belohnt. Dass ihr euch aber überzeuget, dass es wirklich so ist, will
Ich euch bloß auf eure täglichen Gebete zu den vorgemalten Heiligen
aufmerksam machen: Habt ihr schon einen solchen Heiligen zu euch kommen
gesehen, da ihr als Geister ihn so leicht wie uns sehen könntet?“
Auf diese Frage verneinten Mir alle, dass dergleichen noch nie geschehen sei.
Worauf Ich bemerkte: „Das soll euch der Beweis sein, dass ihr in Zukunft
diesen Unsinn aus eurem Glauben fahren lasset. Denn es heißt: ,Du sollst an
einen einzigen Gott glauben und diesen allein verehren und anbeten’. Und
Christus, als dieser Gott, lehrte Seine Zuhörer: ,Kommet alle zu Mir, die ihr
mit Mühe und Last beladen seid. Ich will euch erquicken’. Nicht aber sagte
Er: Gehet zur Maria, Meiner Mutter oder zu den Heiligen. Daraus möget ihr
ersehen, was der echte und was der unechte Glaube lehrt. Ich habe vollendet.
Nun kommt an euch die Reihe zu reden, ihr Priester dieses armen, um sein
Seelenheil betrogenen und geistig in Finsternis wandelnden Volkes.“
Auf
diese Aufmunterung hin fing einer der jungen Priester folgender Art an zu
sprechen: „Höre, junger Mann! Du bist ein ausgezeichneter Aufklärer und
Bildermacher für geringe Menschen, die jedes Wort für Wahrheit nehmen. Anders
ist dies bei uns der Fall. Wir sehen Deine Aufklärung für ketzerische
Verdrehungen der Wahrheit an, denn unsere Lehre ist eine andere und diese
allein ist uns maßgebend. Wer bist Du? Was willst Du hier? Ich glaube, sonst
nichts, als den Samen der Zwietracht und des religiösen Unkrautes zu streuen.
Ich bin von Deinen Aufklärungen nicht überzeugt, dass Du die Wahrheit
sprichst, denn so gut Du Deine Aufklärungen gabst, können wir
Gegenaufklärungen geben. Aber wer wird mit Dir streiten? Du bist ein gar
feiner Maler Deiner Irrbilder, und Du wirst das Deinige und wir das unsrige
als echt behaupten. Kannst Du uns stichhaltige Beweise liefern, so gib sie
uns. Sonst erklären wir alles als Verdrehung der Wahrheit und euch für
falsche Propheten, mit denen wir nichts zu tun haben wollen.“
Nach
dieser Antwort erhob Ich Mich und sagte: „Freund! Das ist keine Antwort auf
Meine schönen und schwerwiegenden Beweise, sondern Ausreden, Verdächtigungen
und Verleumdungen. Aber Ich fühle Mich nicht so bald beleidigt, darum stelle
Ich dir die Auswahl frei: Wähle du Beweise, welche du maßgebend für dich und
deine Amtskollegen erachtest! Siehe, wir sind hier im Geisterreich und Ich
bin ein gar mächtiger Geist, und so hoffe Ich, dass Ich jede deiner
Forderungen erfüllen kann, wenn sie nicht über die Grenze des Erlaubten
gehen.“
(Die
Priester verlangten als Beweis den Apostel Petrus, und dieser kam herunter zu
ihrer größten Verlegenheit. Verwandlung Petri von Jüngling in Greis, worauf
sie ihn einen Schwindler und Zauberer nannten. Petrus verschwand wieder.
Übertritt eines alten Priesters zur Gesellschaft aus Liebe zum Anführer
(Vater), und diesem schloss sich die ganze Gemeinde außer den jungen
Priestern an. Abreise, Lagern der Gesellschaft und Mahlzeitessen. Die Engel
sangen das Loblied dafür. Daran erkannten sie die streitenden Priester als
Engel und bereuten ihr früheres Betragen gegen den Anführer.)
Diese
Antwort brachte den jungen Priester ein wenig in Harnisch, und er wusste
nicht, was er anfangen sollte. Daher wandte er sich an seine Amtskollegen und
fragte sie um ihren Rat, was er tun soll. Diese aber meinten: „Glück auf!
Hier lässt sich entweder viel erleben und erfahren, oder der junge Mann fällt
durch. Weißt du was, sage Ihm, Er soll den heiligen Petrus herunterrufen,
denn ich glaube nicht, dass dies möglich ist. Denn der heilige Petrus muss
himmlisch-herrlich und sehr mächtig sein. Daher stelle Ihn nur auf diese
Probe und du wirst sehen, wie kläglich er durchfallen wird. Er sieht zwar
außerordentlich schön aus, aber sonst ist er doch nur ein Mensch wie die
anderen. Daher ist er nicht viel mächtiger als diese.“
Der junge Priester wandte sich zu Mir und
sagte: „Freund! Da Du vorgibst, ein gar mächtiger, somit hoher Geist zu sein,
so haben wir beschlossen Dich zu bitten, Du möchtest uns den heiligen Petrus
herunterrufen, damit wir hören, was dieser zu Deinen Aufklärungen sagt.“ Ich
aber erwiderte ihm: „Du hast dir den besten Mann erwählt, also geschehe nach
eurem Wunsche.“ In diesem Moment erglänzte das Firmament, als wäre eine
glühende Sonne aufgetaucht, und da bewegte sich eine Menschengestalt langsam
herunter und je näher sie kam, desto lichter war die Gegend erleuchtet.
Endlich
kam Petrus herunter, verbeugte sich tief vor Mir, zog sein blendendes Licht,
das aus seinem Körper ausströmte, ein und fragte Mich ehrfurchtsvoll: „Herr,
was ist Dein heiliger Wille?“ Ich aber zeigte auf die Priester und sagte:
„Petrus, gehe hin und stehe diesen Ungläubigen Rede, was sie von dir haben
wollen.“ Sogleich wandte sich Petrus
an die Priester und fragte sie: „Liebe Brüder! Was ist denn euer so
besonderer Wunsch, dass ihr mich rufen ließet?“
Diese
aber waren im ersten Moment in einer solchen Verlegenheit und so stark
erschrocken, dass keiner einen Laut von sich geben konnte. Als aber Petrus
recht freundlich zu ihnen trat und sie seine junge Gestalt und Physiognomie
betrachteten, fingen sie sogleich an zu zweifeln und sagten: „Petrus war ein
sehr alter Mann, du bist aber ein junger Mann. Wie könnten wir dir glauben,
dass du der alte Greis Petrus bist? Und daher sind uns deine Aussagen nicht
glaubwürdig.“
Petrus
sagte darauf: „Wohl bin ich jung und schön, aber das ist kein Zeichen der
Täuschung, sondern meines fortgeschrittenen Seelenzustandes. Gut, ihr wollt
den alten Petrus haben. Da steht er, wie er lebte und leibte.“ In diesem
Moment stand ein Greis von über 70 Jahren in altjüdischem Anzuge vor ihnen.
Verdutzt sahen die Priester diese Verwandlung an und meinten: „Das ist eine
Zauberei, du bist ein Gaukler und nicht Petrus. Denn Petrus war Bischof, du
schaust aber wie ein gemeiner Jude aus, und mit Juden wollen wir nichts zu
tun haben. Fahr ab von uns, du Schwindler!“ Und Petrus verschwand in diesem
Augenblick aus ihren Augen.
Nun wandte Ich Mich an sie und sagte: „Oh ihr ungläubigen und verstockten
Sünder! Wer kann mit euch fertig werden?“ Als Ich dieses aussprach, erhob
sich der erste Priester, der mit Mir sprach und sagte: „Freund! Nimm mich an!
Ich möchte bei Dir sein, denn mein Herz zieht mich zu Dir, dass ich es nicht
länger aushalten kann. Ich sah und hörte und sage nichts anderes: Wo so viele
liebreiche Aufnahme gefunden haben, wird auch für mich noch ein Plätzchen
sein. Daher, lieber Freund, nimm mich an, denn mein Herz sieht nur Dich.“
Ich
erwiderte ihm: „Lieber Freund, dein Wunsch ist erfüllt. Frage aber auch deine
Gemeindeangehörigen, ob sie nicht Willens sind, mit uns in eine schöne
Zukunft zu ziehen.“ Sofort wandte
sich der alte Priester und sagte: „Der so liebreiche, mächtige und weise
Anführer dieser Riesenmenge des Volkes fragt euch, ob ihr auch gesonnen seid,
mit Ihm weiter aus dieser wüsten Gegend zu ziehen, wo euch eine schöne
Zukunft entgegenstrahlt.
Ich für
meine Person bin der Seinige, denn ich ersah aus seinen Reden und
Aufklärungen und aus Seiner Vornehmheit, dass sich selbst der Petrus so tief
und ehrfurchtsvoll vor Ihm verbeugte und Ihn seinen Herrn nannte, dass hier
etwas Besonderes sein muss. Auch ist mein Herz, ich sage es euch offen, so
stark für Ihn eingenommen, dass ich nicht mehr von Ihm fortgehe. Wer mit mir
die gleiche Gesinnung hat, der komme mit; denn ich sehe, dass die ganze
Gesellschaft anfängt, sich vorwärts zu bewegen.“
Auf
diese Ansprache erheben sich alle und gehen ihrem alten Priester nach. Die
jungen Priester aber stehen da wie angenagelt und wissen nicht, was sie tun
sollen, da die ganze Gemeinde sie verlassen hat und Mir nachzieht, - dem
nachzieht, den zu beleidigen sie bisher getrachtet haben. Was sollen sie
jetzt allein in der wüsten Gemeinde machen? Nun war guter Rat teuer und lieb,
aber nicht zu bekommen. Daher beschlossen sie, nachzugehen und zu spähen, was
es da geben wird, und was wir machen und wohin wir gehen werden.
Wir
gingen eine kleine Stunde außerhalb des Ortes und da ließ Ich lagern. Darauf
trat Ich zu der neuen Truppe, an deren Spitze der alte Priester stand und
sagte: „Lieber Freund Markus, deine Liebe zu Mir ist ein entscheidendes
Unterpfand, dass du ein echter Hirte dieser deiner Gemeinde wirst. Deshalb
bleibst du bei ihr im Sinne der wahren Jesuslehre. Meine Diener werden euch
belehren, was zu glauben, wie zu leben und zu handeln ist. Jetzt aber wollen
wir unsere Mahlzeit halten, daher setzet euch alle nieder, denn es wird
sogleich verteilt werden.“
Nach
diesen Worten drehte Ich Mich um und auf einen Wink traten die schönen Engel
ehrfurchtsvoll vor Mich, verbeugten sich tief und warteten still Meines
Befehles, worauf Ich ihnen auftrug, Brot und Wein für alle zu bringen. In
diesem Moment verschwanden die Engel, worüber sich Markus und seine Gemeinde
stark verwunderten und Mich still betrachteten, ohne etwas zu sagen. Nach
einigen Minuten fing die Gesellschaft an, einen Weg für die schwer beladenen
Engel zu Mir zu bahnen, welche Brot und Wein vor Mich in großen Haufen
niederlegten.
Nun hob
Ich Meine Hände auf, streckte sie über die Mahlzeit, segnete sie und ließ sie
verteilen, was in einigen Minuten beendet war. Darauf ließ Ich die Engel das
Loblied singen, was die neue Gemeinde in höchste Überraschung versetzte, da
diese Stimmen für ihre Nerven zu durchdringend waren. Darauf ließ Ich die
Mahlzeit einnehmen.
Die
betrogenen, verstockten Priester krochen wie die Diebe hinter die Gemeinde,
bedauerten ihren Widerstand, als sie die Engel singen hörten und sagten: „Ach
wir Esel und Ochsen mit unseren römischen Weisheiten, da habt ihr es. Das
sind ja Engel, denn ihre Stimmen sind übermenschlich schön, und so ist auch
ihre Gestalt. Und wir gehen mit dem Herrn und Anführer streiten und behandeln
Ihn gemein! Wer weiß, wer er ist? Trachten wir doch, etwas von der Mahlzeit
zu bekommen, um zu wissen, was diese Leute essen.“
Und so gingen sie recht verstohlen in die hintersten Reihen und fragten, ob
Brot und Wein gut sei. „Himmlisch gut“, erwiderten die Befragten und sagten:
„Na, jetzt steht ihr wie die Ochsen am Berge und wisset euch nicht zu helfen.
So lange aber Zeit war, habt ihr euch mit Füßen und Händen gegen die Wahrheit
gesträubt und euch Gemeinheiten gegen den Führer erlaubt. Gehet hin und
bearbeitet statt uns die Erde, es steht euch frei, denn wir kehren nicht
zurück. Uns scheint, wir sind schon halbwegs im Himmel, denn der
wunderherrliche Gesang und diese himmlischgute Mahlzeit übersteigt alles
Denkbare und bisher Erlebte.“
(Bitte der
Priester um Vergebung des Vorgehens gegen den Anführer. Dieser vergab ihnen
die Sünden und bewirtete sie. Liebe als die alleinseligmachende Kirche. Die
Priester baten um Aufnahme in die Gesellschaft und sie wurden aufgenommen. Je
näher Rom, desto näher der Räuber- und Mörderhöhle. Belehrung in der echten
Christuslehre.)
Plötzlich
trat ein Jüngling auf und fragte sie barsch: „Was ist? Was wollt ihr da, ihr
naseweisen Papisten?!“ Erschrocken fuhren die Priester zusammen und sagten:
„Lieber junger Mann, sei nicht böse! Wir gingen euch nach, um zu erfahren,
wer ihr eigentlich seid. Es scheint uns nun, dass wir uns schrecklich
getäuscht und gröblich versündigt haben gegen euren Anführer. Gehe, lieber
junger Mann und sage Ihm, dass wir unseren großen Irrtum bedauern und Ihn
bitten, Er möge uns unsere Versündigung gegen Ihn gnädig verzeihen, denn es
ist uns jetzt sehr leid, dass unser junger Überwitz sich solche Gemeinheiten
erlaubte. Sage Ihm, dass es uns von Herzen wirklich leid tut, Ihn beleidigt
zu haben.“
Der
Engel kehrte um und brachte Mir diese Botschaft. Ich sagte nun dem Engel:
„Bringe Brot und Wein auch für diese her.“ Im nächsten Augenblick war das
Verlangte da. Nun ließ Ich es hintragen und ging mit. Dort segnete Ich die
Mahlzeit, verteilte sie selbst unter sie und sagte: „Eure Sünden sind euch
verziehen! Esset und trinket und denket in Liebe an Den, Der für euch vor
1500 Jahren gelitten und gestorben, und der nun liebreich von seiner
Gnadenhöhe auf eure reuevolle Herzen schaut.“
Mit
Tränen in den Augen dankten Mir die Priester für die Vergebung und für die
Mahlzeit und baten Mich, ob es ihnen erlaubt sei, auch mitzuziehen. Ich
erwiderte ihnen: „Oh ja, aber die Gesellschaft besteht zumeist aus
Protestanten und zwar aus sehr liebevollen, friedfertigen Menschen, deren
Wahlspruch ist, strikte nach Jesus zu leben. Wer aber nach dieser Lehre leben
will, da sie die Lehre der göttlichen Liebe ist, der ist Mir willkommen, mag
er Protestant, Römisch-Katholischer, Orthodoxer, Mohammedaner, Jude, Chinese
oder Japaner sein, denn in dieser Lehre gibt es eine ,alleineinseligmachende
Kirche’, welche heißt Liebe! In dieser sind alle göttlichen Tugenden
enthalten, und daher, wenn euch dies behagt, so könnt ihr bleiben, sonst
nicht. Denn Hass und Streit darf nicht vorkommen in unserer Gesellschaft,
sondern die Liebe ist die alleinige Leiterin unser aller, also, wenn euch das
behagt, dann habe Ich nichts dagegen einzuwenden.“
Der junge Priester schaute seine Kollegen
an, ob sie damit einverstanden seien. Diese aber nickten, einverstanden zu
sein. Daher wandte sich der Sprecher wieder zu Mir und sagte: „Herr und
Anführer der Gesellschaft! Wir sind alle damit einverstanden und bitten Dich
demütigst, uns behalten zu wollen.“
Ich
sagte: „Die Bedingungen kennt ihr, also bleibet, wenn euch diese behagen.
Denn bisher gibt es nur Protestanten, Römische und wenig an Gott Denkende,
vordem sie bekehrt wurden, nämlich Räuber, aber diese sind nun keine Räuber,
sondern sie waren Räuber und Mörder auf römisch-katholischem Boden. Auf dem Boden
der Lehre Jesu Christi schafft man aus Wölfen Lämmer, während der
verballhornte und schlaff gehaltene christliche Glaube alle möglichen Sünder
schafft, so besonders Diebe, Räuber und Mörder, wie der italienische Boden
zeigt, wo es recht viele Geistliche gibt. Denn es ist ein bekannter Spruch:
Je näher Rom, wo der Papst regiert, desto näher der Räuber- und Mörderhöhle,
sowohl leiblich wie geistlich genommen.“
Diese
Meine Bemerkung geschah deshalb, um den jungen Hochmutsgeistern ihren ganzen
Streitkamm abzuhauen, was sie auch sehr beschämt machte. Unter solchen
Bemerkungen verlief nun die Zeit der Mahlzeit und wir waren wieder
reisefertig. Allein, da Ich keine Eile hatte fortzugehen, sagte Ich den
Engeln, sie sollen die neu angenommene Gemeinde samt den Priestern gründlich
in der christlichen Lehre und in dem Gebrauch, wie er unter uns gang und gäbe
sei, unterweisen.
Die
Engel begaben sich sogleich an die Arbeit und man hörte bald recht laut über
die früheren Grundsätze und die jetzige Neuordnung diskutieren. Besonders
machten die Gemeindemitglieder auf Meine früheren Ausführungen und
Aufklärungen aufmerksam, die ihnen Augen und Verstand geöffnet haben, welche
armseligen Geistes- und Leibessklaven sie unter der römischen Glaubenslehre
mit ihren Menschensatzungen waren und sagten: „Wir sind froh, doch endlich
aus dieser unseligen Pfaffensklaverei erlöst zu sein. Wozu brauchen wir
Priester? Die Lehre ist so einfach, dass, wenn man sie einmal gehört hat,
dann ist es genug, man muss nur danach leben und handeln, dann ist alles gut.
Daher wollen wir von keiner Priesterschaft mehr etwas hören, und sollte uns
noch etwas unklar sein, so haben wir euch, die wir fragen können.“
(Die Priester begaben sich aller priesterlichen Würde und wollten Brüder und
Freunde sein. Der zu gewissen Zeiten vorkommende Fischzug auf die Edelfische
für den obersten Liebeshimmel. Verheißung des Himmels an die Priester. Jesus
dem Leibe nach ein Jude, daher Liebe und Duldsamkeit gegen die Juden. Die
Priester beugten sich in Demut in alles.)
Nun
meldeten sich auch die Priester und sagten: „Wir sehen auch ein, dass wir in
dieser einfachen Religion, wo nur Liebe und Demut herrscht, überflüssig sind.
Daher begeben wir uns aller priesterlichen Würde und wollen nur Brüder unter
Brüdern sein und euch dienen und wo wir können, euch nützlich sein. Wir waren leider im bischöflichen Seminar
mit Menschensatzungen der römischen Kirche vollgepfropft, woraus nur Hochmut,
Habsucht, Ehrsucht und Herrschsucht und allerlei andere geistesfinstere
Süchte in uns wie Pilze zu wachsen anfingen und wir zur Befriedigung dieser
Süchte kein Mittel scheuten, das zu erlangen, was uns Vorteil brachte. Daher
auch unsere Finsternis in der Geisterwelt.
Nun
aber sehen wir, dass es lichter um uns wird, weil wir demütig geworden sind,
und so wollen wir uns fleißig üben, das bisher Verfehlte wieder und bald gut
zu machen, und so bleiben wir bei euch nicht als eure Priester und
Vorgesetzte, sondern als Brüder und Freunde, willig, euch in allem behilflich
und dienstfertig zu sein.“
Diese offene Beichte der Priester machte einen tiefen Eindruck auf alle, und
Ich trat in diesem Moment unter sie und sagte: „So, Kinder! Das freut Mich,
dass ihr verständig und demütig geworden seid. So, und nur so kann Ich euch
brauchen. Und nur dann, wenn diese eure Vorsätze zur vollwahren Tat werden,
könnet ihr mit Mir in den Himmel zum Vater Jesus einziehen. Denn Ich bin auf
einem großen Fischzuge, der nur zu gewissen Zeiten vorkommt, und da sammle
Ich die Edelfische für den obersten Liebeshimmel, wo das neue Jerusalem ist
und der Thron Jesu, eures Gottes und Vaters. Bleibet eurem Vorsatze treu und
ihr könnet mit einziehen zum Throne Jesu, eures Vaters.“
Diese
Verheißung machte einen gewaltigen Eindruck, und alle versprachen, alles zu
befolgen, was von ihnen verlangt wird. Und so setzte Ich noch dazu: „Es ist
in unserer Gesellschaft Dr. Martin Luther und ihm zur Freude und um ihn in
den Himmel zum Vater Jesus zu begleiten, für den er so fleißig und
unermüdlich auf der Welt gearbeitet, bin Ich auf diesen großen Fischzug
ausgegangen und da nehme Ich alles auf, was tauglich und willig ist, Mir zu
folgen.
Daher
werde Ich auch Juden aufnehmen, damit ihr euch Liebe, Demut und Duldsamkeit
angewöhnet, da ihr vorhin den edelsten Juden aus Jesu Jüngern fortgejagt
habt.“ Diese Meine vorwurfsvolle Erwähnung, dass sie den edelsten Jünger Jesu
fortgejagt haben, war eine bittere Pille auf die Unduldsamkeit, die sie als
Priester Andersgläubigen entgegenbrachten.
Daher
sagte Ich noch weiter, indem Ich sie fest ins Auge fasste: „Wie könnet ihr
Jesus lieben, wenn ihr Juden hasset? War nicht Jesus dem Leibe nach ein Jude?
Glaubet ihr, dass er anders angezogen herumging als wie ihr den Petrus
gesehen habt? Und sehet, Er war Gottvater Selber und trug statt einer
dreifach gekrönten Tiara und heidnischen Priesteranzuges, wie euer Papst
usw., eine Kleidung, die euch so verhasst ist, dass ihr mit einem Juden gar
nicht verkehren wolltet, wenn er auch der Petrus, der Fels des Glaubens in
der christlichen Kirche ist.
Sehet!
Dieser Hochmut, dieser Größenwahn, diese Unduldsamkeit muss heraus aus euch!
Ihr müsset Kinder der göttlichen Liebe werden! Bisher wart ihr Bewohner der
Hölle, nun geht es aufwärts mit euch, und so müsset ihr so liebreich, so
demütig und so duldsam mit den Schwächen eurer Nächsten sein, wie euer Vater
Jesus mit euch war und ist, wenn ihr wollt euer Ziel erreichen. Sonst könnte
Ich euch nicht mitnehmen, sondern lassen mit euren Tugenden in der Sphäre,
die euch zusagt.“
Diese
Rede fegte die letzte Spur ihrer Untugenden fort. Beschämt und im Herzen tief
erniedrigt, versprachen sie Mir, alles zu tun, um dieser von Mir
aufgestellten Aufgabe gerecht zu werden und fragten Mich, wie sie dem Petrus
wegen der angetanen Beleidigung Abbitte tun könnten, worauf Ich ihnen
erwiderte: „Tuet, was ihr versprochen habt, dann werdet ihr auch zu Petrus
kommen, denn er wohnt beim Vater Jesus.“
(Lob- und Danklied für die
glücklich gelungene Bekehrung. Abmarsch und Ankunft in einem Bergkessel, in
einem Judenort. Die Juden wollten Geschäfte machen mit der Gesellschaft.
Aufklärung über die Tugenden, Untugenden und Eigenschaften beim Übertritt von
der Erde in die Geisterwelt und das Fortleben wie auf der Erde. Des Paulus
Spruch: Wie der Baum fällt, so bleibt er liegen. Die dreifache Hölle und wo
sie eigentlich ist.)
Nun berief Ich wieder die Jünglinge und sagte ihnen, sie sollen ein Lob- und
Danklied dem Vater Jesus singen, da die Sache so glücklich gelungen ist. Dies
ließ Ich aber hauptsächlich darum zu, um die Gesellschaft aufmerksam zu
machen, dass man für alles danken und Gott loben und preisen soll. Nach
beendetem Liede ließ Ich wieder aufbrechen und wir gingen weiter.
Nach
einem beschwerlichen Marsche von mehreren Stunden gelangten wir in einen
großen Bergkessel, worin wieder armselige Hütten standen, wie bei den armen
Bewohnern, die wir anfangs mitnahmen. Der Unterschied bestand nur darin, dass
dort arme Bewohner, hier aber reiche Juden hausten, welche aber innerlich,
geistig so armselig waren, dass sie keine besseren Hütten aus sich herstellen
konnten. Sie saßen vor ihren Läden und warteten, um etwas kaufen und
verkaufen zu können.
Als sie
unser ansichtig wurden, machten sie sich schnell bereit, um ihren Handel
betreiben zu können. Ich muss hier wieder die Bemerkung einschalten, dass der
Mensch, wenn er stirbt, mit denselben Tugenden oder Untugenden und mit
denselben Leidenschaften, Begierden und Gelüsten in die andere Welt kommt,
die er auf der Erde hatte. Daher der Spruch des Apostels Paulus: ,Wie der
Baum fällt, so bleibt er liegen’.
Im
Geisterreich angelangt, sucht der Mensch dieselbe Beschäftigung, die ihm auf
der Erde beliebt und bekannt war, und stellt aus sich die Bilder her, die
seine Gedanken und Ideen verfolgen und somit auch Handelswaren. Ja, in
niederen, sogenannten Höllensphären geht es so menschlich zu wie auf der
Erde. Das Lebensbild ändert sich aber, wenn der Mensch geistig höher steigt,
um letztlich ganz zu verschwinden und den höheren Lebenszwecken Platz zu
machen.
Dieses
soll euch nicht wundern, denn die Seelen der Verstorbenen wohnen in der Erde,
was die unterste Hölle vorstellt. Die zweite Hölle ist auf der Erde, so dass
die Geister der Mittelhölle unter Menschen wandeln. Daher sind die heutigen
Menschen so höllisch, weil sie von Geistern beeinflusst werden, welche die
Untugenden, Leidenschaften, Begierden und Gelüste durch ihre mittätige
Beeinflussung steigern und damit vergrößern.
Hütet
euch daher vor diesen, dass die Geister keine Nahrung und Unterhaltung bei
euch finden. Denn wie ein Weltling nicht in die Kirche geht, und ein Mensch,
der seines Lebenszieles sich bewusst ist, die in die Hölle führenden Theater,
Tänze und Sitten verschlechternden Buden und Gesellschaften nicht besucht, so
verweilt auch der Geist nicht bei einem Menschen, dessen Strömung eine dem
Geiste zuwidere ist. Die erste oder die oberste Hölle ist über der Erde, in
der Wolkenregion. Dahin gelangen alle Menschen, wenn sie gestorben sind, da
entscheiden sie sich durch ihren Lebenswandel, ob sie hinauf oder herab
gehören.
Doch
will Ich euch bemerken, dass jeder Mensch eine andere Lebensführung in der
Geisterwelt durchmacht und zwar immer nach seinen inneren Geistesströmungen, und
dass es daher millionenfach verschiedene geistige Führungen gibt und es
niemand an Abwechslung ermangelt.
(Einladung der Rabbiner und des ganzen Volkes zur Besprechung über den
Messias. Wiesenlager in einem Bergtal. Die Rabbiner sagten, dass niemand mehr
an die Messias- Prophezeiung glaube, der Glaube an Jehova genüge. Der
Anführer verteidigte die Wahrheit der Prophezeiungen von Jehova, da sie in
Erfüllung gegangen seien. Die Rabbiner bejahten alle erfüllten
Prophezeiungen, allein die vom Messias wäre nur eine fromme Sage der
Propheten gewesen. Verteidigung, dass die Messiasprophezeiung eine der
allergrößten, durch alle Propheten gehende Weissagung sei, daher die Frage an
die Rabbiner: Wie könnet ihr eure Propheten zu frommen Lügnern stempeln?)
Als wir
in den Talkessel und den Ort gelangten, da gab es sogleich links und rechts
Rufe, etwas zu kaufen. Ich aber ließ die Engel vorangehen und verkünden, dass
wir gar nichts kaufen werden, sondern wir wollen eine große
Auseinandersetzung mit den Rabbinern wegen des Messias halten. Daher sollen
sie ihre Läden schließen und uns alle auf die Wiesen und Rasenplätze
nachfolgen, denn da wird es des Interessanten genug zu hören geben. Obwohl ihnen
der Handel lieber war als der Messias, der gar nicht mehr kommen wollte,
folgten sie doch unserer Aufforderung und brachten ihre Rabbiner oder
Priester mit.
Wir
lagerten uns entlang der Straße, die mit bedeutenden Wiesen und Rasenplätzen
eingesäumt war, denn es war außerhalb des Bergkessels eine zweite Abteilung,
die ein tiefes Bergtal bildete und zum Bergkessel gehörte. Hier blieben wir
lagernd und warteten auf die jüdische Gemeinde, die uns nachfolgte. Als wir
alle unsere Lagerplätze besetzt hatten und den Juden einen guten Mittelraum
überließen, sagte Ich, dass die Priester oder Rabbiner vortreten mögen, damit
wir eine wichtige Besprechung anknüpfen können, welche sich speziell mit der
Person des Messias befassen werde.
Sobald
traten mehrere jüdische Tempelpriester vor und sagten: „Es wundert uns sehr,
dass ihr wie aus dem Stegreif eine Messiasbesprechung verlanget. Wer glaubt
bei uns noch an einen Messias, wer glaubt, dass die Propheten die Wahrheit
sagten, da die Prophezeiung nicht eintraf? Wir halten uns an Jehova und das
genügt uns. Nun saget ihr uns eure Ansicht, was ihr davon haltet.“
Auf
diese Rede trat Ich vor und sagte: „Wenn ihr an Jehova glaubet, so müsset ihr
an seine Verheißungen glauben, denn Gott lügt nicht und was er verspricht,
das erfüllt Er auch. Wie könnet ihr behaupten, dass die Propheten nicht die
Wahrheit gesprochen haben? Ging nicht eine jede Prophezeiung in Erfüllung,
welche diese von Gott berufenen Männer weissagten? Was ist mit den
Prophezeiungen über Edom, Moab, Babylon, Ninive, das Reich Juda, über die
Zerstörung Jerusalems, Vernichtung des Reiches Israel? Saget Mir! Ist die
Prophezeiung darüber Wahrheit gewesen, ist sie in Erfüllung gegangen oder
nicht?“
„Ja
leider“, erwiderten die Priester, „das ist zu unserem größten Unglück
eingetroffen; nicht so die Messiassage oder -prophezeiung, denn wir wissen
nicht, wie wir eigentlich darüber urteilen sollen. Wäre sie eine von Jehova
ausgegangene Verheißung, so hätte sie wie die anderen Prophezeiungen in
Erfüllung gehen müssen, und wir wären ein großes mächtiges Volk geworden,
welches die Welt beherrschen würde. Denn da wäre der Messias vom Himmel mit
großer Herrlichkeit herabgekommen und hätte mit Seiner göttlichen Macht alles
untertan gemacht und uns zu beherrschen übergeben. Wir, als das auserwählte
Volk Gottes, wären dadurch zu einem königlichen Herrschervolke der Welt
geworden und hätten alle Menschen zu unserem Glauben bekehrt.
Leider!
Leider! Alles das ist ausgeblieben und das Volk Israel ist ein Sklave statt
Herrscher geworden und daher glauben wir, dass es bloß eine fromme Sage der
Propheten war, denn sie ist nicht in Erfüllung gegangen, somit war sie keine
Prophezeiung. Nun, was sagst du dazu?“
Ich
erwiderte darauf: „Keine Prophezeiung der Juden ist so großartig und so
zahlreich vertreten, wie die über die Ankunft des Messias. Seit Adam her ging
sie durch alle Propheten und Seher bis zum Maleachi, der 440 Jahre vor dem
Anfang der christlichen Zeitrechnung als der letzte Prophet, der darüber
weissagte, auftrat. Wie könnet ihr von einer frommen Sage sprechen, da sie an
der Spitze der großartigsten Prophezeiungen steht? Wie könnet ihr daher eure
Propheten, deren Prophezeiungen erwiesen in Erfüllung gingen, in der
Messiasweissagung zu frommen Lügnern stempeln?“
(Die Rabbiner konnten die mit aller Kraft verteidigte Messiasweissagung nicht
verneinen. Fragen aus Jesaja und Micha über den Messias. Die Priester
verneinten die Erfüllung derselben. Sie wurden überwiesen, dass sie anders
reden als denken. Beweise, dass Maria und Joseph aus dem Stamme Davids waren
und dass Jesaja nicht gelogen hat.)
Diese
Einwendung kam wie ein Donnerstrahl in die Priester. Einer schaute den
anderen an, was er sagen würde. Aber keiner fand Worte, diese Meine
Inkraftsetzung der Messiasprophezeiung zu entkräften. Daher sagte Ich weiter:
„Wenn aber die Tatsache so ist, wie soll die Messiasprophezeiung, die in der
Mitte der Prophezeiung Daniels steht, welche in Erfüllung ging, ausnahmsweise
eine Lüge sein und nicht Wahrheit?“
Wieder
schwiegen die Priester, denn sie hatten keinen Boden, auf dem sie ihre
Entgegnung aufbauen könnten, und so fuhr Ich Selber fort und sagte: „Brüder
und Freunde! Unsere Sache ist ernst, denn Ich kam zu euch, um euch aus einem
Irrwahn zu erlösen, der euch zu Gefangenen eurer falschen Voraussetzungen
macht. Es ist Mir entschieden darum zu tun, euch den wahren Weg zu eurem
Jehova zu zeigen und zu beweisen, dass der Messias keine fromme Sage, sondern
eine schon längst erfüllte vollwahre Prophezeiung Jehovas ist. Daher höret
Mir zu, damit wir ins Reine kommen und euch dadurch ein großer geistiger
Nutzen erwachse!
Als
Adam sich gegen Gott versündigte, versprach Jehova einen Retter zu senden.
Dieser Retter werde aber Jehova Selber sein, wie Er durch Jesaja sprach:
,Siehe, eine Jungfrau wird gebären und was sie gebären wird, wird groß sein
und der Herr wird Selber mit Seiner Kraft dabei sein. Und das Kind wird aus
dem Stamme Davids stammen, und der Herr wird die Herrschaft Seines Reiches
auf Seine Schulter legen, und Er wird auf ewig auf dem Stuhle Davids
regieren.’
Ferner
sagt die Prophezeiung, dass Er wird Honig und Butter essen, bis Er versteht
das Gute vom Schlechten zu scheiden. Dieses besagt, dass Er wird mit Liebe
und Weisheit erfüllt sein. Sein Name wird heißen: Wundervoller der Schöpfung,
der Weisheit Rat, die Kraft Gottes, die Gewalt des Allmächtigen, der Vater
von Ewigkeit, der Fürst des Friedensreiches. Die Kraft Jehovas wird in Ihm
sein und Jehova Selbst wird das bewerkstelligen und in Ihm sein und Ihn
leiten. Seine Geburt wird nach Micha in Davids Vaterstadt Bethlehem erfolgen,
dort wird Jehova, der Herrscher von Ewigkeit, ins Fleisch treten und von da
aus Sein Reich des Geistes antreten. Nun frage Ich euch: Ist diese
Prophezeiung in Erfüllung gegangen oder nicht?“
Da trat
der erste Priester vor und sagte: „Die Prophezeiung ist allerdings richtig,
aber was willst du damit beweisen? Wann wurde Jehova als Messias in Bethlehem
geboren? Von dem wissen wir nichts! Weißt du was, so erzähle es uns.“ Diese
Antwort war fein berechnet und schlau angelegt, um die Prophezeiung als nicht
erfüllt dahinzustellen. Ich aber erwiderte darauf, dass sie sich nicht so
unwissend stellen sollen, sondern so reden, wie sie im Herzen denken, nämlich
von Jesus von Nazareth, der zu Bethlehem geboren wurde. Diese Bemerkung, dass
sie anders reden und anders denken, machte sie stutzen. Und sie meinten, wie
Ich das behaupten könne, da Ich doch nicht in ihre Herzen sehe? Und somit
auch nicht wissen könne, dass sie zweideutig sprechen. Deshalb sei es besser,
dass Ich nicht zu weit aushole, weil sie so sprächen, wie sie denken und
nicht anders.
Sogleich
gab Ich ihnen zur Antwort: „Es ist aber doch so, wie Ich bemerkt habe, ihr
denket an Jesus und verlanget Beweise zur Behauptung der erfüllten
Prophezeiung und diese sollen euch werden:
Ihr wisset, dass Maria, die Mutter Jesu aus dem Stamme Davids war. Somit war
Jesus, da auch Joseph, der Gemahl Marias, aus dem Stamme Davids war, Mariens
Sohn, ein Nachkomme Davids. Aber von Maria als Mutter des Kindes spricht
Jesaja: ,Siehe! Eine Jungfrau ist schwanger, und sie hat uns einen Knaben
geboren.’ Was meint ihr: War Maria eine Jungfrau, als sie schwanger war und
gebar, oder hat Jesaja gelogen?“
(Die
Priester konnten die Jungfrauenschaft Mariens nicht fassen. Jesus als
Gottvater Selber und wie Jesu Leib entstand. Geschichte Mariens, ihre keusche
Erhabenheit. Christus kam wie ein Geist aus dem Mutterleib.)
Die Priester schauten Mich an und schwiegen, denn eine Jungfrau sein,
schwanger werden und als Jungfrau gebären und doch einen Mann haben, das
konnten sie nicht fassen, daher fragte Mich einer der Priester, wie man das
erfassen soll. Ich antwortete ihm: „Siehst du, sehr leicht ist das zu fassen,
wenn man die erste Prophezeiung richtig begriffen hat. Das Kind Mariens war,
wie Seine Namen dartun, der Schöpfer der Welt, somit Gottvater, der
allmächtige Weltenherrscher, dessen Liebe und Weisheit alles erschaffen hat,
alles regiert und leitet.
Glaubst
du nun, dass Gott sich von einem sündigen Menschen Seinen Fleischleib wird
erzeugen lassen, um Mensch zu werden? Oh, wenn du das denkst, dann denkst du
von deinem Jehova sehr gemein. Dein Glaube ist dann nicht besser als der
eines Heiden, ja, noch schlechter. Die Heiden ließen Götter mit Göttinnen
Kinder zeugen, du würdest aber Jehova unter einen Götzen erniedrigen. Ich
sage dir, der Leib Jesu ist im Leibe Mariens durch Gottes Willen entstanden,
den man den Heiligen Geist in geistiger Sprache nennt. Daher nennt sie Jesaja
eine schwangere und gebärende Jungfrau.
Sie war
bis zu ihrem vierzehnten Jahr im Tempel unter größter Sorgfalt erzogen und
wie ein Kleinod beobachtet. Denn erstens war sie eine der wenigen Töchter aus
dem Stamme Davids, dann wusste man, dass sie nicht fleischlich erzeugt worden
ist, sondern geistig empfangen. Daher schaute der Tempel mit ganz besonderer
Sorgfalt auf sie, weil die Zeit der Prophezeiung des Messias in Erfüllung
gehen musste.
Mit der
Empfängnis der Maria durch ihre Mutter Anna verhält es sich nämlich wie
folgt: Joachim und Anna waren schon hochbejahrte Menschen, und um Gott besser
und reiner zu dienen, trennten sie sich. Er baute sich eine Feldhütte und
wohnte darin. Anna aber ging in den Tempel und diente als Magd darin und
betete und lobte Gott in ihrem Herzen fort und fort. Nach Verlauf von drei
Jahren erweckte Gott in den Herzen der Anna und des Joachims eine besondere
Sehnsucht, sich noch einmal im Leben zu sehen, und diese Sehnsucht steigerte
sich in den Herzen beider derart, dass sie nichts Sehnsüchtigeres wünschten,
als noch ein letztes Mal sich zu sehen.
Endlich
siegte die Sehnsucht bei Joachim und er sagte: ,Ich weiß ja, wo sie ist. Dort
im Tempel unter der Dienerschaft werde ich sie gewiss antreffen. Ich halte es
nicht mehr aus vor Liebe und Sehnsucht, sie zu sehen.’ Gesagt, getan. Er ging
in den Tempel und suchte sie unter der Dienerschaft. Plötzlich bemerkte er
sie und eilte hin. In dem Moment sah ihn auch Anna und eilte ihm entgegen mit
offenen Armen, und so umarmten sich beide in Gegenwart der ganzen
Tempeldienerschaft und drückten sich an die Brust. In diesem Moment ließ Gott
Anna geistig empfangen, und ein Wohlgefühl durchströmte ihren ganzen Leib.
,Aber
wie ist das möglich?’ sagte Joachim, ,Ohne jede fleischliche Berührung und
Zeugung. Und denke dir, deine 74 Jahre, wo doch schon lange die Zeit dazu
verstrichen ist, ohne ein besonderes Wunder.’ ,Und doch ist es so, sage ich
dir,’ beteuerte Anna, ,denn bei Gott ist alles möglich.’ Und so freuten sich
beide einen ganzen Tag über diese Begegnung und dieses seltene Ereignis.
Abends aber ging Joachim wieder in seine Feldhütte, die er sich außerhalb
Jerusalems in der Umgebung aufgebaut hatte. Das war das letzte Mal, dass
Joachim und Anna zusammenkamen, denn er starb bald darauf, während Anna ihr
84. Jahr im Tempel erreichte.
Nach ihrem Tode wurde Maria von der Dienerschaft gepflegt und in allen
weiblichen Arbeiten unterrichtet. Ich sage euch: Maria war keusch wie die
Sonne und schöner als letztere, - geistig. Und nur ein solch hochheiliges
Gefäß war tauglich, den allerheiligsten Leib Jehovas zu empfangen und zu
tragen, und keine weltliche Mutter.
Ich sage
euch: Im Tempel spielten Engel mit ihr und brachten ihr köstliche himmlische
Speisen zu essen. Eine so reine Mutter hat die Welt noch nicht gesehen, wie
Maria war. Also hoffe Ich, dass ihr Mich wohl verstanden habt, dass Maria
selbst geistig empfangen wurde, dass sie in vollkommener Unschuld wieder
geistig empfangen und auch geistig rein als Jungfrau geboren hat, denn
Christus war wohl Mensch, aber mehr Geist als Mensch, weil sündenfrei, daher
auch kam Er wie ein Geist aus ihrem Leibe. Nun, was sagst du dazu?“
(Der
redende Rabbiner widersprach der zweifachen geistig-jungfräulichen Empfängnis
von Maria und Jesus und verlangte als Beweis Maria selber zu sehen und zu
sprechen. Maria erschien und verschwand, weil er ihr auf zweimaliges Befragen
keine Antwort gab. Die anderen Amtskollegen erkannten die Wahrheit.)
Der
Priester schmunzelte und sagte: „Höre! Du bist ein phantasiereicher
Geschichtsmacher, so etwas hat die Welt noch nicht erlebt. Sage mir, wie
kannst du mir das beweisen? Deine erste Beweisaufstellung war wohl gut, mit
dieser Erfindung von zweifacher geistiger Empfängnis, und als Jungfrau
schwanger zu sein und auch nach der Geburt Jungfrau zu bleiben, siehe, das
übersteigt die gewöhnliche menschliche Fassungskraft. Und daher schaue ich
Deine Erzählung für Leichtgläubige an und sonst nichts. Du musst mir schon
mit anderen Beweisen kommen und nicht mit Phantasien.“
Ich
sagte darauf: „Beweise zu liefern ist Mir leicht, aber Mir ist es lieber,
dass ihr ohne Beweise glaubet. Schau dorthin, dort stehen einige Priester,
welche wollten, dass Ich den Apostel Petrus rufen soll, und das geschah, und
doch glaubten sie nicht, bis sie durch andere Beweise zum Glauben gebracht
wurden. Ich kann dir alle Beweise geben, die du verlangst, denn erstens bin
Ich ein mächtiger Geist und zweitens sind wir im Geisterreich, wo alles
möglich ist.“
Darauf
fragte Mich der Rabbiner: „Ja, sage mir, wenn Du es weißt, was ist jetzt mit
Maria und wo ist sie? Kann man sie nicht sehen und mit ihr sprechen, ob das
wahr ist, was Du uns in einer so phantasiereichen Gestalt aufgetischt hast?“
„Oh ja, man kann sie sehen und sprechen, aber wirst du dadurch gläubig? Du
bist jetzt sehr stark im Zweifel, und dieser Zweifel wird dich auch bei den
Beweisen nicht verlassen. Möchtest du nicht auf solche außergewöhnliche
Beweise verzichten?“
„Nein,
es geht nicht,“ entgegnete der Rabbiner, „denn ich kann nichts
Übermenschliches glauben. Daher muss ich starke Beweise haben, um überhaupt
glauben zu können, dass die Geschichte von Jesus eine Tatsache ist. Nun
kommst du mir mit solchen Sachen, dass ich ganz ungläubig geworden bin. Also
Beweise, nur Beweise, und sehr starke möchte ich haben, um etwas glauben zu
können.“ „Sage Mir daher, welche Beweise du haben willst,“ erwiderte Ich ihm.
„Nun ja, Maria könnte mir doch die beste Antwort geben,“ lachte der Rabbiner.
„Rufe nur diese, und es wird gut.“ Dabei aber dachte er sich: Na, der kommt
immer tiefer hinein. Ich weiß ja, dass das Ihm unmöglich ist. Den wird man
schön auslachen mit Seinen Phantastereien und Prahlereien.
Ich
aber sagte: „Freund, mache dich bereit, dass du sie ordentlich wirst fragen
können und es dir dann nicht leid wird, unvorbereitet etwas Ungewöhnliches
begehrt zu haben“. Da dieser noch immer leichtfertig auf seinem Begehren
bestand und dazu lachte, sagte Ich: „Dein Wille sei erfüllt!“ Kaum war dies ausgesprochen, gab es einen
starken Blitz und hellstrahlend schoss blitzschnell Maria aus der Höhe vor
den erschrockenen Rabbiner und schaute ihn an, fragend, was er von ihr
wünsche.
Dieser
aber stand wie angedonnert und stumm und getraute sich kein Wort zu reden,
denn ihre übermenschliche Schönheit und die blendende Strahlung, die aus ihr
hervorging, ließ ihn alle Fragen vergessen. Und so stand er stumm und schaute
und verwunderte sich über die Erscheinung. Maria befragte ihn noch einmal,
was er von ihr wünsche. Dieser aber getraute sich noch immer nicht zu
sprechen, und da er sie nur stillschweigend bewunderte, verschwand sie
plötzlich aus seinen Augen.
Jetzt
erst erwachte er aus seinem Zauber und ärgerte sich, nichts erreicht zu
haben. Die übrigen Rabbiner und Zuschauer aber sagten: „Bist du jetzt
überzeugt und kuriert? So geht es den Spöttern oft. Wir, seine Amtskollegen,
betrachteten das Ganze aufmerksam und haben doch diese Überzeugung gewonnen,
dass Maria ein sehr schöner und hoher Geist ist und es würde uns sehr freuen,
wenn wir sie noch einmal sehen könnten.“ Da diese Äußerung aus innerer
Überzeugung kam, sagte Ich darauf: „Jeder, der Meinen Worten glaubt und
darnach lebt und handelt, kann dorthin gelangen, wo Jesus Jehova und Maria,
die Apostel und alle hochfortgeschrittenen Geister sind. Ich hoffe aber, dass
euch die Erscheinung Mariens überzeugt hat, dass Ich die Wahrheit sprach. Denn
Ich habe sie doch deshalb heruntergerufen, um der Wahrheit Zeugnis zu geben.
Und da Ich das tat und dies Mir möglich war, so sei euch dies der Beweis,
dass Ich die Wahrheit sprach.“
(Beweise
aus Jeremia über das Weinen der Rachel beim Kindermord zu Bethlehem; aus
Maleachi über Elias als Wegbereiter Christi; aus Jesaja und David über Leben
und Sterben des Messias und aus Daniel, dass Israel wegen des Messias in alle
Welt zerstreut würde.)
Aber
keiner der anwesenden Juden getraute sich, Mir zu widersprechen, und so
sprach Ich weiter: „Sehet, bei Jesu Geburt weinte die Rachel über ihre
Kinder, welche ihr Herodes ermorden ließ, somit ist diese Prophezeiung
Jeremias auch erfüllt. Der Prophet Maleachi prophezeite, dass Elias als
Vorbereiter des Weges vor dem Messias auftreten wird, und Ich sage euch,
nicht bloß Elias als Johannes der Täufer, sondern auch Moses als sein Vater
ist damals dort gewesen.
Jesaja
erzählte, wie der Messias leben und sterben wird, und sehet, alles ist genau
eingetroffen, so auch, was David in seinen Psalmen über den Tod und die
Auferstehung am dritten Tage berichtet. Jedes und alles, was in den vielen
Notizen der Propheten über den Messias berichtet wurde, ist im Leben Jesu in
Erfüllung gegangen. Was hält euch denn noch zurück, an Jesus zu glauben?
Daniel enthält den Schluss des Dramas, dass Israel besiegt und in alle Welt
zerstreut werde wegen seines Unglaubens und seiner Hartherzigkeit. Und seht,
auch das ist im Jahre 70 nach Christus in Erfüllung gegangen. Ich frage euch:
Ist das alles wahr, was Ich erzählt habe oder nicht?“
Die
Rabbiner fragten Mich, was Ich damit bezwecken wolle, wenn sie ja oder nein
sagen? Denn sie haben davon weder Nutzen noch Schaden und es sei ihnen daher
gleich, ob es wahr oder unwahr ist. Darauf erwiderte Ich ihnen: „Es ist
entschieden nicht so, wie ihr meint, sondern jeder Mensch ist Gottes Kind und
muss trachten, dass er zu Gott, seinem Vater kommt und dass es ihm gut gehen
wird.“
(Der
Anführer gab eine ruhige Aufklärung dem geschäftseifrigen Juden. Himmlische
Mahlzeit. Die Engel sangen einen Psalm dazu. Die Juden dachten nach, wie sie
auch einen so guten Wein, Brot und Obst zum Handel treiben herschaffen
könnten. Der Judenort wird durch ein großes Erdbeben verschüttet und das
Heulen der Juden darüber. Der Anführer tröstete sie und versprach für sie zu
sorgen, wenn sie nach Jesu Lehre leben wollen. Das Angebot gefiel ihnen.)
Darauf
fragte Mich ein Jude: „Höre Freund! Ist im Himmel auch ein Geschäft zu
machen? Denn siehe, ich bin alt geworden im Kaufen und Verkaufen, und wo kein
Handel, da kein Verdienst. Dort ist auch kein gutes Leben. Ich bin nur für
den Handel und dieser hat mich immer ehrlich ernährt, und so habe ich auch im
Geisterreich mich auf das Handeln verlegt und lebe davon. Religion, Messias,
das alles ist Sache der Rabbiner und nicht unsere.“
Ich
hörte ruhig zu und sagte darauf: „Nun, sage Mir, weswegen betreibst du den
Handel, wenn nicht, um gut zu leben und glücklich zu sein? Du hast Maria
gesehen, welch herrlicher Geist sie ist und siehe, auch du kannst das werden.
Was das Essen und Trinken betrifft, will Ich euch allen die Beweise geben,
wie man im Himmel speist, und so bleibet ihr Meine Gäste. Gefällt euch Meine
Kost nicht, dann könnt ihr tun, was ihr wollt. Gefällt sie euch und wollt ihr
bei Mir bleiben, dann müsst ihr die Lehre des Messias Jesus Jehova Zebaoth
befolgen. Zwingen aber will Ich niemanden, sondern es steht euch frei, zu tun
nach eurer freien Verfügung.“
Nach
dieser Erklärung berief Ich die Engel und trug ihnen auf, Wein, Brot und Obst
für alle zu holen. Wie gewöhnlich, war alles in einigen Minuten haufenweise
vor Mich hingestellt. Nun streckte Ich Meine Hände darüber, segnete es und
ließ es verteilen. Sogleich versammelten sich wieder die Engel bei Mir und
warteten auf die weitere Order. Diesmal ließ Ich einen Psalm singen, der die
Juden so nervös machte, dass sie baten, aufzuhören, denn sie könnten die
Schönheit der Stimmen nicht ertragen. Worauf Ich sagte: „Das macht eure
materielle Gesinnung mit eurem fortwährenden Kaufen, Verkaufen und Handeln.
Sehet, hier sind einige darunter, die auch sehr tief in Materie begraben
waren, aber sie haben alles weggelassen aus ihren Gedanken und haben Meine
Lehren angenommen und sie fühlen sich sehr glücklich dabei. Jetzt aber setzet
euch und verzehret die Mahlzeit.“
Die
Juden konnten sich nicht genug verwundern über die außergewöhnliche Güte der
Mahlzeit und dachten nach, wie sie auch so etwas Gutes erzeugen könnten, um
damit Handel zu treiben. Kaum abgespeist, entsteht ein furchtbares Erdbeben,
und unter donnerndem Krachen löst sich ein Teil des Berges über dem
Bergkessel ab, wo die Judenortschaft lag und verschüttet hoch den ganzen Ort.
Ein fürchterliches Geheul ist die Folge dieses Ereignisses unter den Juden,
welche dadurch zu Bettlern gemacht wurden und jammerten und klagten über das
große Unglück, das ihnen widerfahren war. Ich aber wandte Mich zu ihnen und
sagte: „Was liegt an euren Fetzen und Tand? Ich sagte euch, dass ihr bei Mir
um nichts zu sorgen habt als bloß die Lehre Jesu zu erfüllen, alles Übrige
ist dann Meine Sorge.“ Dieses Angebot gefiel ihnen, denn die Juden sind
gescheit und verstehen aus allem ihren Vorteil zu schlagen.
(Ein Bedenken aus dem Evangelisten Matthäus. Des Anführers gründliche
Aufklärung darüber. Alle Judenpriester erklärten, die echte Christuslehre
anzunehmen, weil ohne Zeremonien. Die Liebe als das alleinige Glaubensgebot.
Die Juden möchten auch im Himmel Handel treiben.)
Nun
traten die Juden zusammen und besprachen sich darüber, was sie tun sollen. Da
sagte der zweifelnde Rabbiner zu ihnen: „Wartet ein wenig, ich habe noch
einen Zweifel, und dieser lässt mir keine Ruhe. Daher will ich mir noch die
letzte Aufklärung holen.“ Nach diesen Worten trat er vor und sagte: „Höre,
lieber Freund! Ich habe noch einige Zweifel, deshalb komme ich zu Dir um
Aufklärung, und diese sind: Maria war die Frau des Joseph. Dann heißt es,
dass Jesus der erste Sohn Mariens war. Und drittens werden vier Brüder und
Schwestern Jesu genannt. Lieber Freund, wie erklärst Du uns das?“
Ich
antwortete ihnen: „Der Wahrheit gemäß verhält sich das wie folgt: Als Maria
empfangen hatte, war sie 14 Jahre alt. Um die Schande zu vertuschen, als man
ihre Schwangerschaft entdeckte, und weil sie durch Gottesfügung das
,verfluchte Wasser’ beide ohne Schaden getrunken, welches ihnen der Tempel
als Prüfung der Wahrheit zu trinken gab, dass sie keine fleischliche
Berührung begangen, hat sie der Priester im Geheimen ehelich verbunden. Aber
Joseph war damals 70 Jahre alt, Witwer und Vater von fünf Söhnen aus erster
Ehe. Joel, der älteste, dann Joses, Simon, Juda und Jakob.
Die bei
Markus genannten Schwestern waren keine Kinder Josephs und Marias, sondern
Verwandte, die im Hause Josephs wie eigene Kinder gehalten wurden und daher
nannte man sie Schwestern. Joseph war zu alt und zu gottesfürchtig, dass er
sich getraut hätte, Maria anzurühren, als er wusste, dass sie die auserwählte
Gebärerin des Messias war. Die mangelhafte Erwähnung des Evangelisten (Matth.
1,25 ), dass Jesus Mariens erster Sohn war, ist so zu verstehen und nicht
anders. Siehst du, das ist das ganze Geheimnis.“
Als der
Rabbiner dieses zu seiner Befriedigung erfuhr, dankte er Mir, ging zurück und
sagte: „Nun bin ich über alles im Klaren. Daher bin ich einverstanden, zur
Gesellschaft zu stoßen und Jesu Religion anzunehmen, da ich ersehen habe,
dass Jesus wahrhaftig der Messias und somit Jehova Selber war.“
Die
anderen Priester sagten: „Auch wir sind dieser Überzeugung und haben schon
längst eingesehen, wer der Messias war. Aber es war uns, wie dir, noch nicht
alles klar. Daher hielten wir inne; dann waren wir jüdische Priester und mit
dem römischen Zeremoniell nicht einverstanden. Hier scheint es uns, dass das
Priestertum keine Macht hat, denn der Anführer ist sicher der oberste Herr
und Priester hier, das verrät Seine gründliche Kenntnis der Heiligen Schrift
und Seine richtige Aufklärung derselben und siehe, Er hat nichts
Priesterliches an Sich, und daher bin ich der Meinung, dass wir davon
enthoben sind, Priesterzeremonien zu lernen und auszuüben.“
Als
dieser Redner im Namen aller seine Rede beendet hatte, trat Ich hinzu und
sagte: „Du hast das Wahre erraten. Hier gibt es kein Priestertum und keine
Zeremonien im irdischen Sinne, sondern hier ist die Liebe das größte und
alleinige Gebot, aus dieser entwickelt sich alles. Daher sage Ich: Trachtet
nun auch, eure Gemeinde mit euch eines Sinnes zu stimmen, und dann werden
Meine Diener euch in allem gründlich unterrichten, was ihr zu glauben und wie
ihr vorzugehen habt, um dem Gebote der Liebe zu entsprechen.“
Sogleich
machten sich nun die Priester daran, wegen des Übertrittes mit ihren
Gläubigen zu besprechen, und sprachen ihnen recht, eindringlich und
überzeugend zu. Diese aber meinten: „Es ist alles recht und gut und wir
glauben euch, denn ihr kennet doch genau die Heilige Schrift. Aber saget uns,
warum fraget ihr nicht nach, was wir in Zukunft zu tun haben werden? Ohne
Geschäfte, ohne Handeln und Verkaufen ist doch kein Leben, wir sind das von
Jugend auf gewöhnt und so ist es uns recht schwer, etwas anderes zu tun als
Handel zu treiben.“
(Die
Priester gaben eine treffende Antwort den geschäftslustigen Juden und diese
nahmen dann die Christuslehre an. Die Lehre über Marias Jungfrauschaft bei
den Protestanten. Seit 1854 Maria bei den Katholiken als reine Jungfrau
anerkannt. Wunsch Jesu, dass auch die jetzigen Protestanten sie als solche
anerkennen sollen, wie sie im Jahre 1546 der Martin Luther mit seiner
Gemeinde anerkannt hat.)
Die
Priester, gereizt über die Dummheit ihrer Gläubigen, machten ernste Gesichter
und sagten: „Oh ja, es wird auch im Himmel gehandelt, kommet nur mit, ihr
könnt auch dort eure Buden aufstellen, eure Dummheit feilbieten und
barmherzige Menschen werden sie euch abnehmen und im Feuer der Wahrheit
verbrennen.“
Diese ernste Zurückweisung war von gutem Erfolg begleitet. Die Juden
schwiegen auf diese zutreffende Antwort, es drehten sich ihre Gedanken um
ihre Hilflosigkeit, da sie alles verloren hatten, und meinten: „Gehen wir
mit, denn hier müssen wir verhungern. Bei der Gesellschaft aber wird so gut
gegessen und getrunken, wie wir noch nie etwas ähnliches gekostet haben.“
Dieses Gespräch untereinander brachte es endlich dahin, dass sie beschlossen,
mitzugehen, worauf sie sogleich von Engeln unterrichtet wurden.
Nach
beendeter Belehrung sagte Ich zu allen: „Die Aufklärung über Maria, ihre
Jungfrauschaft und die ganze Geschichte ihres Daseins, die Ich euch gab, wird
auf der Erde als Ketzerei betrachtet und unter euch verdammt, wer anders
meint. Auch bei euch Protestanten ist die grobe Anschauung über Maria
verbreitet - nun aber wisset ihr es, wie die Wahrheit beschaffen ist, und so
werdet ihr alle einer Kenntnis und eines Sinnes über die jungfräuliche
Mutterschaft Marias, was auch eine Bedingung ist, um keine unheiligen
Gedanken über Maria und Gott in Zukunft zu pflegen.“
Bekanntlich
war bis zum Jahre 1854 Maria auch in der römischen Kirche nicht besser daran
wie in der protestantischen und man stritt ihr die Sündenlosigkeit und die
unbefleckte Empfängnis ab. Nun aber sind euch die Tatsachen bekannt, und so
möget ihr eure falsche Lehre ändern, wie eure verstorbenen Vorfahren sie im
Jahre 1546 sogleich als falsch erkannt und Meine Aufklärung als richtig, und
der Heiligkeit Gottes würdig, angenommen haben. So vergrößerte sich die
Gesellschaft, als die Juden beitraten, um mehrere tausend Köpfe und wurde
bunter, was auch wesentlich zur gegenseitigen Duldung beitrug.
(Die Reise auf einen Berg. Zusammentreiben der Wolkengeister unter Blitz und
Donner. Ihre Beichte, warum sie als Römische die Protestantischen Gegenden
mit Einschlägen, Überschwemmungen oder Hagel bestrafen. Die Friedensgeister
bestraften die bösen Geister dafür.)
Die
Belehrung war zu Ende, und so brachen wir wieder auf. Diesmal schlugen wir
unseren Weg aufwärts auf einen Berg ein. Hinaufgekommen, sagte Ich: „Setzet
euch nieder und ruhet aus.“ Nach Verlauf einer schwachen Stunde sagte Ich zur
Gesellschaft: „Passet jetzt auf! Es wird bald etwas Neues geben.“ Alles
spitzte nun die Ohren und schärfte die Augen, was es da geben werde. Ich
berief den großen Erzengel zu Mir und sagte ihm: „Gehe hin über die Berge und
bringe Mir die Wolkengeister her!“ Sogleich verschwand der Erzengel und es
dauerte nicht lange, dass von allen Seiten Gewitterwolken aufzusteigen
begannen, die, je näher sie kamen, desto dunkler und grauer wurden. Endlich
begann es zu blitzen und zu donnern, welches immer heftiger zu werden drohte.
Es entluden sich gewaltige Kracher, und da und dort schlug es heftig ein, so
dass die Gesellschaft sich beunruhigt fühlte.
Nun
sagte Ich: „Herunter, ihr argen Geister, zu Mir!“ Blitzschnell fuhren eine
ungeheure Anzahl Geister zu Mir herab und umkreisten die Gegend um uns. Als
dies geschehen, sagte Ich: „Saget uns die Wahrheit, was treibt euch an, eure
Bosheit in den Wolken zu treiben und die armen Erdenbewohner zu schrecken und
zu schädigen?“ Auf diese Frage trat ein wie ein Priester angezogener, aber
sehr schmutziger, zerrissener und garstig geformter Geist vor und sagte: „Ich
und meine Kollegen waren römische Priester und sehr böse auf die
Protestanten, da sie uns mit ihrer Irrlehre unsere Ruhe und Gemächlichkeit
störten. Als wir gestorben waren, trat unsere Bosheit, da wir aller Rücksicht
frei wurden, in große Rachsucht über.
Und so
beschlossen wir, die lebenden und zum Protestantismus übergetretenen
römischen Christen tüchtig zu züchtigen. Daher sammelten wir unsere
Gläubigen, deren es eine große Zahl gab, zusammen und zogen in die
protestantischen Gegenden. Dort trafen wir unsere Gegner friedlich in Wolken
über ihre Gegenden schweben und sie wie Beschützer bewachen. Als wir ankamen,
kamen sie uns entgegen und fragten uns, was wir in ihren Gegenden suchen. Wir
aber antworteten: Wir suchen die Gegenden der Ketzer auf und wollen ihnen
ihre Treulosigkeit gegen unsere römische Mutterkirche ordentlich bezahlen.
Die Obersten dieser Geister sagten: Höret! Wer geht von uns in eure
römisch-christlichen Gegenden, eure Angehörigen auf der Erde zu schädigen,
weil sie nicht zu unserer Religion übertreten und unsere armen
Zurückgebliebenen bedrängen und verfolgen?
Wir
antworteten: Wir sind in unserem Rechte, da wir der alleinseligmachenden
Kirche in Rom angehören, von der diese Ketzer als Abtrünnige abgefallen sind.
Wir machten nicht viel Wesen mit ihnen, sondern ergriffen sie, prügelten sie
ordentlich durch und jagten sie in die Flucht. Dass es dabei sehr heftig
zuging und es viel Blitze und Donner gab, ist selbstverständlich. Als wir
gesiegt hatten, ließen wir die Gegend ordentlich überhageln. Aber nicht lange
dauerte es und wir wurden von mächtigen Geistern angegriffen und teils auf
die Erde im Regen gefestigt geworfen, teils in die Flucht gejagt, und unter
letzteren waren auch wir. Seit dieser Zeit wiederholen sich unsere
Wolkenstreifzüge und -kriege, wobei wir zuweilen Sieger, zuweilen Besiegte
bleiben.
Wir
sind zwar immer die Mächtigeren, aber wenn die Hetze recht lustig und heftig
zugeht, da kommen hohe, lichte Geister von oben, und diese besiegen uns jedes
Mal und machen Frieden. Daher nennen wir sie spottweise „Friedensgeister“.
Aber eines erreichen wir doch, dass wir diese Ketzer auf Erden oft
exemplarisch bestrafen mit Einschlägen, Überschwemmung oder Hagel, und das
ist eine Erholung für die gute Sache unserer Kirche. Freilich verlieren wir
viele Tausende von unseren Mitstreitern bei jeder Niederlage, da sie die
Friedensgeister unbarmherzig auf die Erde schleudern, wo sie im Wasser in die
Erde versickern und daselbst gebannt werden, bis auch für sie durch Lösung
ihrer Kerker und Fesseln die Freiheit erblüht. Aber wir kühlen doch unsere
Rache und so führen wir einen beständigen gegenseitigen Krieg. Wir haben Dir
unsere Beschäftigung erzählt. Sage, was willst Du von uns, dass Du uns mit
dem gewaltigen Geist zu Dir treiben ließest?“
(Frage des Anführers an die Priester, ob
Christus Böses mit Bösem zu vergelten gelehrt hat. Die Priester antworteten
als päpstliche Sklaven, die sich weder um Christus noch um Bibel scheren. Die
Hölle öffnet sich für die römischen Priester als Ketzer und Antichristen.
Päpstliche Dogmen, nicht Christi Lehre als Hauptlehre. Wahrheitsgetreue
Beichte der Priester.)
„Was
Ich von euch will, das wird euch bald klar werden. Ich frage euch als
Priester: Steht das im Neuen Testament vorgezeichnet als der Liebe
entsprechend? Hat Christus so die Feinde lieben gelehrt? Und Böses zu tun
befohlen? Saget, ihr bösen Teufel, wo steht das in der Bibel gutgeheißen, was
ihr tut gegen Andersgläubige?“
Auf diese Frage waren sie nicht vorbereitet, doch ermannte sich einer und
sagte: „Wir tun das, was uns die römische Kirche vorschreibt, um anderes
haben wir uns nicht zu kümmern. Wir tun unsere Pflicht und damit genug.“
„Kurz angebunden ist eure Antwort, und wie Sklaven antwortet ihr Mir,“ sagte
Ich zu ihnen, „Aber damit ist Mir nicht gedient. Ich will, dass ihr Mir wie
Priester antwortet und euch auf Grundlage der Christuslehre rechtfertigt, da
ihr immer vorgebt, Gottesdiener zu sein!“
„Ah,
was Christus, was Bibel, wir leben als freie Geister und scheren uns weder um
das, noch um jenes. Wir kennen Dich nicht und wundern uns, obwohl Du ein
mächtiger Geist zu sein scheinst, wie Du Dich unterstehst, uns zu beunruhigen
und zur Verantwortung zu ziehen, da wir Dir nie etwas zu Leide getan haben? Also,
was willst Du eigentlich von uns?“
„Ich
will,“ antwortete Ich, „dass ihr euer arges Treiben aufgebt und als Christen
nach der Christuslehre lebt, sonst muss Ich ernster mit euch reden. Denn ihr
handelt wie Bösewichte und euer Maß ist voll. Entweder umkehren und folgen,
oder Ich muss ein Strafurteil über euch verhängen.“ „Ach, was Du nicht alles
sagst. Im freien Geisterreich und mit der Strafe donnern. Das ist nicht übel.
Gott straft nicht, Du aber willst strafen? Gehe Du Deine Wege und wir gehen
unsere und so werden wir ganz gut bestehen. Nur mit dem Drohen verschone uns,
denn wir sind nicht dafür empfänglich.“ „Gut,“ sagte Ich, „Ich werde euch
empfänglich dafür machen. Ihr habt auf der Welt viel von der Hölle und von
der ewigen Verdammnis und ewigen Höllenqualen gepredigt, welche Bösewichte
und Missetäter erwarten, die sich nicht bekehren wollen. Seht, ihr seid
solche groben Sünder und Verbrecher am Nächsten, die sich nicht bekehren und
noch darüber spotten. Daher sage Ich: Hephata!“
In
diesem Moment erbebte der ganze Berg und spaltete sich oben an der Spitze,
woraus Flammen und Rauch emporstieg. „Her mit euch!“ Auf diese Worte schossen
blitzschnell die Engel hinter die bösen Geister und trieben sie zusammen zu
Mir. Diese aber erhoben ein ungeheures Geschrei vor Furcht und Angst und
baten Mich, sie nicht in die Hölle zu treiben. Ich sagte ihnen: „Warum denn
nicht? Ihr habt so oft die Ketzer und Gegenrömer verflucht und mit Dathan und
Abiram in der Hölle zu brennen verdammt, warum sollet ihr nicht hineingehören,
da ihr noch die größten Ketzer und Antichristen seid? Denn alles, was gegen
die Lehre Christi verstößt, ist ketzerisch und antichristlich. Und daher sehe
Ich in euch die größten Ketzer und Antichristen.“
Die Geister baten Mich, Ich solle sie doch nicht in die Hölle stoßen, sie
wollen alles tun, was Ich verlange, nur mit der Hölle und den ewigen
Höllenflammen solle Ich sie verschonen. Nun erwiderte Ich ihnen: „Reif für
die Hölle seid ihr wohl, aber Ich will nicht nach römischer, sondern nach
Christi Lehre handeln, wenn ihr Mir versprecht, euch zu bessern und nicht
mehr Böses zu tun.“ Die Geister fielen auf die Knie vor Mich und dankten Mir
für diese Gnade und baten Mich, Ich solle ihnen angeben, wie und was sie in
Zukunft tun sollen, dass sie recht handeln werden. Ich fragte die Priester:
„Sagt Mir, ihr angeblichen Gottesdiener, was habt ihr denn die Gläubigen
gelehrt, dass ihr nicht wisst, wie ein Christ leben und handeln soll, um das
ewige Leben zu gewinnen?“
Diese
antworteten Mir: „Du weißt gewiss, wie unsere römische Lehre beschaffen ist,
wo der Papst die Hauptperson bildet, und dass die päpstlichen
Menschensatzungen die erste und Hauptlehre bilden, denn diese trägt Geld ein,
die Christuslehre aber nichts. Daher weißt Du, dass unsere Hauptaufgabe die
war, das zu lehren, wodurch wir Geld verdienen. Wir schoren die Schafe nach
bestem Wissen und Können und fütterten die Gläubigen mit unchristlichen
Satzungen, die man uns von Rom aus vorgeschrieben zu lehren. Und das ist ein
Mischmasch, welches zu nichts taugt, und wobei wir selber Ungläubige geworden
sind, da wir aus dem Lauf der Geschichte ersehen haben, dass Gott die
Übertreter und Frevler am Gebote nicht straft. Siehe, so lautet unsere
Glaubensbeichte.“
(Worin
die göttlichen Strafen bestehen. Die protestantische Gegenbewegung.
Beleuchtung der Gottesstrafen an der römischen Kirche. Der Höllenkrater
schließt sich wieder. Die Freiheit der Handlungen. Aufklärung über die Hölle in
der Wolkenregion. Das Gebot der Nächstenliebe. Die Geister bekannten ihr
Unrecht und bitten um Unterweisung in der echten Christuslehre.)
Darauf
erwiderte Ich: „Eure Glaubensbeichte ist sonst ganz richtig, nur in dem Falle
nicht, dass Gott nicht straft. Wie könnet als Priester ihr das behaupten und
sagen, Er straft nicht, da ihr die Bibel kennt und wisst, dass Gott einzelne
Menschen wie ganze Völker gestraft hatte.“ Sie erwiderten Mir: „Das haben wir
wohl gelesen, aber die Geschichte der römischen Kirche raubte uns allen
Glauben, da wir das Grundübel dieser Kirche immer ungestraft höher steigen
sahen und doch zeigte sich nirgends eine Hilfe, diesem Ungeheuer ein Ende zu
machen.“
„Ihr
meint also, dass es dann keinen Gott gibt,“ wandte Ich ein, „weil ihr keine
Strafen bemerkt habt? Das ist allerdings fatal, dass ihr den Wald vor lauter
Bäumen nicht seht, es hat doch eine Menge Strafen gegeben. Nur das ist der
Fall, dass Strafen Gottes mit Bosheiten und bösen Taten der Menschen
abwechselten und ihr die Motive nicht wusstet, warum dies und jenes geschah.
Es hat böse Päpste, Herrscher und Völker gegeben, und die Strafen folgten
nach geistiger Berechnung. Dies zu sehen, war euch nicht gegeben, weil ihr
immer äußerlich und mit Voreingenommenheit geurteilt habt. Saget Mir: Für was
schauet ihr die protestantische Gegenbewegung an?“ Als die Priester diese
Frage gestellt hörten, fingen sie an nachzudenken und sagten: „Ja, wie, soll
das eine Gottesstrafe sein? Und wir beteiligten uns selbst fleißig daran und
halfen, die Protestanten zu verfolgen und ihnen wehe zu tun im Leben, wie
jetzt im Geisterreich.“
Darauf erwiderte Ich: „Gerade das ist eine
große Strafe für den römischen Schwindel, Lug und Betrug, der durch die
Dogmen der Päpste die Welt verpestet und das Volk in die heidnische
Finsternis hineinzieht. Die Priester wissen vor lauter Hochmut, Habsucht und
Herrschgelüsten nicht, wie sie die ganze Menschheit noch mehr verdummen und
dann knechten und ausbeuten können und siehe, hier steht der Mann, der als
Strafe Gottes über die Römer kam und ihnen die Speise gehörig versalzte. Und
Ich sage euch, das wird gute Früchte tragen und das Römertum immer mehr
schädigen und ihm Abbruch tun. Dann wird auch die Wissenschaft immer stärker
das böse Gebäude des römischen Heidentums zu untergraben anfangen, und so
wird sich alles mögliche herausbilden und wie ein Krebs an der römischen
Kirche fressen und ihr garstiges Innere aufdecken, wodurch die Gläubigen
immer stärker abfallen und zuletzt ganz ausbleiben werden.
Sehet,
das ist die Zukunft von der feilen Buhle, die ums Geld alles tut und keinen
anderen Gott kennt als sich selbst. Nun, was saget ihr dazu?“ „Ja, sehen die
Strafen so aus? Dann merkt sie ein befangener Mensch nicht,“ erwiderten die
Priester. „Wir dachten an sichtbare Vernichtungen und Gewaltmaßregelungen,
und diese sahen wir bisher nicht, nun aber verstehen wir die Sache schon.
Aber
lieber Herr! Wir sehen mit Schrecken noch immer die Flammen und den Rauch aus
dem Berge steigen, den Du spalten und für uns die Hölle öffnen ließest. Wir
tun gern alles, was Du willst, nur mache den Höllenkrater wieder zu, dass wir
etwas mehr Leben und Freiheit bekommen.“ „Es geschehe nach eurer Bitte,“
antwortete Ich. „Aber ihr seid wert, ein wenig von dem zu kosten, womit ihr
euren Zuhörern die Freiheit geistig und leiblich unterdrücktet, um sie
widerstandslos zu machen, selbst zu denken und zu handeln. Bei euch bewährt
sich der Spruch: ,Wo der Geist des Herrn ist, dort ist Freiheit.’ Da bei euch
vollkommene Glaubenssklaverei herrschte und auf der Welt noch herrscht, so
ist doch offenbar, dass in euch und in allen Freiheitsunterdrückern nicht der
Geist des Herrn, sondern des Satans ist, welcher den Gegenpol Gottes
vorstellt.“
Da der
Höllenkrater sich wieder schloss, bekamen auch die Geister mehr Mut und
sagten: „Es ist eine bekannte Sache, dass man unter dem Druck der Gewalt und
Strafdrohung furchtsam wird und alles zu tun verspricht. Daher bitten wir
Dich: Gib uns vollkommene Freiheit zu bleiben oder zu gehen, dann können wir
uns entscheiden, was wir tun wollen.“
Ich erwiderte ihnen: „Glaubet ihr, dass Ich euch wirklich strafen
werde? Oh nein, Ich wollte euch nur die Hölle genug heiß machen, mit der ihr
eure Gläubigen immer geschreckt habt. Bei Mir gibt es solche Strafen nicht,
sondern ihr hättet euch durch die Menge eurer Sünden immer mehr in die
Finsternis, in Zorn und in die Unzufriedenheit hineingearbeitet. Und so wäret
ihr selbst immer tiefer nach unten gefallen.
Die
Schwere eurer Sünden hätte euch immer tiefer zum Grunde der Hölle gedrückt,
bis ihr endlich, ganz höllisch geworden, eure Sünden erkannt hättet. Derweil
hättet ihr aber viel gelitten und ausgestanden. Glaubet ihr, dass euer
Kriegsleben in den Wolken keine Hölle ist? Auf der Erde ist ein Krieg, Morden
und Rauben, welches gegen das fünfte, siebente und zehnte Gebot Gottes
verstößt, also eine Satanssünde. Soll euer Wolkenkrieg etwas anderes sein?
Oh, mitnichten! Ihr mordet den Menschen ihre Liebe, also das Edelste, die
Gottheit im Menschen. Ihr raubet den Gegengeistern die Ruhe, den Frieden, die
Zufriedenheit und denen auf der Erde das materielle Glück. Somit seid ihr
böse und Diener des Satans und werdet den Strafen nicht entgehen, welche von
sich selbst eintreten, wenn man die Gebote Gottes nicht respektiert, sondern
sie übertritt.
Saget
Mir: Seid ihr bei eurem Wolkenkrieg glücklich? Was habt ihr für einen Nutzen
davon? Wer hat euch beleidigt und aufgefordert, Krieg zu führen und Böses zu
tun? Die Protestanten gewiss nicht, sondern aus eigenem Antriebe ihr selber.
Sehet ihr das nicht ein, dass, wer Böses tut, ein Teufel und ein Diener des
Satans ist? Heißt das ,Liebe Gott über alles und deinen Nächsten wie dich
selbst’ dadurch zu erfüllen, wenn man gegen Gottes Gebote handelt und den
Nächsten als Bruder und Gottes Kind verfolgt und ihm wehe tut? Saget Mir, ihr
argen Teufel, ist das nicht das direkte Gegenhandeln gegen die Gottes- und
Christuslehre?“
Diese
Donnerrede machte die Priester und ihre Truppe kleinlaut und verzagt und sie
wussten nicht, was sie Mir antworten sollten. Sie besprachen sich
untereinander und fragten auch ihre Anhänger, was ihre Meinung darüber sei
und was sie Mir antworten sollen. Diese aber meinten: „Der Herr hat in allem
Recht und wir können Ihm nichts als Recht geben. Und weil wir einsehen, dass
wir unrecht handeln, daher ist es unsere Aufgabe, umzukehren und anzufangen,
christlich zu leben. Aber wer gibt uns die rechte Lehre, denn eure bisherige
Lehre ist Seinen Ausführungen nach eine Teufelslehre, weil wir teuflisch
handelten und dachten, wir tun recht. Wisst ihr was? Bekennet unser Unrecht
und bittet Ihn, ob Er nicht wüsste, uns die echte Christuslehre anzugeben,
nach welcher wir recht und gut leben und handeln möchten.“
Die
Priester meinten: „Die echte Christuslehre ist doch in der Heiligen Schrift
enthalten, aber wir sind so finster, dass wir aus dem großen Chaos der
Kirchenväter und päpstlichen Dogmen selbst nicht mehr das Reine und Richtige
erkennen. Aber wir wollen doch den Willen unseres mitziehenden Volkes tun.“
Und so kehrten sie zu Mir zurück und sagten: „Lieber Freund! Deine
Aufklärungen sind wohl ganz richtig und wir sehen ein, dass wir böse Geister
sind. Aber was wollen wir machen, da wir aus dem großen Chaos unserer Lehren
und Erläuterungen der heiligen Schrift nicht mehr herauskennen, was gut oder
schlecht ist. Und da uns unsere Anhänger aufgetragen haben, Dich zu bitten,
uns die wahre Lehre zu erläutern, so tun wir das um so lieber, da wir selbst
des wahren Lichtes in der Sache ermangeln. Sei so gut, wenn Dir das genehm
ist, gib Du uns das wahre Licht des Glaubens nach Jesu Lehre! Alles übrige
wird sich dann schon machen.“
(Die Bitte wurde ihnen gewährt. Verwundern der Wolkengeister über die
himmlischgute Mahlzeit und den Engelgesang. Reise ins Tal. Einladung der
Bewohner einer Ortschaft von Kranken zur religiösen Besprechung. Was ist die
Ursache der Krankheiten? Unwissenheit der Kranken, dass sie gestorben und
Geister wären. Unwissenheit vom Verstorbensein durch die diesbezügliche
göttliche Verfügung. Die Krankenanstalten und Gesundheitskolonien im
Geisterreich. Verweis an einen Geist, am Friedhof sein Grab aufzusuchen.)
„Ich
tue das sehr gern,“ antwortete Ich, „aber es handelt sich darum, dass ihr
dann auch sogleich eure jetzige Lebensart ändert, damit ihr einen Nutzen
davon habt. Denn das Wissen hilft euch nichts, sondern nur das Leben und
Handeln darnach. Sehet hier Meine Gesellschaft, es gibt auch in ihr solche
und noch bösere Wesen wie ihr, aber diese haben, nachdem sie ihr Unrecht
eingesehen haben, das frühere Leben aufgegeben. Meine Lehre haben sie
angenommen und sind bei Mir geblieben. Es sind Protestanten samt Dr. Martin
Luther, römisch- katholische Priester und Volk und Juden mit ihren Rabbinern.
Und alle diese können ruhig und friedlich in Liebe, Demut und Geduld
untereinander leben und verkehren, warum könnet ihr das nicht? Ich will euch
belehren lassen und wenn es euch gefällt, könnet ihr gleich bei Mir bleiben.
Für eure Verpflegung sorge Ich dann, aber unter der Bedingung, dass ihr so
lebt und handelt, wie euch die Lehre vorschreibt.“
Nun
berief Ich die Engel und ließ sie gründlich unterrichten. Als der Unterricht
beendet war, traten die Priester zu Mir und bedankten sich. Dann sagten sie,
dass ihre Anhänger sich geäußert haben, da zu bleiben, weil ihnen die
Einfachheit der Lehre und das daraus sich entwickelnde liebevolle
Beisammensein gefällt, so wollen auch sie bleiben und durch Liebe, Demut und
Toleranz sich den Himmel verdienen. Dadurch ist unsere Gesellschaft auf ca.
ein drittel Million Köpfe gewachsen. Ich ließ nach diesem großen Fischzug
Mahlzeitspeise und Getränke zusammentragen, segnete es und ließ es verteilen.
Dann sangen die Engel das Loblied und darauf wurde die Mahlzeit eingenommen.
Die neuen Anhänger fragten nun, wo sie eigentlich seien, denn es käme ihnen
alles so himmlischgut und schön vor, dass sie denken, es müsse da schon eine
Art Himmel sein.
Worauf
Ich sagte: „Himmel ist überall, wo Liebe, Demut, und Eintracht herrscht, doch
der eigentliche Liebeshimmel ist beim Vater und dieser Liebeszustand der
Seele muss erst emporgebildet werden. Je feiner und geistig edler die Seele
wird, desto höher genießt sie die Seligkeit. Das Brot und der Wein sind aus
dem Himmel, aber euer Genuss daran wird sich immer steigern, je höher ihr
geistig stehen werdet. Und so ist es auch mit dem Gesang, jetzt geht er euch
durch die Nerven und macht euch nervös. Je liebevoller und demütiger ihr
werdet, desto angenehmer und lieblicher wird er euch dann sein.
Trachtet
daher, recht fleißig den Lehren Gottes nachzukommen, und je schneller und
besser ihr dem nachkommen werdet, desto früher werden wir in den Himmel zum
Vater Jesus gelangen, wo eure Glückseligkeit besiegelt wird. Jetzt aber
wollen wir sogleich aufbrechen und ins Tal ziehen und so kommet mit uns hinab
in die Niederung.“
Ins Tal
gekommen, machten wir eine längere Reise auf der Straße, die durch das Tal
führte, bis wir nach mehreren Stunden in eine Gegend kamen, welche recht
armselig war. Hier befahl Ich zu rasten und auszuruhen. Nach einer Stunde Rast
sagte Ich zu den Engeln: „Gehet in die Ortschaft, welche hinter diesem Hügel
vor uns liegt und saget den Ortsinsassen, sie sollen alle zu uns
herauskommen, wo wir eine religiöse Besprechung halten wollen.“ Die Engel
begaben sich sogleich in die große Ortschaft und verkündeten Meinen Auftrag.
Hier aber war eine Krankenanstalt, wo viele tausende Kranker ihrer Heilung
halber sich aufhielten. Daher fragten die Bewohner, was mit denjenigen
Kranken zu geschehen habe, welche nicht gehen können.
Die
Engel antworteten: „Traget sie hinaus, denn es ist für ihre Heilung von
unberechenbarem Vorteil, wenn sie auch dabei sind.“ Die barmherzigen Pfleger
der Kranken ergriffen die verschiedenen Lagerstätten und Sänften und trugen
ihre Kranken zu uns und stellten sie auf wie in einem großen Krankenzimmer,
während diejenigen Kranken, welche noch gehen konnten, sich auf die
entgegengesetzte Seite aufstellten und warteten, was geschehen werde. Nun
trat Ich vor und sagte: „Jeder von euch ist ein Sünder, denn wegen eurer
vielen und verschiedenen Sünden sind eure Krankheiten entstanden. Daher,
liebe Freunde, ist es eine Hauptaufgabe, dass ihr erkennet, dass ihr Sünder
seid und dass eure Krankheiten davon abstammen, dann wird es möglich, euch
alle zu heilen.
Aber
die Heilung hängt auch davon ab, dass ihr Meine Lehren annehmet, sie in der
Tat verwirklicht und fest glaubt, dass Ich euch heilen kann. Denn wer nicht
glaubt, der stößt die Heilung von sich und bleibt krank. Nun stellt euch
aufmerksam auf und tuet, was Ich euch sagen werde. Die nicht stehen können,
werden auch so zuhören können.“ Darauf ließ Ich die noch gehen könnenden in
Gruppen nach Krankheiten aufstellen und sagte einem aus der Gruppe: „Höre,
Primus! Du bist der armseligste unter dieser Gruppe, gehe und erzähle ungeniert
deinen Lebenslauf auf Erden. Denn wisse, ihr seid grobe Sünder und als solche
seid ihr mit Krankheiten geplagt worden. An diesen seid ihr gestorben und in
diese eure bisherige Krankenanstalt im Geisterreich gebracht worden von
barmherzigen Menschen, die sich damit ihren Himmel verdienen wollen.“
Diese
Aufklärung überraschte alle Kranken und Zuhörer und sie meinten: „Wir wissen
gar nicht, dass wir gestorben sind, wie kann das möglich sein? Alles übrige
stimmt, aber dass wir tot und Geister wären, das ist uns unbegreiflich. Wie
kannst Du uns das beweisen, weil wir doch gerade Körper haben wie immer und
gerade dort unsere Wunden und Schmerzen, wo wir sie immer bemerkt haben?“
Meine Antwort darauf war folgende: „Es ist göttliche Fügung, dass die
Menschen, wie auf der Erde so auch im Geisterreich, oft eine Behandlung
erfahren, welche sie nicht aufklärt, sondern sie müssen selbst zu denken
anfangen. Und so kommen sie ins Geisterreich ohne zu wissen, dass sie
gestorben sind.
Solche
Seelen werden dann unter solche eingereiht, welche gleichfalls nichts von
ihrem Abscheiden von der Erde wissen. Diese Armen werden in ihrer
Unwissenheit so lange belassen, bis sie anfangen über ihre Sünden
nachzudenken und den guten Willen haben, gute Menschen zu werden. Ist dies
geschehen, dann fangen ihre Krankheiten langsam an zu heilen und sie kommen
fort aus der Anstalt in Erholungskolonien, wo sie sich weiter ausbilden und
auch ihre kranken Seelen von Sünden heilen, welche die Ursache ihrer
Krankheiten waren.
Dass
solch eine Seele nicht bemerkt, dass sie ein Geist ist, kommt davon her, weil
sie nicht bemerkt, dass sie je gestorben ist und weil ihr Seelenleib
eigentlich der leidende Teil des Menschenleibes ist, nicht aber das Fleisch.
Dieses muss euch daraus einleuchtend sein, dass der Mensch im Fleische die
Sünde begeht, aber das Fleisch hat nach dem Tode nichts zu leiden, sondern es
ist tot und verwandelt sich in andere Lebewesen, ohne den geringsten Schmerz
zu empfinden, ohne seine Verwandlung zu gewahren. Während die Seele für körperliche
Sünden und Übertretungen leiden und oft stark büßen muss. Also ist dann
gewiss die Seele die genießende der Weltfreuden und nicht das Fleisch, denn
sonst müsste das Fleisch leiden nach dem Tode und nicht die Seele.
Der
Körper ist nur ein Instrument der Seele, welches durch ihren Nervengeist
belebt und bewegt wird, und unverantwortlich für seine Handlungen nach dem
Tode, wie die Zange des Schmiedes für die verpfuschte Arbeit. Nun wisset ihr
die Geschichte eurer Herkunft, welche dir noch besser dadurch bewiesen wird,
dass du dich auf den Friedhof deines Krankenortes hindenkst, und dann suche
dein Grab, also tue das!“
(Der Geist las seine Grabesinschrift und verwunderte sich, dass er tot wäre.
Lebensgeschichte des Verstorbenen. Aussage des zweiten Geistes, woran er
gestorben sei. Beichte und Kommunion am Totenbett nach römischer Art ist
wertlos, weil man trotzdem in die Hölle kommt. Belehrung, wann die Sünden
verziehen werden. Verwundern des Geistes, dass er in der Hölle wäre und Frage
nach Höllenfeuer, Satan und Teufeln.)
Der
Primus und die ganze Gesellschaft blieben einige Minuten still und warteten
auf das Resultat. Plötzlich liest er: „Hier liegt begraben Primus Weber, welcher
hier in Altendorf im Jahre 1490 am 28. Februar geboren wurde und im Jahre
1530, am 5. Oktober, an einer unheilbaren Krankheit gestorben ist. Ruhe
seiner Asche! Merkwürdig, sonderbar! Ich und tot? Das ist mir ein Wunder, ein
Rätsel“, sprach er vertieft in seine Gedanken. „Und ich wusste nichts davon!“
“Ja,
schon 16 Jahre liegt dein verfaulter und vermoderter Fleischleib im Grabe, -
und da du dessen überzeugt bist, so erzähle uns deine Lebensgeschichte, nach
welcher du krank geworden bist.“ Der Kranke fing nun seine Lebensgeschichte
zu erzählen an, indem er sagte: „Ich war der einzige Sohn braver Eltern, die
mich wie ihr Kleinod betrachteten und fleißig pflegten, aber leider viel zu
viel liebten und mir alles erlaubten. Ich wuchs heran zu einem stattlichen
Jüngling und wurde teils geliebt, teils gehasst, weil ich zu kühn, zu keck
und zu verwegen war. Ich suchte mir gleichgesinnte junge Leute aus und mit
diesen beging ich manche böse und sündhafte Tat. Meine Eltern sahen freilich
jetzt ein, was die elterliche Affenliebe aus Kindern zeitigt. Aber es war zu
spät. Ich ließ mich nicht mehr bändigen. Die Eltern hatten gewünscht, ich
solle heiraten; aber die Mädchen flohen vor dem Wüstling und keine wollte von
mir etwas wissen. Denn es gab schon Kinder ohne Ehe - und so führte ich mein
Leben ohne Frau nach öffentlichem Skandalstile weiter.
Meine
Eltern trauerten und grämten sich über mein verfehltes Leben so lange, bis
sie der Gram aufgezehrt und ins Grab gebracht hatte. Ich war damals 30 Jahre
alt und reif an allen Untugenden. Mit diesen trat ich meine Erbschaft an und
hielt mir fremde Dienstboten ohne eine spezielle Aufsicht. Da kann man sich
denken, wie es in meinem Hause zuging! Die Dienstboten waren faul und
diebisch; die Mädchen, die ich gern sah, ebenfalls. Jahr auf Jahr ging meine
Wirtschaft herab und verfiel immer mehr in Schulden.
Mein
wüstes Leben ohne Regel und Ordnung brachte Krankheiten zum Vorschein, vor
denen man sich fürchtete. Daher musste ich ins Spital, alles den Dirnen
überlassend, mit denen ich lebte. Die Schuldner meldeten sich, die Wirtschaft
wurde verkauft und das Geld an die Gläubiger verteilt. Ich erfuhr zwar alles,
aber ich war gebannt ans Bett, krank und verlassen von allen bis auf die
Spitalwärter. Jahrelang blieb ich im Spital, denn man konnte mich nicht mehr
kurieren. Ich fluchte und betete, aber es half nichts. Nun erfahre ich, dass
ich im Jahre 1530 gestorben bin. Wann war das, wie lange ist das schon her?
„16
Jahre, sage Ich dir,“ antwortete Ich ihm. „Denn wir zählen jetzt nach irdischer
Berechnung 1546. Ich glaube, dass du jetzt überzeugt bist, dass deine
Krankheit und dein Tod eine Folge deines sündenbeladenen Lebens und deiner
Wüstung im Fleische war?“ „Ganz richtig“, sagte Primus. Ich wandte Mich zu
den übrigen und sprach: „Jetzt saget ihr Mir alle aus dieser Gruppe, ob ihr
andere Ursachen habet zu euren Krankheiten!“ „Nein, minder oder mehr sind wir
die gleichen Sünder gewesen wie dieser Mitkranker.“ Nun ging ich zur zweiten
Gruppe und fragte den ersten: „Johann, sage du uns deine Lebensgeschichte,
denn deine Krankheit ist eine andere gewesen.“
„Ja
leider, aber gleich tödlich. Denn jetzt glaube ich schon, dass ich im
Geisterreich bin, weil mein Freund Primus dies zugab, worauf ich gleich
dasselbe anstellte und mich gleichfalls überzeugte, dass ich von der Welt
abgeschieden bin. Meine Geschichte ist kurz diese: Ich lebte gut, aß, trank,
was mir schmeckte, besuchte Wirtshäuser, tanzte fleißig, verkühlte mich
dabei, bekam Lungensucht und starb. Dass ich nebenbei verschiedene Sünden
beging, ist selbstverständlich. Ich beichtete und kommunizierte zuletzt, aber
wie ich nun sehe, war das wertlos, denn ich bin in kein Paradies, sondern
etwa in eine Hölle der Kranken gekommen?
Ja,
sicher so, denn das Beichten und Kommunizieren nach römischer Art wurde von
Christus nie gelehrt noch eingeführt, sondern von neugierigen und Polizei
ausübenden Pfaffen.“ Ich sagte
darauf: „Gott hätte dir übrigens, weil du verdummt warst, doch verziehen.
Aber es war kein Ernst da, sich zu bessern, kein Vorsatz, die Sünden nicht
mehr zu begehen, sondern du hast deine Sünden dem Priester erzählt, wie man
eine Schuld abzahlt, er gab dir Absolution und du bliebst derselbe wie nach
jedem Beichten. Somit hast du den Priester, speziell aber dich belogen. Weißt
du, die Sünden werden nicht verziehen, wenn man nicht vollernst sich
vornimmt, sie nicht mehr zu begehen und Buße tut. Da du weder das eine noch
das andere getan, daher wurden sie nicht verziehen und du kamst als großer
Sünder in die Hölle, in diese Krankenanstalt.“
„Was,
das soll die Hölle sein? Wo ist das Höllenfeuer? Wo ist der Satan, wo seine
Teufel? Ich sehe von alledem nichts. Darum erkläre uns das, denn das ist uns
ganz fremd und stimmt mit der römisch-christlichen Lehre unserer Priester
nicht überein!“
(Aufklärung, was die Hölle ist. Aus was Satan, Materie, Seele und Gott
bestehen. Lebensgeschichte des dritten Geistes. Woher die Krebskrankheit
stammt. Die Lebensgeschichte des vierten Geistes. Aufklärung über den Krieg
und die Strafe Gottes dafür. Der mächtige Seelen- und Leibesarzt, der alle
Kranken heilte. Große Lobeserhebungen über die gute Mahlzeit.)
Ich
sagte jetzt allen: „Die Hölle ist der leidige, kranke Zustand deiner Seele,
deines geistigen Leibes. Das Höllenfeuer ist dein oftmaliges Ärgern und
Zürnen, deine wilde Unzufriedenheit. Der Satan sind deine unreinen Gedanken,
die dir alles Weltliche, Ungeistige vorgaukeln. Es ist das eine böse,
infizierende, die Gedanken auf falsche Wege leitende Luft, die aber ein Geist
ist, wie Gott auch eine Luft und ein Geist ist und die Teufel seid ihr
selbst, so lange ihr böse und voller Sünden seid.“ Diese vollwahre Aufklärung
machte eine große Sensation in der ganzen Gesellschaft und Martin Luther trat
zu Mir und sagte: „Lieber Herr! Sage mir, wie kommt es dann, wenn Satan oder
Luzifer nur eine böse, die Seele krankmachende Luft ist, dass sich diese Luft
als ein Drache und als ein himmlisch-schönes Frauenzimmer vorstellen konnte?“
Darauf
antwortete Ich der ganzen Gesellschaft: „Der Geist Gottes hat die Allmacht in
Sich, alles nur Denkbare herstellen zu können. Eure Seelenleiber sind auch
eine Art Luft und sie sind kunstvoll formierte Leiber. So ist auch der Stoff,
die Materie, aus welcher die Menschenleiber auf Erden bestehen, dieselbe
Luft, wie die der Seele, aber komprimierte, verdichtete, den Fleischesaugen
sichtbar gemachte Materie aus dieser Luft. Da aber der Geist der Satana oder
des Luzifers ein Teil der Gottheit ist, daher kann er sich in jede beliebige
Form verwandeln, die von Gott erlaubt ist. Nur in Liebesformen und -gestalten
und Liebeshandlungen kann er sich nicht verwandeln, weil er aus Haß, Zorn und
Hochmut besteht, welche die Gegenpole von Liebe und Demut sind, die die
Gottheit repräsentieren. Die Luft, aus welcher eure Seele besteht, ist das
Feingeistige, während die, aus welcher der Körper gebildet wurde, das
Grobgeistige der in die Materie verwandelten Seele der Satana ist.“
Nach
dieser Aufklärung trat Ich zu der dritten Gruppe und fragte den
nächststehenden Kranken, woran er krank geworden sei. Dieser antwortete nun:
„Meine Eltern ließen mich studieren und ich wurde ein Doktor. Doch leider ein
solcher Doktor, der die Menschen schindet, und ihnen langsam das Geld aus der
Tasche raubt für die Prozesse, wobei zuletzt er der Gewinnende, der
Gewinnsuchende aber der Verlierende wird. Herzlose Ausbeutung und Ausraubung
der Klienten war mein einziger Gedanke. Das dauerte viele Jahre. Endlich
ereignete sich der Fall, dass ich mich in die Brust zwickte, woraus ein
Krebsgeschwür entstand und der Krebs fraß immer tiefer ein, bis er mich
umbrachte. Ich glaube, das war eine Strafe! Ich fraß das Vermögen meiner
Klienten, der Krebs aber meine herzlose Brust. Ich fragte einige von den bei
mir stehenden Kranken, woher sie zur Krebskrankheit kamen, und siehe, alle
hatten ein solches Vorleben, dass man ihren Krebs als Strafe betrachten
konnte. Ich gebe zu, dass nicht alle Krebskrankheiten meine Ursache zugrunde
haben, aber es ist oft der Fall, dass es so ist, so ist hier einer mit einem
Nasenkrebs, der von Ansteckung herstammt, von alles Genießen wollen usw.“
Ich
ging zu der vierten Gruppe und fragte einen der Kranken, woher seine
Krankheit stamme. Dieser erzählte uns seine Lebensereignisse, welche er auf
den Schlachtfeldern erlebt hatte und meinte: „Es wird schier auch hier ein
Strafe Gottes sein, denn ich habe gedankenlos gemordet und geraubt, obwohl
dies in Gottes Geboten verboten ist. Aber man verlangte von mir, den Eid der
Treue dem Monarchen zu schwören, und dieser schickte mich mit anderen in den
Krieg gegen seinen Feind, und hier musste ich töten, morden, und, weil im
Feindeslande, raubte ich, was mir Passendes unterkam. Denn der Krieg ist doch
sonst nichts als ein Raubzug der Raubmörder unter dem veredelten Namen
Soldaten, deren Häuptlinge und Anführer fein aufgeputzte Offiziere sind, die
aber keine andere Miene machen, weil ihr Herz keine Liebe und kein Mitleid
kennt, als herzlos niedermetzeln und den Feind vernichten, der ihnen nie
etwas zu Leid getan, den sie nie früher gesehen haben.
Bei
einem solchen Scharmützel bekam ich eine klaffende Wunde als Rückzahlung für
meine Herzlosigkeit, und da ich nun im Geisterlande bin, so bin ich
jedenfalls daran gestorben. Ich kenne hier einige, die ähnliche Fälle durchgemacht
haben, also betrachte ich das als Strafzahlung für die Übertretung der Gebote
Gottes und für meine Herzlosigkeit.“ Nun sagte Ich: „Deine und der anderen
Beichte ist vollwahr und da ihr eure Schuld daran erkennet, so seid ihr reif,
gesund gemacht zu werden. Und so will Ich mit dem Ausfragen aufhören. Ich bin
ein mächtiger Seelen- und Leibesarzt und kuriere alle, die Mir aufs Wort
glauben. Könnt ihr glauben, dass dies wahr ist?“ Da meldete sich ein Kranker
und sagte: „Da Du Anführer einer so großen Truppe von Menschen bist, so kann
es gar nicht anders sein, als dass Du die Wahrheit sprichst. Und darum glaube
ich fest, dass Dir möglich ist, uns zu heilen.“
„Sehr
gut geurteilt, daher stehe auf aus deinem Bette!“ Der Kranke schaute Mich
voller Freude an und hüpfte in die Höhe und freute sich von ganzem Herzen
seiner Heilung und dankte Mir inbrünstig dafür. Nach diesem erhoben die
Kranken auf allen Seiten die Bitte, Ich solle sie auch heilen. Ich aber
sagte: „Das will Ich tun, aber unter einer Bedingung, und diese ist, dass ihr
eure materialistische Weltlebensweise aufgebet und nach göttlichen Geboten in
Zukunft lebet. Wie ihr aber zu leben habet, werden euch diese Meine Diener
erzählen. Seid ihr damit einverstanden?“ Alle erhoben ihre Stimmen und
bejahten Meine Bedingung. Darauf sagte Ich: „Eure Krankheiten sind
verschwunden und ihr seid vollkommen gesund! Nur heraus aus den Betten, damit
ihr von Mir weiter gekräftigt werdet.“
Auf
diese Sprache erhoben sich alle Kranken und eilten zu Mir, sich zu bedanken für
die augenblickliche Heilung. Es gab da viele Freudentränen und Freudentöne,
wie es sich von selbst versteht. Als der erste Jubel vorüber war, sagte Ich:
„Räumet weg eure Betten, Krücken und Verbandzeug, und kommet dann alle zu
uns, zu einem Imbiss, der euch stärken und vollends herstellen wird.“ Die
Geheilten schafften nun alles weg und kamen bald zurück. Ich aber beorderte
die Engel, Brot und Wein zu holen und sagte den barmherzigen Krankenpflegern,
dass sie auch an der Mahlzeit teilnehmen sollen, was sie sich nicht zweimal
sagen ließen. Inzwischen war Brot und Wein beschafft, welches Ich segnete und
unter alle verteilen ließ. Und da gab es wieder des Lobens ob der Güte der
Mahlzeit kein Ende, bis nichts mehr davon zu loben vorhanden war.
(Die
Geheilten bemerkten das Ungewöhnliche der Gesellschaft. Ihre Belehrung durch
die Engel. Aufnahme aller in die Gesellschaft. Marsch und Ankunft vor einen
großen Friedhof. Die Geister wurden aufgeklärt über die Gesellschaft, dass
sie lebt nach Jesu Lehre, ohne Unterschied der Religion und Nation. Das
Warten der römisch-katholischen Geister auf das jüngste Gericht. Einladung an
die Geister zu einer religiösen Auseinandersetzung.)
Nach der Mahlzeit sangen die Engel das Loblied zu Gott, was die neue
Gesellschaft aufmerksam machte, dass hier etwas Besonderes sein müsse, denn
die Mahlzeit war übernatürlich gut und der Gesang überirdisch schön. Und so
betrachteten sie denn mit der größten Aufmerksamkeit die Geschirr-wegräumenden
Engel, die ihnen wegen ihrer Jugend und Schönheit auffielen. Letztere kamen
sogleich wieder und belehrten die geheilten Kranken, was sie zu glauben und
was sie zu lassen haben. Bei dieser Gelegenheit fragten die Geheilten die
lehrenden Engel, was wir sind und wohin wir gehen. Diese aber antworteten:
„Wir sammeln willige Menschen, die so leben und handeln wollen, wie wir
lehren, und sind auf der Wanderung zum Himmel, zum Vater Jesus, und wenn ihr
willig seid, so könnt ihr mitziehen.“
Darauf
meldete Ich Mich und sagte: „Nur das strikte Befolgen dieser Lehren, die euch
durch die Engel beigebracht werden, befähigt euch, mit Mir zu ziehen. Somit
müsset ihr euch gut überlegen, ob ihr genug guten Willens seid, dies zu tun.“
Aber alle meldeten sich und sagten: „Schon aus Dankbarkeit täten wir das,
noch lieber aber tun wir es, da wir dadurch bald zu unserem geistigen Ziel zu
gelangen hoffen.“ “Gut, also ziehet alle mit, auch die Krankenwärter, denn
diese haben gar viel Liebe, Mitleid und Geduld mit euch gehabt. Daher
verdienen sie auch einmal dafür belohnt zu werden mit dem Himmel.“
Diese
Verheißung entlockte ihnen Tränen der Dankbarkeit und sie freuten sich wie
Kinder auf Obst und Naschwerk, das ihnen versprochen wurde. Nach diesen
Szenen brachen wir auf und gingen weiter des Weges, die verlassene Ortschaft
im Stiche lassend. Denn die Geheilten waren froh, davon gekommen zu sein, die
Wärter aber auch der langjährigen geplagten Arbeit, für die sie nun den Lohn
holen gingen. Nach einem Marsche von zehn Stunden kamen wir zum Friedhof
einer großen Stadt auf Erden und lagerten uns vor demselben.
Sogleich
kamen einige Geister zu uns und fragten, wohin wir wandern und welchen Zweck
wir verfolgen. Ich aber antwortete ihnen: „Wie ihr sehet, sind wir Geister
wie ihr und Ich bin der Anführer davon. Die Gesellschaft besteht aus Juden,
Protestanten und Römisch-Katholischen. Bei uns ist jeder Glaubensunterschied
beseitigt worden. Wir leben nach der Jesuslehre, und diese ist die Lehre der
Liebe, der Demut, der Duldsamkeit und daher des Friedens. Durch diese
Tugenden, die wir fleißig pflegen, sind wir zu einer gemeinsamen Familie
geworden. Wir betrachten uns alle als Kinder eines Vaters Jesus, und daher
als Brüder und Schwestern untereinander.“ Da erwiderte einer der Geister:
„Sehr schön gesprochen und anzuhören, aber saget uns: Ist bei euch schon das
jüngste Gericht gewesen, dass ihr in der Welt herumziehet und euch des Lebens
freut? Wir sind hier lauter Römisch-Katholische, aber wir haben uns
vorgenommen, solange zu warten bis uns die Posaune zur Auferstehung des
Fleisches und zum jüngsten Gericht erwecken wird. Wir glauben fest daran und
daher warten wir geduldig auf die Erfüllung dieser Verheißung.“
Nun
antwortete Ich ihm: „Da werdet ihr so lange warten, bis euch die Geduld
ausgehen wird. Übrigens kommt alle heraus zu uns, damit wir uns näher
besprechen und ihr alle unsere Auseinandersetzungen anhöret, statt im Grabe
und Moder zu hocken.“
(Aufklärung über den jüngsten Tag und das Gericht. Blut und Fleisch werden
das Himmelreich nicht erben. Langeweile und Kälte beim Warten im Grabe. Der
Engel des letzten Posaunenschalls. Auferstehung des Fleisches. Christuslehre
ist das geistige Licht, römische Dogmen sind die geistige Finsternis.)
Sogleich
rief der Sprecher: „Brüder und Schwestern, kommet heraus aus den Gräbern zu
einer religiösen Besprechung!“ Und sogleich entstiegen der Erde Kopf an Kopf eine
Riesenmenge Geister samt ihren Bischöfen und Priestern und ziehen zu uns
heraus aus den Friedhofsmauern und lagern sich uns gegenüber. Als dies
geschehen, trat Ich vor und sagte: „Die Priesterschaft soll vortreten!“ Dies
geschah sogleich. Darauf fragte Ich:
„Ja, saget Mir, was wartet und hocket ihr in euren modernden Gräbern?“
Nun
erwiderte Mir ein Bischof: „Unsere Lehre berichtet uns, dass am jüngsten Tag
auf den Schall der Posaune des Engels alle Menschen in ihren Fleischleibern
auferstehen und zum Gerichte gehen werden, die einen zum Leben im Himmel, die
anderen zum Tode in die Hölle. Also wird der Herr Jesus die Lämmer und Böcke
sondern und jedem seinen verdienten Lohn geben, daher warten und ruhen wir im
Grabe bis dies erfolgen wird.“
„Freund!“, erwiderte Ich, „Da verstehst du
den Paulus nicht. Es heißt doch ausdrücklich, dass Blut und Fleisch das
Himmelreich nicht ererben werden. Sodann wartet ihr umsonst schon hunderte
von Jahren. Es sind euch schon manche durchgegangen und haben ihr Ziel erreicht,
aber die Mehrzahl hockt und wartet ruhig. Ich bin nun da, um euch ein Licht
anzuzünden, wenn ihr Mich ruhig anhören wollt.“ Der Bischof erwiderte Mir: „Weißt du, Freund, wenn Du etwas
Gescheites zu sagen weißt, so sage es uns nur. Denn es ist uns sehr
langweilig, auch fühlen wir eine gewisse materielle Kälte und es wäre uns
ganz recht, ein gutes Licht darüber zu bekommen, wie wir eigentlich daran
sind. Also sage nur was Du weißt, denn es steht uns frei, anzunehmen oder zu
lassen, daher nur heraus mit der Aufklärung!“
„Da ihr
gutmütigen Charakters seid, so will Ich euch sogleich erklären, wie die Worte
Pauli an die Korinther zu fassen sind, nämlich: Der jüngste Tag ist jeder
Tag, den du lebst, denn der vergangene ist der alte. Der jüngste Tag für
deine Seele war aber derjenige, an dem du gestorben bist. Denn an diesem Tag
vollzog sich eine Änderung in dir: Das Tageslicht hat sich in starke
Abenddämmerung verwandelt, und das war schon ein Gericht, denn dadurch hast
du deinen Lohn für deinen Glauben und deine Werke auf der Welt angetreten.
Siehe, dein Anzug ist grau und schmutzig, dein Wesen noch sehr materiell und
daher spürst du materielle Kälte. Du bist sehr traurig und missvergnügt, auch
mit der Speise steht es schlecht, du hungerst. Sage Mir, ob das nicht wahr
ist und ob das dir kein Gericht ist?“
„Ja
wahrlich,“ sagte der Bischof, „ich bin hier schlechter daran als der größte
Arrestant auf der Welt, denn dieser bekommt sein Essen und eine Zelle, dass
er sich nicht gar so gewaltig zu beklagen hat. Aber ich kann nur klagen und
jammern über meine unerwartete Lage und es hilft alles nichts. Ich habe
gebetet zu Gott, zu Maria, zu verschiedenen Heiligen, aber es half alles
nichts. Daher habe ich aufgehört zu beten und trage ruhig mein Schicksal. Nun
erzähle weiter!“
„Es ist
gut, dass du erkennst, dass es nicht nach deiner Erwartung ausgefallen ist.
Darum wird es dir leicht verständlich, woher das alles stammt, und so höre:
Über den jüngsten Tag und das jüngste Gericht hast du genug Beweise, dass du
schon die Folgen dieser beiden trägst. Der Engel mit dem Posaunenschall war
eben dein letzter Aushauch, wo du vom irdischen zum geistigen Leben
erwachtest, wobei wohl auch ein Todesengel dabei war, der die geistige
Verbindung deiner Seele mit dem Fleischleibe trennte. Die Auferstehung des
Fleisches sind deine guten und schlechten Werke, die du im Fleischleben
getan. Diese folgten dir hierhin mit und sind nun dein Seelenkleid, das, wie
du siehst, sehr traurig aussieht. Was sagst du nun zu dieser Aufklärung?“
„Ja,
was soll ich sagen? Ob ich sie glaube, dass sie der Wahrheit entspricht oder
nicht, so habe ich doch die traurigen Beweise davon an meinem Leibe zu tragen
und so glaube ich, dass Du die Wahrheit gesprochen. Ich muss sie glauben: Ich
sehe mich und meine ganze Gemeinde, samt Mitbischöfen und Priestern, dass es
ihnen ebenso geht wie mir, ja, dass es manchem besser geht als mir, denn sein
Kleid sieht doch viel schöner aus. Und wo man nichts verbergen kann, da
spreche man lieber frei von der Leber weg. Vielleicht kann durch meine
Aufrichtigkeit mir geholfen werden.“
Ich
erwiderte darauf: „Wenn du und deine Amtskollegen nicht renitent werdet, wenn
Ich euch die volle Wahrheit sagen werde, so kann euch noch geholfen werden,
dass ihr in eine bedeutend bessere Lage gelangen werdet. Denn Ich bin ein
hoher Geist und es ist Mir möglich, alles für euch zu tun, wenn ihr Mir
glauben und nicht opponieren werdet. Siehe, hier habe Ich eine bedeutende
Gesellschaft. Ich hatte viel Mühe, sie ihres Irrtums zu überzeugen, nun aber
sind sie wie Lämmer beisammen. Die echte Religion Jesu hat
Römisch-Katholische, Protestanten und Juden zu einer Herde vereinigt. Und
frage da die römischen Priester, ob sie das Wahre nicht hier gefunden und ob
sie nicht glücklich sind.“
Sogleich
traten die römisch-katholischen Priester vor und sagten: „So lange wir an den
römischen Dogmen und Zeremonien festhielten, waren wir in einem solchen
traurigen Zustand wie ihr. Schauet uns jetzt an! Unsere Kleider sind schon
bedeutend lichter und schöner als eure und unsere Zustände sind höchst
zufriedenstellend, und wir nehmen sichtbar an unserem geistigen Fortschritt
zu. Tut auch ihr so wie wir und es wird euch allen gut gehen.“ Der Bischof
fragte nun den Sprecher: „Ja, saget Mir, wie könnt ihr mit ketzerischen
Protestanten und Juden zusammen harmonieren? Das ist doch gegen unsere
römisch-katholische Religion.“
Allein
dieser blieb ihm die Aufklärung nicht schuldig und sagte: „Siehe, ganz gut!
Wir wissen, dass Christus, Petrus und alle Apostel Juden nach dem Fleische
und Anzuge waren, daher werden wir durch die anwesenden Juden immer daran
erinnert und so können wir die Juden ganz gut unter uns leiden. Was die
Protestanten betrifft, so haben sie die Lehre der Apostel als ihre
Glaubenslehre. Ist diese nicht richtig, dann lehrten auch Christus und die
Apostel nicht richtig, und somit sind wir dann lauter Schwindler und
Betrüger. Letzteres sind wir aber entschieden, solange wir nach den
päpstlichen Menschensatzungen lehren und leben, weil wir in Christi Lehre das
Licht, in Dogmen die Finsternis predigen. Und dass das wahr ist, beweist euch
euer Seelenzustand, wovon du selber gebeichtet hast.
Durch
die Lehre Christi des Neuen Testaments, auf welcher die protestantische
Religion basiert und die eben die Lehre der Liebe, Demut und Duldsamkeit ist,
können wir alle wie Brüder und Schwestern untereinander in bester Eintracht
leben. Siehe die Diener unseres Anführers an! Sie sind schön wie Engel und
gescheit und mächtig und hurtig, dass sich alles über sie wundert. Was erst,
wenn du sie singen hören würdest? Ich sage dir, sie singen himmlisch schön.
Wenn du erst wüsstest, wie mächtig unser Anführer ist, du würdest verstummen
vor Ihm, doch wir wollen nicht vorgreifen und treten wieder ab.“
(Martin Luther hielt eine schöne Glaubensrede den Römisch-Katholischen, Die
Priester wurden kleinlaut. Das Volk wünschte in echter Christuslehre
unterrichtet zu werden und mitzugehen. Auch die Priester beugten sich vor der
Wahrheit der Lehre und schlossen sich der Gesellschaft an. Abmarsch von dem
ausgeleerten Friedhof.)
Der
Bischof mit der Geistlichkeit schaute erstaunt drein und wusste nicht, was er
sagen sollte. Nun sagte Ich: „Dr. Martin Luther! Tritt vor und sage auch du
einige Worte.“ Sogleich trat er vor und sprach folgende Worte an die Priester
und ihre Gemeinde: „Die Liebe unseres Gottes und Vaters hat mich zum Apostel
der Reformation, wie einst Saulus vor Damaskus zum Verbreiter der
Christusreligion erweckt. Zwar ist die Art der Erweckung eine
unterschiedliche, aber wir beide dienten demselben Zwecke: Saulus gegen das
Pharisäertum, ich gegen das Römertum.
Dasselbe,
was Christus den Pharisäern vorwarf, dasselbe gilt, aber nur noch in
verstärktem Maße, dem Römertum. Ich kämpfte gegen die päpstliche Kirche mit
der Christuslehre, und so gelang es Mir dasselbe zu erreichen, was dem
Saulus, später Paulus genannt, gegen den Tempel gelang. Christus siegte und
trotz Verfolgungen breitet sich die protestantische Religion aus, weil sie
reine Christuslehre ist, wie wir sie von den Aposteln übernommen haben. Und
sehet, aufgrund dieser Christusreligion bildete sich unsere Gesellschaft
empor und fühlt sich höchst befriedigt und glücklich zusammen. Wir haben
keine Dogmen noch Zeremonien. Die Liebe allein ist unsere Leiterin, diese
allein macht uns glücklich. Die Erfüllung des größten Gebotes im Gesetz, das
da ist die Liebe zu Gott und zum Nächsten, macht uns zu einer Familie der
Kinder Gottes.
Ich
frage euch, liebe Brüder im Herrn: Kann es eine bessere Religion geben als
diese? Nein, eine bessere besteht nicht. Das zeigt euch unsere Gesellschaft
brüderlich zusammen stehend aus Menschen, die im irdischen Leben wie Hund,
Katze und Wolf gegenseitig feindlich standen. Es ist aus Unversöhnlichen eine
Herde geworden, deren oberster Hirte unser Vater Jesus im Himmel ist. Wenn
aber dies der Fall, wie die Beweise vor euch dartun, wie soll nicht diese
Religion der Liebe und Eintracht die einzig wahre, die alleinseligmachende
sein? Wie können wir eine Religion, die sich zur Aufgabe gestellt hat, zu
verleumden, zu verfolgen, zu foltern und am Feuer die wahren Christusbekenner
zu braten, als Christusreligion bezeichnen, in welcher es heißt:
Die
Feinde zu lieben; die Böses tun, durch Gutes tun zu Freunden umzugestalten
und für Verleumder und Verfolger zu beten? Seht, so lautet die Religion
Christi, und ich, der vielverfolgte und grob verleumdete, angebliche Feind
der römischen Kirche, lade euch zu Freunden ein und sage euch: Lasset euch
belehren aufgrund der Christuslehre und poltert nicht mehr mit der
alleinseligmachenden römisch-katholischen Religion! Denn eine Religion, deren
Priester Gott Christus korrigieren und sich anmaßen, gescheiter zu sein, als
Christus war, dass sie Ihn durch ihre Menschensatzungen für nicht allwissend
erklären, ist eben keine christliche, sondern antichristliche Religion,
voller Hochmut und frevelhafter Anmaßung gegen göttliche Heiligkeit und
Allwissenheit, und das ist die römisch-katholische.
Darum
sage ich noch einmal, verlasst das römische Gebäude des Luges und Truges und
ergreifet die Bruderhand der Liebe, die ich euch anbiete und werdet Bekenner
und Diener Christi und nicht Roms und des Papstes. Denn wir können euch durch
unseren Anführer von eurem Elend erlösen und da wir auf dem Wege zum
himmlischen Vater Jesus sind, mitnehmen. Die Päpste können das nicht, weil
sie selber in solcher Finsternis und in solchem Elend stecken wie ihr. Dass
diese meine Rede der Wahrheit entspricht, erseht ihr an unserer Gesellschaft,
die aus allen möglichen Sündern besteht und doch in der kurzen Zeit, wo wir
zusammen sind, sich ihre Kleider im Blute, das heißt in der Liebe Jesu,
minder oder mehr schon weiß gewaschen haben. Dasselbe steht euch bevor, wenn
ihr gutwillig und allein das für alleinseligmachend annehmet, was Christus
gelehrt und die Apostel aufgeschrieben haben.“
Diese
Brandrede machte die Priester so kleinlaut, dass keiner sich getraute, eine
Gegenrede zu halten. Dagegen erhoben sich ganze Säulen des Volkes und
sprachen laut: „Wir wünschen die echte Christuslehre ohne Rücksicht zu hören,
ob das unseren Priestern recht ist oder nicht, und sind gewillt mit euch zu
gehen. Denn immer im Grabe zu hocken und allerlei Elend leiden, ist uns schon
genug. Daher wollen wir abbrechen mit allem und mit euch ziehen. Wir bitten
euch, belehret uns, dass wir wissen, was wir in Zukunft zu tun haben.“
Ich
wendete Mich an die Priester und sagte: „In Meiner Macht liegt die Zukunft
eurer Gemeinde. Ich will sie belehren und mitziehen lassen. Doch möchte Ich
euch nicht allein hier lassen, sondern auch glücklich machen, denn unsere
Reise führt zum Vater Jesus im Himmel. Daher lasset euch belehren und
bekehren, damit Ich euch mitnehme und glücklich mache.“
Die
Priester schauten sich einander an, und da keiner eine Gegenmiene machte, ja
selbst die übrigen Bischöfe gutwillig zunickten, sagte wieder der sprechende
Bischof: „Freund! Eure Reden sind überzeugend, wenn auch bitter für uns. Aber
die Überzeugung, dass sich wirklich alles so verhält, zwingt uns, sich der
Wahrheit nicht zu widersetzen. Daher lasse auch uns belehren in allem, was
wir unrecht lehrten, und wir wollen alles gut machen und uns beugen vor der
Wahrheit. Und wenn Du uns mitnehmen willst, so bitten wir darum, denn wir
werden trachten, eure Zufriedenheit zu gewinnen mit unserem Lebenswandel.“
Ich ließ nun die Engel die neue Gemeinde unterrichten, nachher Brot und Wein herschaffen, welche Ich segnete und verteilen ließ, und das Lob- und Danklied singen, was eine große Freude und Zufriedenheit bei den Neubekehrten hervorrief. Durch richtig angebrachte Reden gelang es uns, ohne große Mühe die neue Gesellschaft an unsere zu schließen, wodurch sie bedeutend wuchs und über eine halbe Million Köpfe bildete. Als das vollzogen war, ging es wieder weiter, und so gelangten wir nach einer längeren Wanderung zu einer anderen großen Ortschaft, wo wir uns wieder lagerten.
(Ankunft vor einer große Ortschaft, wo Protestanten und Römisch-Katholische
in brüderlicher Eintracht lebten. Aufnahme derselben in die Gesellschaft. Ein
Vorgeschmack, wie man im Himmel speist. Die Engel sangen einen Psalm, der von
unsichtbarer himmlischer Musik begleitet wurde. Vollzahl der Gesellschaft.)
Sobald
wir uns niedergesetzt hatten, kamen ganze Kolonnen Geister zu uns heraus und
luden uns ein, uns zu ihnen in den Ort zu begeben. Wir sagten aber: „Wir sind
zu viele, kommet alle zu uns heraus, und dann wollen wir recht vergnügt eine
Zeit zusammen verbringen.“ Die Geister eilten in den sehr bedeutenden Ort und
erzählten allen, dass sie alle eingeladen sind, hinauszukommen zu einer
großen Gesellschaft, um da eine zeitlang sich zu vergnügen. Alsbald erhob
sich alles und eilte hinaus zu uns und fragte uns, was es da besonderes gebe,
dass so viele zusammen reisen.
Ich
sagte darauf: „Wir sind Pilger zum Vater Jesus und nehmen alle auf, die
mitgehen wollen, und so auch euch, denn Ich weiß, dass ihr recht brave Kinder
seid und durch eure Gastfreundlichkeit viel Freude dem himmlischen Vater
macht.“ „Ach was Du uns erzählst! Sag mal, woher hast Du das erfahren, dass
wir gastfreundlich sind? Wir tun doch nichts besonderes. Da uns der Vater im
Himmel von allem genug gibt, so teilen wir den Überfluss an unsere Brüder, die
hier durchziehen. Und so tun wir nur unsere heilige Pflicht und nichts
anderes. Und darüber soll der liebe Vater mit uns viel Freude haben? Also
sage uns, woher weißt Du das?“
„Oh, liebe
gute Kinder, Ich weiß gar vieles von euch und bin im Auftrag des Vaters da,
euch mitzunehmen und zu Ihm zu führen. Denn sehet, es geschah ein großes
Ereignis auf der Erde. Der neue Apostel der Christuslehre, Dr. Martin Luther,
ist von der Erde abgereist und Ich habe ihn abgeholt und ein Teil seiner
Gemeinde, die sehnsuchtsvoll auf sein Scheiden von der Erde wartete. Und bei
dieser Gelegenheit habe Ich diejenigen Geister aufgesucht, die Ich für die
Bekehrung reif fand und nahm sie mit. Und so bin Ich auch zu euch gekommen,
um euch mitzunehmen, wenn ihr damit einverstanden seid.“
„Mit
größtem Vergnügen, denn wir sind lauter gute Leute zusammen, Protestanten wie
Römische. Wir haben uns durch gegenseitige Liebe erkannt und durch Jesu Lehre
erquickt. Denn es gibt unter uns recht duldsame Leute und diese lehrten uns
die Vorteile der gegenseitigen Liebe und Duldsamkeit. Und so haben wir uns
nur auf wenige Hauptlehren Christi beschränkt und die erfüllt, und es gab
immer Zufriedenheit und Eintracht unter uns und wir sind dadurch zu lauter
Brüdern und Schwestern geworden.
Und so
betrachten wir auch jeden Fremden, der hier durchreist, als Freund und
Bruder, bewirten ihn und begleiten ihn eine Zeit lang des Weges. Das wollten
wir auch euch tun und siehe, nun sind wir eure Gäste, was uns sehr freut.
Besonders aber, da Du uns die Mitteilung machst, dass uns der Vater zu sich
nehmen will. Na, da wird es eine Freude geben, wenn unser einziger Wunsch
erfüllt wird, zum Vater zu gelangen, wozu wir uns schon solange vorbereiten.“
Auf
diese recht kindlich-freundlich vorgetragene Rede sagte Ich: „Ja, auch der
Vater freut sich, euch unter Seine Kinder einreihen zu können. Millionen
Engel und Geister warten mit Freude Meiner Rückkunft und begleiteten mit
ihren Augen jeden Schritt und Tritt, den Ich euch zuliebe machte und
frohlocken über Meine Reiseereignisse. Daher wollen wir hier einen Imbiss
einnehmen, um euch einen Vorgeschmack zu geben, wie man im Himmel speist.“
Darauf
berief Ich die Engel, ließ Obst, Brot und Wein holen, und als es gesegnet und
verteilt war, ließ Ich einen Psalm Davids singen und mit unsichtbarer
himmlischer Musik begleiten, welche die Gesellschaft so überwältigte, dass
sie wie bezaubert dastand und kaum mehr wusste, dass sie noch nicht im Himmel
war. Danach gab es freudige Gesichter und fröhliche Gespräche über das
baldige Kommen zum Vater Jesus im Himmel.
Als die Mahlzeit zu Ende war und das Geschirr abgeräumt, sagte Ich zur
Gesellschaft: „Liebe Kinder, unsere Sammlung ist zu Ende, wir sind eine
stattliche Zahl von einer Million Pilger geworden. Jetzt bereitet euch auf
andere Ereignisse vor, die bald folgen werden, und so wollen wir sogleich
aufbrechen.“
(Der
schöne Weg in den Himmel. Himmlische Kleidung der Reisenden. Eine himmlische
Landschaft, in der sich eine himmlische Berggrotte mit himmlischer Wiedergabe
des einstigen Tempels von Jerusalem befand. Das Tageslicht des Liebehimmels.)
Die
ganze Gesellschaft machte sich nun reisefertig und wartete des Befehls
weiterzureisen. Und so fingen wir an einen ganz neuen Weg zu gehen, der
bisher von niemandem bemerkt wurde, da Ich ihn im Moment der Abreise in
Erscheinung treten ließ.
Dieser
Weg war weiß wie Schnee und mit himmlischen Blumen und Bäumen von wunderbarem
Geruch und nie gesehener Pracht eingezäunt. Alles jubelte und strahlte vor
Freude, die Kleider der Gesellschaft verwandelten sich in ein blendendes Weiß
mit herrlichsten Rosen besetzt. Denn durch die letzte Speisung und Gesang mit
Musik ist alles in Liebe übergegangen und so war der Zeitpunkt gekommen, auch
die Minderen himmlisch schön zu kleiden. So gingen wir lange auf dem sehr
breiten Weg und da hatte jeder genug Muße, sich, andere und die schöne Straße
in der Luftregion zu bewundern, die alle fesselte. Endlich begann an der
Straße eine schöne Landschaft sich auszubreiten, welche mit herrlichsten
Gewächsen und Erdformationen vollbesetzt war.
Nun
sagte Ich: „Kinder, wir wollen uns ein wenig in diese Landschaft begeben und
genauer beschauen, was da alles zu sehen ist.“ Alle folgten mit sichtbarer
Freude Meinem Vorschlag, und so gingen wir in die wie Samt weichen Wiesen und
Grasfelder, welche voll von herrlichsten Blumen, die sie noch nie gesehen,
besäet waren. Wir wanderten die Täler und Hügelchen auf und ab, überall neue
Formen, neue Schönheiten antreffend und bewundernd.
Als wir
da schon ziemlich lange auf und ab gewandert waren, kamen wir zu einem
herrlichen See mit mehreren Inselchen. Das Wasser war wie Kristall rein und
eine Menge Fische in verschiedensten Farben und Gestalten belebten es und
hüpften lustig darin. Einige den Schwänen ähnliche Vögel schwammen auf dem
Wasser und sangen einen lieblichen Gesang, wie ihn kein Erdvogel in dieser
Art singt. Die Ufer des Sees strotzten in üppigster Vegetation und
verbreiteten ihren Blumenwohlgeruch weit und breit.
Die
Inselchen, wie Sterne am spiegelglatten See schwimmend, zogen uns an, ihnen
einen Besuch abzustatten, und so gingen wir über das Wasser, welches uns wie
eine Straße hielt, und beschauten uns diese Seehügelchen, welche in schönster
Blumenpracht wie himmlische Gärten aufgeputzt waren und allerlei Wohlgerüche
der Blumen und Gewächse verbreiteten. Nachdem wir alles besehen, gingen wir
wieder weiter.
Die
Landschaft wurde immer schöner und herrlicher. Allerlei seltene, noch nie
gesehene Bäume spendeten Schatten den fröhlichen Gängern, und lustige Vögel
auf ihren Ästen sangen und zwitscherten ihre lieblichen Weisen. Alles hauchte
Leben, alles freute sich des Daseins in dieser himmlischen Pracht. Endlich
kamen wir zu einem Berg, an dessen Fuß sich der Eingang in eine große Grotte
befand.
Ich
blieb vor dem geräumigen Eingang stehen und sagte: „Kinder! Wir wollen uns
die Grotte anschauen und so kommet Mir nach!“ Wir gingen alle hinein, worin
sich die herrlichsten Kristallformationen in allen Farben abwechselnd
befanden. Da gab es Tiere, Pflanzen, Blumen und seltenste Gestalten, Bäume
und Ungeheuer, wie sie die lebendigste Phantasie sich nicht vorstellt. Denn
der Erdmensch kann nur das denken, was irgendwo vorhanden ist. Gott aber ist
unerschöpflich in Gedanken, Ideen und Schöpfungen der seltensten Sachen.
Wir gingen weiter in die Grotte und nun bot sich uns eine gewaltige
Erscheinung: Ein großer Tempel mit herrlichen durchsichtigen Säulen trug die
Gestalt des einstigen Tempels auf dem Berge Moria in Jerusalem, aber nur viel
herrlicher und imposanter. Wir traten durch die herrlichen Säulenalleen in
den eigentlichen Tempel, dessen Wände von Edelsteinen glitzerten und in den
schönsten Sternlichtlein abwechselten. Es war eine nie gesehene Pracht, die
freilich nicht in Jerusalem, wohl aber da im Himmel vorkam. Die Höhe des
Tempels schien wie in die Wolkenregion zu ragen, was den ganzen Eindruck
erhöhte. Die Decke des Plafonds war im feinsten und zartesten Blau, wie aus
feinster Seide hergestellt, welche mit Sternen besetzt war, die ihr Licht wie
aus großen Brillanten glitzernd in verschiedenen Farben brachen. Der Fußboden
war schneeweiß und blendend schön.
In der
Mitte des Tempels stand eine Art Altar aus reinstem glänzenden Golde in so
herrlicher Form, wie sie noch nie ein sterblicher Mensch erdacht hat. Über
dem Altar schwebten zwei Cherubime von blendend weißer Farbe in betender
Form, auf welche von oben ein Strahlenlicht fiel, wodurch der Effekt aufs
Höchste gesteigert wurde. Vor dem Altar stand der siebenarmige Leuchter aus
durchsichtigem, rosafarbigem Kristall, aus dessen goldglänzenden Kerzen,
deren Form eine Herrlichkeit der Vollendung darstellte, die das denkbar
Großartigste der Welt weit übertraf, Lichter in sieben Farben brannten in
Regenbogenform, aber in einer solchen Schön- und Klarheit, wie es nur Gott
möglich ist herzustellen. Und dieses Farbenlicht verbreitete die
allerfeinsten Wohlgerüche im Tempel. Die Säulen, welche das Tempelgebäude
trugen und zierten, waren bekleidet durch Blätterwerk, welches aus den
durchsichtigen Säulen herausgewachsen zu sein schien, das in zartester
lichtgrüner Färbung und Verschönerung ins Lichtdunkle überging. Aus diesem
Blätterwerk nun schauten die schönsten Blümchen kunstgerecht angebracht
heraus.
Also
war das Innere des Tempels aussehend, welches einen bezaubernden Eindruck auf
die Menge machte. Dass der Tempel groß war, könnt ihr aus der Menge des
Volkes schließen. Und dass das Gesamte, weil alle Farben und Zusammenstellungen
nicht nach menschlicher, sondern göttlicher Weisheit hergestellt waren, etwas
für die menschliche Phantasie Unerreichbares darstellte, dürfet ihr Mir wohl
glauben! Und dass so etwas nur hochfortgeschrittene Geister sehen und klar
erfassen können, wird euch doch auch einleuchtend sein!
Um aber
Mich zu verstehen, welcher Unterschied zwischen dem fleischlichen Blick eines
sündhaften Menschen und dem geistigen Blick eines hohen Bewohners aus dem
Liebeshimmel der Gotteskinder, wohin Ich die Gesellschaft führte, besteht,
soll es euch bekannt werden, dass diese Luft, in der ihr lebet, und die einen
Teil der Gottheit darstellt, für den in dem Kinderhimmel beim Vater Jesus
wohnenden Geist ein Licht ist wie das stärkste elektrische Licht, während sie
für eure materielle Augen ohne die Sonne lichtlos ist. In solchem hohen
Lichte wohnen die Seligen des dritten oder Liebeshimmels so leicht, wie ihr
beim Sonnenlichte, aber mit dem Unterschiede, dass sie dabei ein
unaussprechliches Wonnegefühl haben, welches durch die Anschauung Gottes auf
das Stärkste erhöht wird. Dagegen ihr von der Sonne nur das Licht und die
wohltuende Wärme spüret, so lange sie nicht zu empfindlich heiß wird, während
ihr in elektrischlichter Luft sogleich erblinden würdet.
Dass
auch das Äußere des Tempels der inneren Pracht entsprach, könnt ihr euch
denken. Die Wände, blendend weiß, wechselten mit den schönsten Einlagen und
Verzierungen in lebhaftester Phantasie bis zu den Dachgesimsen. Von da an
erhob sich das imposante, in Gold strahlende Dach mit den herrlichsten
Kuppeln mit glitzernden Brillanten eingefasst in meisterhaftester Ausführung
nach Art der göttlichen Bauweisheit. So war das Innere und Äußere des Tempels
beschaffen, worüber sich die Gesellschaft in stummer Betrachtung dieser nie
geahnten Pracht, Herrlichkeit und Großartigkeit wie in einer Zauberumhüllung
befand, bis Ich sie aus diesem Zauber weckte und auf andere Vorkommnisse
lenkte.
(Martin Luther erwachte aus dem Zauberschleier der himmlischen Schönheiten
und Wonnegefühle, erweckte die Gesellschaft und machte sie aufmerksam, dass
sie im Himmel ist. Austritt aus der Grotte auf eine himmlische Wiese mit
himmlischem Obstgarten, wo ein himmlisches Mahl eingenommen wurde, das mit
Engelsgesang und Musik begleitet wurde.)
Vom
Tempel aus gingen wir durch eine kristallweiße, wunderherrlich in allen
denkbaren Seitenverzierungen geformte Säulenallee in Windungen tief nach
unten. Da angekommen, führte Ich die Gesellschaft an einem großen Bache entlang,
in welchem allerlei bunte Fische sich tummelten, bis zu einer riesenhohen
Wand, welche am Fuße ein prachtvolles Säulentor zum Durchgehen hatte. Wir
traten durch das kolossal breite Tor und befanden uns in einer Einbuchtung,
in deren Hintergrund der bisherige Bach aus riesenhafter Höhe herabfiel und
einen Wasserschaumstaubregen bildete. Diese Schönheit, eingefasst mit den
herrlichsten Wandformationen, die nur in unterirdischen Höhlen, z. B. wie in
der Adelsberger Grotte, eine schwache Vorstellung gegen das hier Besprochene
bildet, aber mit dem Unterschied, dass hier alles kristallrein in allen
Farben vorkam, während es dort dunkel und schmutzig ist, erfasste die ganze
Gesellschaft neuerdings mit einer Zauberumhüllung, dass sie stumm und
regungslos dastand und die Augen im Wonnegefühle der Herrlichkeiten badete.
Plötzlich
sagte Martin Luther: „Brüder, Schwestern! Wir sind doch schon im Himmel, denn
diese Herrlichkeiten übersteigen alle menschlichen Vorstellungen. Hier sehen
wir erfüllt die Verheißung: Eure Augen haben nie gesehen, eure Ohren nie
gehört und euer Herz nie empfunden, was Gott denen bereitet hat, die Ihn
lieben. Denket zurück an unsere letzte Mahlzeit, an den Gesang und die Musik
und an diese himmlischen Schönheiten und fortgesetzten Überraschungen, so
wird es euch klar, seit wann wir das Tor ins Himmelreich bereits
durchschritten haben. Denn seit dieser Zeit ist alles über jede, ja auch über
die kühnste Phantasie erhaben, denn wir schwelgen fortwährend in
Wonnegefühlen, deren wir früher nie mächtig waren. Und schauet unsere
Gestalten an! Wie jung und schön wir derweil geworden und wie unsere
Kleidungsstücke, in Goldverzierungen eingefasst, in die herrlichste Harmonie
des Rosenblumenbesatzes eingewirkt sind und einen Goldglanz von sich verbreiten,
der sich wie der Abglanz der Sonne darstellt. Soll das nicht der wahre Himmel
sein, dann weiß ich nicht, was eigentlich der Himmel sei.“
Diese
Rede weckte die Gesellschaft aus der Betrachtung des bezaubernden feenhaften
Naturschauspieles und nun erst fingen sie an nachzudenken über die großen
Veränderungen, die an ihnen sich derweil vollzogen. Und so erhob sich ein
Gemurmel des gegenseitigen Bewunderns und Betrachtens in der ganzen
Gesellschaft und dies dauerte so lange, bis Ich sie wieder erinnerte, dass
wir weiter gehen wollen.
Sogleich erhoben sich alle und wir gelangten auf der entgegengesetzten Seite
durch ein gleiches Säulentor, wie das Eingangstor war, ins Freie und aus der
Grotte. Vor uns lag nun eine himmlische Wiese in herrlichster Blumenpracht,
die wie aus Samt, Seide und Kristall schimmerte und glitzerte, aber alles
viel herrlicher und großartiger als sie es zuvor fassen konnten. Ich ließ die
Gesellschaft die Herrlichkeit der Wiese bewundern und ihren Blumenwohlgeruch
nach Belieben genießen.
Als
alle genügend ihre Augen und Nasen ergötzt hatten, gingen wir wieder weiter
und kamen zu einem Riesenobstgarten mit den schönsten und wohlduftendsten
Obstgattungen aller Art. Hier ließ Ich lagern und beorderte die Engel, Obst
zu pflücken und für alle genug zu Mir zu bringen. Dieses geschah mit
geisterhafter Schnelligkeit, da es dabei nicht auf der Hände Arbeit, sondern
auf den Willen ankommt und dieser wirkt mit Gedankenschnelligkeit.
In nächsten Augenblicken lagen schon Riesenhaufen von Obst vor Mir und Ich
streckte die Hände aus, segnete es und ließ es verteilen. Dass dieses Obst,
das im Geisterreich gegessen wird, sowie auch Brot und Wein nicht wie das
materielle irdische ist, könnt ihr euch denken - es ist geistig und wirkt
geistig zur Belebung der Seele und Erhebung in höhere geistige Liebessphären.
Als das Obst verteilt war, ließ Ich wieder einen Psalm singen mit
unsichtbarer Musikbegleitung, welches um so lieblicher klang, als die
Gesellschaft geistig höher und in der Liebe fortgeschritten war. Dasselbe
galt vom Obst, das nicht genug wegen seiner vorzüglichen Güte und seines
Wohlgeschmacks gelobt werden konnte; denn wie gesagt: Durch die geistige
Verfeinerung ihres Wesens bekam auch die Mahlzeit eine höhere Verfeinerung
beim Genießen.
(Die
himmlischen Landhäuser, die Demutskleider ihrer Bewohner und die
Hochzeitskleider der Himmelsreisenden. Die Ansicht der Riesenstadt
Neu-Jerusalem. Hosianna- und Halleluja- Jubel der Neuangekommenen. Anmeldung
der Ankunft der Himmelsreisenden durch Posaunenstöße. Eine unabsehbare Menge
Volkes drängte aus der Stadt entgegen, die Ankommenden zu empfangen und
jubelte ihnen entgegen: Hosianna unserem Gott und Vater Jesus! - und fiel in
Demut aufs Gesicht.)
Nach
vollendetem Essen erhoben wir uns wieder und wanderten aufwärts auf eine
kleine Anhöhe, auf welcher eine Menge der niedlichsten und herrlichsten
Häuschen in einer unabsehbaren Reihe sich dahinzogen. Wir wanderten auf der
breiten Straße, welche mitten durch diese Hochfläche sich hinzog und wurden
auf das ehrerbietigste von den Bewohnern begrüßt und auf das freundlichste
willkommen geheißen. Es waren sozusagen himmlische Villen, welche mit
herrlichsten Gärten umgeben und mit üppigster Vegetation in schönster
Einfassung verziert waren.
Nur das
schien unserer Gesellschaft sonderbar, dass diese Bewohner, obwohl sie
körperlich in herrlichsten Gestalten waren, ganz einfache Kleider hatten,
während sie selbst in himmlischer Pracht und Glanz strahlten. Daher belehrte Ich
die Gesellschaft, dass sie im Hochzeitsanzuge sei, weil sie zum
Hochzeitsmahle des Bräutigams gehe, während jene das Kleid der Demut zeigen,
obwohl sie noch schönere Hochzeits- oder Liebesanzüge haben als die
Gesellschaft, weil sie weiter und höher im Geistigen fortgeschritten sind.
Damit war die Neugierde befriedigt.
So ging
es die lange herrliche Straße entlang. Endlich gelangten wir auf einen
Bergvorsprung dieser Hochfläche, von wo aus eine unendliche Riesenstadt sich
unseren Augen darbot. Ich sagte der Gesellschaft: „Hier vor uns liegt das
ersehnte Ziel: die Stadt Neu-Jerusalem.“ Bei der Nennung der Stadt
Neu-Jerusalem erschallte ein großartiges Brausen unter der Gesellschaft und
aus aller Munde erschallte das: Hosianna Gott, dem Vater Jesus! Halleluja
unserem Heiland und Erlöser!
In
diesem Moment erschallten der Reihe nach durch die Riesenstadt gewaltige
Posaunenstöße und eine unabsehbare Menge der herrlichsten Menschen in wie
Sonne strahlendem Hochzeitsanzuge drängte aus den Riesentoren heraus. Also
gingen auch wir herab und ihnen entgegen bis zu einer gewissen Entfernung.
Nun blieben wir stehen und erwarteten das uns entgegenwallende Volk. Je näher
sie aber kamen, desto mehr ordneten sie sich und zogen in
Halbmondkreisbewegung uns entgegen, an ihrer Spitze mächtige Engel. Als sie
in eine gewisse Entfernung vor uns gelangten, blieben auf ein Zeichen des
anführenden Engels alle stehen, und als sie „Hosianna unserem Gott und Vater
Jesus!“ ausgesprochen, fielen alle nieder aufs Gesicht und warteten still der
weiteren Weisung.
(Martin
Luther verkündete der Gesellschaft, dass die göttliche Verehrung dem Vater
Jesus gehört, der ihr bisheriger Führer war, worauf auch sie brausende
Hosianna- und Halleluja- Grüße sprach und dann in Demut aufs Antlitz fiel.
Der Vater Jesus ließ sie aufstehen und behieß, den Martin Luther als
Wiederbegründer der christlichen Religion würdig zu empfangen. Die
Vorstellung der Großen des Neuen Jerusalems, die dem Martin Luther die
Bruderhand reichten.)
In
diesem Moment trat Martin Luther vor die Gesellschaft, die betroffen schaute,
wem das auf dem Antlitzliegen gelten solle, und sagte: „Liebe Brüder und
Schwestern! Ich weiß, ihr seid erstaunt über die unerwartete Erscheinung,
dass ganz Neu-Jerusalem vor uns niederfiel und damit eine göttliche Verehrung
erwies. Ihr sehet an der Herrlichkeit ihrer Gestalten wie ihrer Kleidung, die
unsere weit übertrifft, dass dies nicht uns gelten kann, sondern unserem
Anführer, welcher Gott und Vater Jesus Selber ist. Daher erhebet mit mir eure
liebenden Herzen zum Vater Jesus und saget mit mir: Hosianna unserem Gott und
liebevollem Vater Jesus! Halleluja Ihm, der als unser Seelenheiland und
Erlöser uns so geduldig unterrichtet und Selbst durch Seine gnadenreiche
Führung ins Neue Jerusalem zum Throne Seiner Liebe, Herrlichkeit und
Heiligkeit gebracht hat!“
Ein
brausendes Gutheißen und Loben und Preisen Meiner Person war die Folge dieser
kurzen Aufklärung, worauf auch die ganze Gesellschaft aufs Antlitz fiel und
stillschweigend die weiteren Befehle erwartete. Nun hieß Ich alle aufstehen und den Martin Luther, dessentwegen
der große Fischzug unternommen wurde, würdig zu empfangen. Denn durch ihn
(wie Ich Mich ausdrückte) hat Meine Religionslehre wieder das Antlitz der
ursprünglichen gewonnen, soweit dies die veränderten Zustände und
Weltanschauungen zuließen. Als Ich diesen Meinen Willen kundgab, erhob sich
ein alter Mann der Würde nach und sagte: „Lieber Vater! Sollen wir ihn mit
Sang und Klang in Neu- Jerusalem einführen?“
“Jawohl! Und stellet euch vor, wer ihr seid, damit er weiß, wen er vor
sich hat.“
Sogleich
bildete sich ein großer Engelschor samt Musikanten auf verschiedensten
Instrumenten, wovon manche auf Erden noch ganz unbekannt sind. Nun traten die
Honoratioren oder Würdenträger vor, worunter Moses, Elias, David, Salomon,
Adam, Noah, Joseph der Nährvater, Abraham, Isaak, Jakob, Joseph der Ägypter,
Josua, Samuel, die Patriarchen, Propheten und Apostel und eine Menge anderer,
die im Geisterreich groß und mächtig sind, und stellten sich vor ihn, um ihm
die Bruder- und Freundschaftshand zu reichen.
Nach diesen folgten die großen Frauen des Himmels als: Maria, die
Leibesmutter der Maria u.a.m., alle ihm freundlichst die Hand reichend und Liebesworte
sagend. Als dies alles beendet war, ordnete sich der riesengroße Zug nach der
üblichen Ordnung, wobei die Erzengel sangen und die besten Musikanten sie
begleiteten. Mir zur Seite ging Martin Luther und neben und hinter uns die
Großen des Himmels.
(Einführung
Martin Luthers in das Neue Jerusalem in Prozession mit Engelsgesang und
Musik. Die Stadtbevölkerung in feierlicher Empfangskleidung. Die himmlische
Burg Zion feierlich dekoriert. Jesus setzte sich in der Säulenhalle auf den
Thron und ließ die Großen hervortreten. Dann rief er Martin Luther vor, hielt
eine feierliche Rede und bezeichnete Martin Luther als einen großen Apostel,
ebenbürtig dem Petrus und Paulus an Verdiensten für die christliche Religion,
und als einen Großen und Fürsten des Neuen Jerusalems. Schlussszenen des
großen Triumphzuges.)
Als wir in die Stadt eintraten, war die ganze Bevölkerung in feierlicher Stimmung und Kleidung auf beiden Seiten der Riesenstraße, die sich durch Neu-Jerusalem zieht, aufgestellt und beugte sich bis zum Boden bei unserem Vorbeigehen. Als wir an der Burg Zion ankamen, prangte sie in herrlichster Dekoration von oben bis unten. Jetzt blieb der Zug stehen, und Ich ging über die goldglänzenden herrlichen Stiegen in die Säulenhalle auf den Thron und ließ die Großen des Neu-Jerusalems vortreten. Nachdem sie sich tief verbeugt hatten, warteten sie still Meiner weiteren Anordnungen.
Nun rief Ich Martin Luther zu Mir, welcher sogleich folgte und dieselbe Ehrerbietung bezeugte wie die Großen. Darauf hielt Ich folgende Ansprache: „Liebe Kinder! Ein fröhliches Ereignis spielt sich vor unseren Augen ab. Ein Mann, wie es keinen seit Apostelzeiten gab, verließ die dunkle Erde und kam schwer beladen von Verdiensten für das Reich Gottes bei uns an. Schwer war sein Kampf auf Erden gegen das Antichristentum seiner Gegner. Viel musste er ausstehen an Verleumdungen, Anfeindungen und Verfolgungen seiner Feinde.
Allein er wusste, dass er für höhere, göttliche Zwecke und Ziele kämpfte. Daher kämpfte er unermüdlich wie Petrus oder Paulus zu seiner Zeit. Ich sage euch, er verdiente sich alle Lorbeeren wie die ersten Apostel. Zwar hat er nicht sein Leben für Mich hingegeben, aber er hätte es sicher wie Jan Hus, wenn ihn seine Todfeinde in die Hände bekommen hätten, auf dem Scheiterhaufen ausgehaucht. Dafür musste er leiden und arbeiten im Leben, und dieses ist unvergleichbar größer an Verdiensten, als wenn er bald nach seinem Auftreten den Heldentod des Märtyrertums gestorben wäre.
Durch 29 Erdenjahre stand er unermüdlich für Mich im Kampfe gegen die Verächter Meiner wahren Religion. Und groß sind die Erfolge und werden noch größer werden, die durch seine Arbeiten ins Leben gerufen wurden und noch werden und seine Arbeit wird wachsen, gedeihen und blühen und sich ausbreiten durch die Welt bis in die Zeit der fernen Generationen, wo Ich wieder den Boden der Erde betreten und Meine Herde zum tausendjährigen Reiche sammeln werde.
Ich sage euch, seine Verdienste sind groß für
Mich und Mein Reich des Geistes. Hunderte von Millionen Seelen werden
frohlocken, durch seine Arbeit ganz nahe an das Ziel angelangt und der
Finsternis des Römertums entkommen zu sein. Daher sage Ich euch, dass mit
seiner Ankunft ein Fürst und Großer mehr in Mein Neues Jerusalem eingezogen
ist, den ihr als ebenbürtigen Bruder an Verdiensten für Mich aufnehmen
sollet!“
Auf diese Meine Rede fallen wieder alle Großen auf ihr Antlitz, bleiben
einige Minuten in tiefster Ehrfurcht liegen, dann erheben sie sich und gehen,
ihm wieder die Bruderhand reichend. In diesem Moment erschallte ein
unzähliges Hosianna und Halleluja durch die Lüfte und die Engel sangen große
Loblieder, wie sonst nur bei außergewöhnlichen Festlichkeiten und himmlischen
Umzügen mit Gesang und Musik, wobei alle Seligen sich beteiligen. Allein das
zu beschreiben ist unmöglich, weil man es sehen und mitgenießen muss, um das
zu verstehen, was durch die Schrift unmöglich zu erfassen und zu begreifen
ist.
Also war die Führung und Vollendung Meines Apostels
und Lieblings in der Geisterwelt, wobei ca. eine Million Geister, die noch
lange nicht ihr Ziel erreicht hätten, mit ihm den Triumphzug mitgemacht und
seligst den obersten Himmel erreicht haben. Amen.