Desiderata
(Dinge nach denen man streben sollte)


Gehe gelassen inmitten von Lärm und Hast
und denke daran wie ruhig es sein kann in der Stille.

So weit als möglich - ohne Dich aufzugeben -
sei auf gutem Fuß mit jedermann.
Das, was Du zu sagen hast, sprich ruhig und klar aus
und höre Andere an, auch wenn sie langweilig oder töricht sind,
denn auch sie haben an ihrem Schicksal zu tragen.
Meide die Lauten und Streitsüchtigen - sie verwirren den Geist.

Vergleichst Du Dich mit Anderen,
kannst Du hochmütig oder verbittert werden,
denn immer wird es Menschen geben,
die bedeutender und besser sind als Du.
Erfreue Dich am Erreichten und an Deinen Plänen.
Bemühe Dich um Deinen eigenen Beruf,
wie bescheiden er auch sein mag;
er ist ein fester Besitz im Wechsel der Zeit.

Sei vorsichtig bei deinen Geschäften,
denn die Welt ist voller Betrüger.
Aber lass deswegen das Gute nicht aus den Augen,
denn Tugend ist auch vorhanden.
Viele streben nach Idealen,
und überall im Leben gibt es Helden.
Sei Du selbst.
Täusche vor allem keine falschen Gefühle vor.
Sei auch nicht zynisch, wenn es um Liebe geht,
denn trotz aller Öde und Enttäuschung verdorrt sie nicht,
sondern wächst weiter wie Gras.

Höre freundlich auf den Ratschlag des Alters und
verzichte mit Anmut auf Dinge der Jungend.
Stärke die Kräfte Deines Geistes,
um dich bei plötzlichem Unglück dadurch zu schützen.
Quäle Dich nicht mit Wahnbildern.
Viele Ängste werden durch Müdigkeit und Einsamkeit geweckt.

Bei aller angemessenen Disziplin -
sei freundlich mit Dir selbst.
Genau wie Bäume und Sterne,
so bist Du ein Kind der Schöpfung.
Du hast ein Recht auf deine Existenz.
Und auch wenn Du das nicht verstehst,
entfaltet sich die Welt gewiss nach Gottes Plan.

Bleibe also im Frieden mit Gott,
was auch immer er für dich bedeutet
und was immer deine Sehnsüchte und Mühen
in der lärmenden Verworrenheit des Lebens seien -
bewahre den Frieden in deiner Seele.

Bei allen Enttäuschungen, Plackerein und zerronnenen Träumen
ist es dennoch eine schöne Welt.
Sei vorsichtig.

Strebe danach glücklich zu sein.


Max Ehrmann, 1927